Sehr geehrte Ratsuchende,
gerne beantworte ich Ihre Frage anhand der von Ihnen übermittelten Informationen:
Zunächst ist festzuhalten, dass es in jedem Bundesland Nebentätigkeitsverordnungen gibt, die für im öffentlichen Dienst Beschäftigte gelten; der BAT/TVÖD verweist auf die Regelungen für Beamte. Danach sind Nebentätigkeiten genehmigungspflichtig - hinsichtlich ihrer Chorleitertätigkeit wurde diese Genehmigung auch erteilt. Ob Sie für einen öffentlichen Träger arbeiten geht aus Ihrer Frage nicht hervor.
Doch auch im öffentlichen Dienst - bei einem privaten Arbeitgeber ohnehin - ist Ihnen die Gestaltung Ihrer Freizeit prinzipiell überlassen. Andererseits hat Ihr Arbeitgeber Ihnen gegenüber eine Fürsorgepflicht. In diesem Spannungsverhältnis ist es eine Frage des Einzelfalles, ob Ihnen Nebentätigkeiten genehmigt werden müssen. Nach § 11 BAT in Verbindung mit § 64 Abs. 2 Beamtengesetz Bremens ist die Genehmigung für eine Nebentätigkeit zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden (Landesarbeitgericht Bremen): In ähnlicher Weise wird Ihr Arbeitgeber darüber besorgt sein, dass Ihre Arbeitskraft mit der Zeit unter Ihrem Engagement leidet. Dem ist allerdings aus meiner Sicht entgegenzuhalten, dass nach Ihrer Schilderung bisher keine Probleme im Zusammenhang mit Ihren dienstlichen Leistungen entstanden sind.
Ihr ehrenamtlicher Dienst kann als Nebentätigkeit bewertet werden, da es etwa nach § 2 Abs. V der Bayerischen Nebentätigkeitsverordnung unerheblich ist, ob die Nebentätigkeit gegen Entgelt erbracht wird (in Baden-Württemberg gibt es eine ähnliche Regelung in § 1 der Landesnebentätigkeitsverordnung); die Verordnungen gehen wiederum auf die jeweiligen Landesbeamtengesetze zurück, auf die der BAT/TVÖD verweist.
In § 4 der baden-württembergischen Landesnebentätigkeitsverordnung heißt es zum Beispiel in Absatz 1:
§ 4 Allgemeine Genehmigung, geringer Umfang nicht
genehmigungspflichtiger Nebentätigkeiten, Widerruf
(1) Die zur Übernahme einer oder mehrerer Nebentätigkeiten erforderliche Genehmigung gilt allgemein als erteilt, wenn die Nebentätigkeiten insgesamt geringen Umfang haben, außerhalb der Dienstzeiten ausgeübt werden und kein gesetzlicher Versagungsgrund vorliegt. Der Umfang einer oder mehrerer Nebentätigkeiten gegen Vergütung ist als gering anzusehen, wenn die Vergütung hierfür insgesamt 1 200 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt; die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche darf ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht überschreiten. Eine als allgemein erteilt geltende Genehmigung erlischt mit dem Wegfall der Voraussetzungen nach Satz 1.
Wichtig ist für Sie der 2. Halbsatz aus Satz 2, wonach die zeitliche Beanspruchung durch die Nebentätigkeiten nicht mehr als 20% Ihrer Wochenarbeitszeit nicht übersteigen darf; hier wäre dieser Wert bereits mit Ihrer Chorleitertätigkeit erreicht.
Sollten Sie nicht für einen öffentlichen Träger arbeiten, teilen Sie dies im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion mit – dann würde ich um nähere Angaben zu Ihrem Arbeitgeber bitten.
Ansonsten hoffe ich, Ihnen einen ersten Überblick über das Ihrer Frage zugrunde liegende Problem gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Böhler
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Michael Böhler
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Vielen Dank schon mal für die Antwort - sie hat mir schon sehr weitergeholfen. Ich arbeite in Rheinland - Pfalz für einen kirchlichen Träger. An unserere Schule hat ein Teil der Schüler den Vertrag mit der Schule und der andere Teil direkt mit einem Krankenhaus in welchem diese dann hauptsächlich eingesetzt sind (ebenfalls kirchlicher Träger). Mein Vertrag ist mit der Schule. Eine Schülerin aus einem anderen Kurs an unserer Schule hat ihren Vertrag mit dem Krankenhaus und darf - so weit ich weiß uneingeschränkt - im RD mitfahren. -??? Das Krankenhaus in dem ich hauptsächlich eingesetzt bin ist, bzw. war, mit meiner Arbeit im RD einverstanden. Sorry - für mich passt das überhaupt nicht zusammen. Ich würde lieber im RD mitfahren und dafür meine Chorleitertätigkeit aufgeben - womit mein Arbeitgeber (AG) jedoch vermutlich nicht einverstanden wäre. (mein AG findet meine Arbeit im kirchlichen Bereich gut). Mittlerweile bin ich am überlegen, ob ich vertraglich zu dem Krankenhaus wechseln soll - womit mein Arbeitgeber vermutlich aber nicht einverstanden wäre. Vermutlich wird man mir das nicht erlauben. Ich muss gestehen ich bin etwas ratlos da der RD mir sehr viel bedeutet und ich ihn auf keinen Fall aufgeben möchte. Ändert sich irgendetwas dadurch, dass ich bei einem kirchlichen Träger bin oder habe ich tatsächlich keine Chance die nächsten Jahre weiter im RD mitzufahren?
Es tut mir leid das meine Nachfrage so ausschweifend ist - falls sie zu umfangreich ist können Sie das gerne schreiben - dann stelle ich einfach eine erneute Frage und grenze sie mit Ihrer Postleitzahl ein, da Sie bereits mit meinem Problem vertraut sind.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben meine Fragen so schnell und kompetent zu beantworten!
Sehr geehrte Ratsuchende,
vorausgesetzt, Sie werden nach BAT/TVÖD entlohnt, was Kirchen oft mit ihren Angestellten vereinbaren, gäbe es eine Verweisung auf die rheinland-pfälzische Nebentätigkeitsverordnung (NebVO). Leider liegt mir Ihr Arbeitsvertrag nicht vor, aber aus Ihren Schilderungen schlussfolgere ich dies. Nach § 5 Abs. 3 NebVO kann der Arbeitgeber eine an sich genehmigungsfreie Nebentätigkeit wie die Arbeit für den Rettungsdienst, untersagen. Keinesfalls könnte Sie die Kirche dazu zwingen, auch in Ihrer Freizeit kirchlich aktiv zu sein, da dies allein in Ihrer Entscheidungsfreiheit liegt. Sollten Sie die Chorleitung aufgeben, gäbe es für mich keinen plausiblen Grund, warum Sie dann nicht einer anderen Nebentätigkeit in ähnlichem Umfang nachgehen sollten.
Als pragmatische Lösung würde ich Ihnen vorschlagen, die Problematik nochmals in Ruhe mit Ihrem Arbeitgeber zu besprechen. Diesem wird möglicherweise klar werden, dass es nicht viele Menschen gibt, die in der Lage sind, einen Chor zu leiten. Mit Ihrem noch jungen Alter könnten Sie dies ja auch noch viele Jahre tun. Und solange das Engagement für den Rettungsdienst keinen negativen Einfluss auf Ihre Arbeitskraft hat, sollte man Ihnen zumindest die Chance geben, weiter Ihrem Hobby nachzugehen.
Sollten Sie mit diesen Argumenten nicht durchdringen, würde ein Anwaltsschreiben hier sicher für den notwendigen Nachdruck sorgen.
Ein Letztes noch: Vorsicht vor einem übereiltem „Vertragswechsel“. Hier wäre eine Kündigung Ihrerseits gegeben; ob Sie dann mit dem Krankenhaus einen neuen Arbeitgeber finden, ist nicht zwingend gesagt. Am Ende könnten Sie ohne Ausbildungsplatz da stehen.
Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Böhler
Rechtsanwalt