Guten Abend,
die Höhe einer Abfindung ist immer eine Frage der Vereinbarung. Es gibt im deutschen Kündigungsrecht im Normalfall einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Abfindung; vielmehr verliert der Arbeitnehmer, wenn er den Prozeß endgültig verliert, seinen Arbeitsplatz, ohne daß er eine Entschädigung erhält. Hier gilt also bei streitigem Ausgang der Grundsatz: alles oder nichts.
Da in jedem Kündigungsschutzprozeß für beide Seiten, insbesondere aber für den Arbeitgeber ein erhebliches wirtschaftliches Risiko steckt, hat sich allerdings in der Praxis eine sogenannte Regelabfindung herausgebildet. Diese beläuft sich in Anlehnung an die §§ 8,9 KSchG
auf 50 % eines Bruttoentgeltes pro vollendetem Beschäftigungsjahr. Als Bruttoentgelt gilt dabei die regelmäßige Entlohnung, nicht aber etwa Aufwandsentschädigungen wie in Ihrem Fall die Auslöse. Dies ist aber immer nur ein Anhaltspunkt für eine vergleichsweise Regelung, nicht etwa eine zwingende Regelung. So kann bei guten Erfolgsaussichten (und einem entsprechend höheren Risiko des Arbeitgebers) eine höhere Abfindung zu erzielen sein, bei etwa einer wirtschaftlich schlechten Lage des Arbeitgebers eine entsprechend niedrigere Zahlung.
Sie sollten hier mit der von Ihnen beauftragen Anwältin die Vorstellungen und die Möglichkeiten, diese zu realisieren im einzelnen und ausführlich erörtern. Ein Vergleich kann natürlich nur mit Ihrer Zustimmung getroffen werden. Maßgeblich sind meines Erachtens immer die Erfolgsaussichten im Falle einer streitigen Regelung. Denken Sie daran, daß Sie für den Fall einer Prozeßniederlage mit vollständig leeren Händen da stehen würden.
Inwieweit die Lohnforderungen durchsetzbar sind, vermag ich aus Ihrer Schilderung nicht zu erkennen, da ich die Gegenargumente des Arbeitgebers nicht kenne. Grundsätzlich ist es aber in der Regel sinnvoll, sämtliche Streitpunkte in einem Prozeß zu klären, da kaum denkbar, einen Vergleich nur über Teilaspekte zu treffen und dann in einem anderen Prozeß fröhlich weiter gegeneinander zu Felde zu ziehen. Den Aspekt des Mobbings sollten Sie, wenn er in dem Prozeß zur Sprache kommen sollte, vor dem Kammertermin durch einen entsprechenden Schriftsatz vorbereiten, da das Gericht ansonsten keine Möglichkeit, diesen Aspekt in den Vorberatungen zu berücksichtigen und die Gegenseite schon aus formellen Gründen eine Einlassung verweigern könnte.
Ich hoffe, ich habe Ihnen weitergeholfen. Für Rückfragen stehe ich natürlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Weiß
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Esenser Straße 19
26603 Aurich
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Sehr geehrter Herr Weiß,
ich danke Ihnen für Ihre Einschätzung, die mir schon sehr geholfen hat.
Für mich ist es im Grunde nicht mehr tragbar das Arbeitsverhältnis fortzuführen. Aufgrund der nervlichen Belastung und meiner Erkrankung hervorgerufen durch die Gesamtumstände, bin ich dafür sich zu vergleichen. Meine Anwältin hatte versucht die Verfahren in Sachen „Lohn“ zusammenzulegen, doch der Richter lehnte ab. Nun meine Nachfragen:
1. Ist es in meinem Fall sinnvoll und möglich, die Höhe einer Abfindung vom Gericht mit Beschluss festsetzen zu lassen, eben Aufgrund der Vorkommnisse und das dieses in Anlehnung an die von Ihnen zitierten Paragraphen 8,9 KSchG geschieht ?? Somit auch der Belastung einer längeren Prozessführung aus dem Wege zu gehen??
2. Ich eventuell die Möglichkeit habe mich persönlich zur Sache zu äußern und eine Schilderung vorzutragen, damit der Richter und die Beisitzer den Zusammenhang erkennen?? Dieses die Höhe der Abfindung eventuell begünstigt, bzw. mindestens aber nicht verschlechtert ??
3. Das man beantragt, dieses nach meinen Durchschnittlichen Arbeitszeit ohne Zuschläge berechnet. Immerhin sind es im Mittel ca. 10 Stunden gewesen. Also das man 10 x 21 Tage = 210 Stunden x 14,30 Euro = 3003 x 10 Jahre = 30.030 davon 50% = ca. 15.000 Euro als Abfindung beantragt ??
Und das Angebot macht sich in Sachen Lohn (immerhin 3 getrennte Verfahren) zu vergleichen. Mit vielleicht 50% oder 60% der eigentlichen Forderung ?? Hier bin ich mir zu 99% sicher, dass die Forderungen rechtmäßig und auch durchzusetzen sind, würde es aber vorziehen sich hier zu vergleichen.
In Sachen Lohn beruft sich mein Arbeitgeber auf tarifliche Regelungen im Baugewerbe. Ich habe jedoch Einzelvertragliche Regelungen ausgehandelt die jahrelang angewendet wurden und plötzlich ohne Vorankündigung und Änderungsvertrag nacheinander gestrichen wurden. Man sieht auch das ein Änderungsvertrag schon einmal ein Thema war, der jedoch zurückgenommen wurde.
Ich meine auch das die Kündigung unwirksam ist. Die Gründe sind eindeutig gestrickt
Bitte lesen Sie noch einmal die Kündigungsbegründung und meine Stellungnahme dazu.
Vielleicht können Sie mir einen Tipp geben wie man weiter vorgeht.
Vielen Dank für Ihre Mühe
Guten Morgen,
die Höhe der Abfindung ist im derzeitigen Verfahrensstadium eine Verhandlungssache. Sie sollten über Ihre Rechtsanwältin an die Gegenseite herantreten, um die Vorstellungen auszutauschen und in Verhandlungen einzutreten. Wenn eine Einigung erzielt werden kann, ist es -schon im Hinblick auf Finanzamt und ggf. Arbeitsamt- sinnvoll, die Einigung gerichtlich protokollieren zu lassen.
Das Gericht selbst kann eine Abfindung nicht festsetzen. Dies geht nur in dem Ausnahmefall, daß ein Auflösungsantrag von seiten einer der Parteien gestellt wird. Voraussetzung ist hier aber, daß zuvor festgestellt wird, daß die Kündigung sozialrechtswidrig ist und dennoch dem Arbeitnehmer nicht zumutbar ist, am Arbeitsverhältnis festzuhalten. Diese Voraussetzungen sind bei einer betriebsbedingten Kündigung sehr schwer zu erreichen.
Wenn außergerichtlich eine Lösung nicht zu finden ist, wird erst im Kammertermin von Seiten des Gerichtes versucht werden, eine Einigung herbeizuführen. Hier werden Sie sicherlich auch die Möglichkeit haben, die Situation aus Ihrer Sicht zu schildern. Sie sollten aber unbedingt vorher mit der von Ihnen beauftragten Rechtsanwältin die Taktik in den Vergleichsverhandlungen festlegen.
Freundliche Grüße
Michael Weiß