Arbeistzeit-Gewohnheitsrecht

17. September 2009 15:00 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von


08:47

Zusammenfassung

Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeiten eines Arbeitnehmers, der seit 12 Jahren immer nachmittags bzw. abends gearbeitet hat, nun beliebig auf andere Tageszeiten verteilen?

Nein, der Arbeitgeber darf die Arbeitszeiten nicht beliebig neu verteilen. Da der Arbeitnehmer seit 12 Jahren immer nachmittags bzw. abends gearbeitet hat, hat sich der Arbeitsvertrag auf diese Zeiten konkretisiert. Der Arbeitgeber muss weiterhin die Nachmittags- und Abendstunden als Arbeitszeiten berücksichtigen und kann diese nicht ohne triftigen Grund ändern. Er muss auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen.

Hallo, ich arbeite seit ca. 12 Jahren im als Einzelhandelskauffrau bei einer großen Supermarktkette. Meine Beschäftigungsdauer (16 Std/Woche) wurde nur durch eine 1-jährige Babypause unterbrochen. Meine Arbeistzeit war schon immer in die späte Nachmittagszeit, bzw. abnedzeit gelegt. Diese Arbeitszeit ist im Arbeistvertrag nicht fixiert. Da ich mich tagsüber um mein jetzt 2 jähriges Kind kümmern muss, ist es mir nur möglich abends zu arbeiten. Bis jetzt und die vergangenene 12 Jahre war das kein Problem. Jetzt werden 400€- Aushilfen eingestellt, um diese abends einzuteilen. Die Firma spart somit die Überstundenzuschläge die ich noch bekomme. Muss mich ggf. dem Willen der Fa. beugen und mich beliebig einteilen lassen. Gibt es hier ein Gewohnheitsrecht? Habe ich das Recht auf feste Arbeitszeiten z. B. 3 Tage die Woche mit festem Wochentag?
Bei uns werden die Arbeistzeiten Donnertags für die nächste Woche festgelegt! Ist das in Ordnung.

17. September 2009 | 15:56

Antwort

von


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Sehr geehrte Ratsuchende,

Ihre Fragen darf ich auf der Basis des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes gerne wie folgt beantworten:

Die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage wird, wie die anderen Arbeitsbedingungen auch, grundsätzlich durch den Arbeitsvertrag geregelt.

Fehlt eine entsprechende vertragliche Regelung und existiert auch keine tarifvertragliche Regelung, kann der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit entsprechend § 106 GewO nach billigem Ermessen näher bestimmen.

Im Rahmen der Ausübung dieses billigen Ermessens muss der Arbeitgeber auch die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Hierzu zählen auch und insbesondere familiäre Belange des Arbeitnehmers.

Auf diese hat er Rücksicht zu nehmen, sofern nicht dringende betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer entgegen stehen.

Darüber hinaus ist in Ihrem Fall zu berücksichtigen, dass Ihre Arbeitszeit nach Ihrer Sachverhaltsschilderung in den letzten 12 Jahren immer in die Nachmittags- bzw. Abendstunden gelegt wurde.

Sofern dies ausnahmslos der Fall sein sollte, dürfte sich Ihr Arbeitsvertrag auf diese Arbeitszeiten konkretisiert haben.

Dass Ihr Arbeitgeber die Schichteinteilung immer Donnerstags vornimmt, ist so lange in Ordnung, als ein eventuell bestehender Betriebsrat ordnungsgemäß beteiligt wurde.

Ein Recht auf feste Arbeitszeiten, z.B. einer drei Tage Woche, hätten Sie zum einen dann, wenn Sie bereits in der Vergangenheit ausschließlich an drei Tagen in der Woche gearbeitet hätten oder wenn Sie aufgrund der notwendigen Betreuung Ihres Kindes andres nicht mehr arbeiten könnten.

Auch in diesem Fall hätte Ihr Arbeitgeber auf Ihre schutzwürdigen familiären Belange Rücksicht zu nehmen, sofern nicht betriebliche Gründe entgegen stehen.

Zusammenfassend gehe ich somit davon aus, dass Sie sich zukünftig nicht beliebig einteilen lassen müssen, sondern weiter in den Nachmittags- bzw. Abendstunden arbeiten dürfen.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort einen ersten Überblick über die Rechtslage verschafft zu haben.

Hierbei möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort, basierend auf Ihren Angaben, lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Sie können natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal oder über meine E-Mail-Adresse mit mir Verbindung aufnehmen.

Für eine über diese Erstberatung hinausgehende Interessenvertretung steht Ihnen meine Kanzlei selbstverständlich ebenfalls gerne zur Verfügung.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Nachmittag und verbleibe

mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Michael Vogt
Fachanwalt für Insolvenzrecht

Rückfrage vom Fragesteller 29. Oktober 2010 | 07:39

Nachfrage: Wenn ich 12 Jahre lang im Verkauf tätig war / Fleisch/Wurst/Käse/Bäckerei (eine Verkaufstheke) und meine Arbeitsgeber verlangt nun, dass ich als Kassiererin arbeiten soll, im Gegenzug wurden anderen Kräften die Wochenstunden erhöht und zusätzlich ein neuer Mitarbeiter eingestellt, ist dies rechtens.

Meine Arbeistvertrag ist auf Kassiererin mit Verkaufstätigkeit ausgeschrieben, Wurde aber nie als Kassiererin eingesetzt!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. Oktober 2010 | 08:47

Sehr geehrte Ratsuchende,

allein dadurch, dass ein Arbeitnehmer längere Zeit eine bestimmte Arbeit verreichtet, konkretisiert sich das Arbeitsverhältnis nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht auf diese Tätigkeit.

Erforderlich sind vielmehr weitere Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitnehmer nur noch diese Arbeit verrichten soll. Solche besonderen Umstände sind zum Beispiel eine Weiterbildung in dem ausgeübten Tätigkeitsgebiet oder eine Beförderung.

Dementsprechend wird alleine die Tatsache, dass Sie bislang ausschließlich im Verkauf tätig waren, nicht dazu führen, dass Sie Ihr Arbeitgeber nicht mehr als Kassiererin einsetzen darf.

Mit freundlichen Grüßen


RA Michael Vogt

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