Sehr geehrter Fragesteller,
nach § 40 Landesbeamtengesetz Berlin begeht derjenige Beamte ein Dienstvergehen, der schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Ein Dienstvergehen kann unter den besonderen Umständen des Einzelfalls auch außerhalb des Dienstes vorliegen, wenn es in besonderen Maße geeignet ist, Ansehen und Vertrauen in einer für das Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
Bei einer Privatinsolvenz und Überschuldung eines Beamten wird regelmäßig mit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu rechnen sein. In der Regel geht der Dienstherr in solchen Fällen davon aus, dass zumindest der Verdacht besteht, dass der Beamte durch außerdienstliches Verhalten sein eigenes Ansehen bzw. das Ansehen des Berufsbeamtentums verletzt hat. Es ist als Verhaltensgrundsatz anerkannt, dass sich Beamte in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befinden sollten, schon um der Gefahr der Bestechung vorzubeugen.
Ob mit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens aber auch bereits eine disziplinarische Ahndung zu erwarten ist, hängt maßgeblich von den Gründen ab, die zur Zahlungsunfähigkeit geführt haben.
Ein "klassischer" Fall ist etwa derjenige, dass sich ein Beamter beim Erwerb eines Einfamilienhauses und eines Pkw verschuldet hat und sich durch Scheidung oder Wegfall des weiteren Einkommens der Ehefrau nicht mehr in der Lage sieht, die Kredite zu bedienen. In solchen Fällen wird ein Disziplinarverfahren zumeist eingestellt werden, da dem Beamten häufig keine erhebliche Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann.
Anders mag hingegen der Fall zu beurteilen sein, wenn die Insolvenz auf leichtfertigem Schuldenmachen beruht oder der Beamte sein Vermögen "verschleudert". Häufig gehen solche Fälle mit anderen Problemen einher (Alkoholismus, Drogen- oder Spielsucht). Hier kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an. In leichteren Fällen kann es ausreichend sein, einen Verweis zu erteilen. Schwere Fälle, die auch mit Kriminalität einhergehen (Stichwort: Eingehungsbetrug, z. B. sog. "Mietnomaden" oder Kreditkartenbetrug) können aber auch zur Entfernung aus dem Dienst führen.
Hiervon zu trennen ist die dienstrechtliche Frage der Versetzung oder Umsetzung. Eine solche kann unter Umständen geboten sein, wenn durch das Bekanntwerden der Insolvenz das Ansehen des Beamten so sehr leidet, dass er Probleme im Kollegenkreis bekommt, die nur durch eine Versetzung gelöst werden können oder wenn der Beamte dienstlich Vermögensinteressen wahrnimmt. Eine einfache "Strafversetzung" sollte hingegen im Regelfall nicht möglich sein.
Da es mithin auf die Umstände ankommt, wie die Insolvenz ausgelöst wurde und Sie hierzu keine näheren Angaben machen, kann ich in Ihrem konkreten Fall allerdings keine Einschätzung abgeben. Aus meiner Sicht sollten Sie sich bei Einleiten eines Dizplinarverfahrens allerdings anwaltlicher Hilfe bedienen.
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt
Meine Mutter (depressiv erkrankt,fast arbeitsunfähig, verwitet) und meine Schwester (Studentin Münster) habe ich regelmäßig mit Geld oder Einkäufen unterstützt, das könnte bei Bedarf durch meine Angehörigen nachgewiesen werden.
Die Situation ist entstanden, nachdem sich meine Freundin nach 9 Jahren von mir getrennt hat, ohne verhergehende Anzeichen. Das Geld wurde nicht fest angelegt, kein Immobilie oder ähnlich gekauft. Ich habe meiner Freundin etwas bieten (Urlaub,besseres Leben) wollen, so daß sie mich nicht verlässt.
Aufgrund dieser Situation befinde ich mich seit kurzem in ärztlicher Behandlung/Therapie, nachdem mir mein Verhalten bewußt wurde.
Nach dem gemeinsamen Kassensturz wurde mir meine Situation (jetzt) klar.
Die Kreditkarten werden seitdem nicht mehr benutzt, letztmalig September 08.
Im November 2007 hatte ich schon versucht, eine Umschuldung bei meiner Hausbank zu machen, leider ohne Erfolg.
Meine vor kurzem abgschlossenen Handyverträge sind durch mich vorbezahlt worden.
Mietschulden bestehen nicht.
Das Stichwort "Eingehungsbetrug" verstehe ich in diesem Zusammenhang leider nicht.
Ich will diese Sache offen und ehrlich behandeln, und mich eines Insolvenzanwaltes bedienen. Ich will weiterhin das Geld komplett zurückzahlen, nur leider wird vermtl. diese Möglichkeit von den Banken nicht in Erwägung gezogen, da eine verlängerte Rückzahlung nicht möglich sei.
In der Hoffnung der Beantwort dieser doch umfangreichen Nachfrage verbleibe ich hochachtungsvoll.
Die von mir in meiner Antwort erwähnten Fälle sind natürlich nur Beispielfälle, die mit ihrem Fall nichts zu tun haben. Ich wollte damit lediglich die Spannbreite der möglichen Entscheidungen aufzeigen. Auch ein Eingehungsbetrug (= Vortäuschen von Leistungsfähigkeit trotz Zahlungsunfähigkeit) liegt bei Ihnen offenichtlich nicht vor, so dass diese Variante aus meiner Sicht nicht in Betracht kommt.
Wichtig für Sie zu wissen ist aus meiner Sicht jedenfalls, dass ein Insolvenzverfahren bei einem Beamten nicht automatisch die Entfernung aus dem Dienst zur Folge haben wird. Dies kommt lediglich in besonders schweren Fällen in Betracht.
Aus meiner Sicht ist es angesichts Ihrer Fallschilderung eher unwahrscheinlich, dass Ihnen schwerwiegende dienstliche Konsequenzen drohen. Sie sollten ein Insolvenzverfahren jedenfalls nicht aus diesem Grunde scheuen. Ob überhaupt und welche Maßnahmen verhängt werden, kann jedoch nur Ihr Dienstherr entscheiden. Selbst wenn es zu einem Disziplinarverfahren käme, haben Sie aus meiner Sicht jedenfalls gute Argumente für Rechtfertigungsmöglichkeiten. Sollte ein Disziplinarverfahren gegen Sie eröffnet werden, empfehle ich jedenfalls, sich nicht ohne vorherige Akteneinsicht und bevorzugt über einen Anwalt zu äußern. Für eine Vertretung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit "nähere Angaben" meine ich vorliegend:
Es kommt hierbei insbesondere auf das Verhältnis von den familiären Unterstützungsdarlehen und den sonstigen Raten und Kreditkartenverbindlichkeiten an, und natürlich, was diese Verbindlichkeiten ausgelöst hat.