Sehr geehrter Fragesteller,
1.
Wenn Ihr Großvater das aufgesetzte Testament widerruft und kein neues Testament anfertigt wird Ihr Vater, als gesetzlicher Erbe, Alleinerbe. Sie und Ihre Tochter sind in diesem Falle von der Erbfolge ausgeschlossen; § 1924 BGB
.
Wenn Ihr Großvater das Testament dadurch widerruft, dass er ein neues anfertigt und Ihren Vater, Ihre Tochter und Sie als Erbe einsetzt kann Ihr Großvater bestimmen, wie groß der Erbanteil jedes einzelnen Erben sein soll.
2.
Wenn Ihr Großvater das Testament nicht widerruft und Ihr Vater von der Erbfolge ausgeschlossen bleibt, hat Ihr Vater Anspruch auf den Pflichtteil. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils; § 2303 BGB
. Der gesetzliche Erbteil Ihres Vaters wäre das gesamte Erbe. Demnach beträgt sein Pflichteilsanspruch 50%.
Setzt Ihr Großvater ein Testament auf, indem Ihr Vater Erbe wird aber weniger als 50% des Wertes des Nachlasses erhält, hat er Anspruch auf den Zusatzpflichtteil; 2305 BGB. Die Höhe berechnet sich aus der Differenz des Pflichtteilsanspruchs und dem Wert seines Erbanteils.
3.
Schenkungen des Erblassers kann der Erbe grundsätzlich nicht zurückfordern.
Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen die Erben haben. Dabei wird der Wert der Schenkung dem Nachlass hinzugerechnet und daraus der Pflichtteilsanspruch berechnet. Die Schenkung bleibt unberücksichtigt, wenn zur Zeit des Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstands verstrichen sind; § 2325 BGB
.
Freigrenzen hinsichtlich der Schenkungen gibt es nicht.
4.
Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil nach § 2333 BGB
entziehen:
1. wenn der Abkömmling dem Erblasser, dem Ehegatten oder einem anderen Abkömmling des Erblassers nach dem Leben trachtet,
2. wenn der Abkömmling sich einer vorsätzlichen körperlichen Misshandlung des Erblassers oder des Ehegatten des Erblassers schuldig macht, im Falle der Misshandlung des Ehegatten jedoch nur, wenn der Abkömmling von diesem abstammt,
3. wenn der Abkömmling sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten schuldig macht,
4. wenn der Abkömmling die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt,
5. wenn der Abkömmling einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers führt.
Ob dies bei Ihrem Vater vorliegt, kann von hier jedoch nicht beurteilt werden.
5.
Der Pflichtteilsanspruch ist nur ein Anspruch in Geld gegen den Erben. Der Pflichteilsberechtigte wird nicht Teil der Erbengemeinschaft.
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Ingo Bordasch
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Antwort
vonRechtsanwalt Ingo Bordasch
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Sehr ausführlich und verständlich! Vielen Dank! Das bedeutet aber, dass mein Vater, wenn er im Testament ausgeschlossen bleibt, einen Pflichtanteil von immerhin 50% erhält, was ja nicht wenig ist, mithin also ein Ausschluss vom Erbe nicht möglich ist bzw. die prozentuale Reduzierung nur dann möglich ist, wenn er im Testament mit meiner Tochter und mir in Prozenten bedacht wird, also z.B. Ich 70 Prozent, meine Tochter 20 % und er dann den Rest, mithin 10 %. Ist etwas kurios! Ist das so? Habe ich das so richtig verstanden?
Sehr geehrter Fragesteller,
richtig verstanden haben Sie, dass Ihr Vater, wenn er im Testament ausgeschlossen bleibt, einen Pflichtanteil von immerhin 50% erhält.
Falsch verstanden haben Sie, dass eine prozentuale Reduzierung durch bestimmen der Erbanteile möglich ist. Wie ich oben ausgeführt habe, hat Ihr Vater, wenn er als Erbe zu 10% eingesetzt wird einen Anspruch auf den Zusatzpflichtteil in Höhe von 40% des Nachlasses.
Vermeiden können Sie dieses indem Ihr Großvater Ihnen bereits jetzt einen Teil seines Vermögens überträgt. Nach Ablauf von 10 Jahren wird eine solche Schenkung nicht mehr Teil der Pflichtteilsansprüche. Für eine diesbezügliche ausführliche Beratung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Bordasch
- Rechtsanwalt -