Vermächtnis Ratenzahlung

| 29. Juli 2008 10:05 |
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Erbrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Yvonne Müller

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu folgender Fragestellung wäre ich Ihnen sehr für eine möglichst ausführliche Antwort dankbar:

Der Erblasser E ist verheiratet und hinterlässt seine Frau und eine Tochter. Der Nachlass besteht aus Privatvermögen und Betriebsvermögen (einer GmbH). Im Testament setzt E seine Tochter als Alleinerbin ein. Die Ehefrau bekommt folgendes vermächtnis:

"Meine Ehefrau erhält als Vermächtnis aus den Erträgen der GmbH 40 % p.a., zahlbar in monatlichen Raten zu je X Euro als Abschlagszahlung, mindestens aber X Euro pro Monat, wobei die einzelnen Raten jeweils spätestens zum 7. eines Monats fällig sind. Die Ratenzahlung ist auf Wunsch der Vermächtnisnehmerin abzusichern, jedoch nicht durch eine Wertsicherungsklausel.... "

Mir ist zunächst nicht klar, wie das Wort "mindestens" im obigen Text gemeint ist: Hat die Ehefrau tatsächlich nur auf die Erträge Anspruch ? Angenommen, die Mindest-Rate von X Euro pro Monat lässt sich selbst mit 100% der Erträge nicht mehr decken, müsste die Alleinerbin dann nicht auch auf "Substanz" des Privat- und Betriebsvermögens zurückgreifen ?


Besten Dank im Voraus für Ihre Bemühungen !


Mit freundlichen Grüssen

Sehr geehrter Fragesteller,

ich bedanke mich für das Einstellen Ihrer Frage, welche ich Ihnen aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes gerne wie folgt beantworten möchte:

Nach Ihrer Schilderung gehe ich davon aus, dass mit dem Wort "mindestens" der Betrag gemeint sein sollte, welchen die Ehefrau als Vermächtnisnehmerin mindestens monatlich erhalten soll. Dies ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei im Rahmen der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille desjenigen zu erforschen ist, welcher die Willenserklärung abgegeben hat (§ 133 BGB ), hier also der des Erblassers.
Es ist folglich nach Anhaltspunkten zu suchen, ob der Erblasser die Ehefrau wirklich nur an den Erträgen der GmbH teilhaben lassen wollte, oder ob er grundsätzlich eine monatliche Absicherung der Ehefrau gewollt hat. Nach dem vorliegenden Text gehe ich von der zweiten Variante aus, welche meines Erachtens auch eher einen Sinn ergibt, als die Absicherung der Ehefrau von den Erträgen der GmbH abhängig zu machen.

Da es sich hier beim Vermächtnisgegenstand um die Zahlung einer Geldsumme handelt, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die gesamte Erbschaft für die Erfüllung des Vermächtnisses "haftet", denn das Vermächtnis muss grundsätzlich bis zur völligen Ausschöpfung des Nachlasses erfüllt werden. Soweit der Erbe damit beschwert ist, liegt mit dem Vermächtnis eine Nachlassverbindlichkeit vor. Das Vermächtnis hat aber nur insoweit Geltung, als dass der Nachlass nach Abzug der Schulden des Erblassers reicht.
Dies bedeutet in Ihrem Fall, dass die Ehefrau grundsätzlich jeden Monat die Geldsumme X von der Alleinerbin verlangen kann. Sollten die vermachten 40% der Erträge der GmbH diese Summe auf den Monat gerechnet übersteigen, besteht insoweit ein Ergänzungsanspruch auf Zahlung der Differenz.

Vorgesagtes gilt jedoch nur dann, wenn sich nicht belegen lässt, dass die Ehefrau wirklich nur an den Erträgen der GmbH teilhaben sollte. Sollte sich dies als Wunsch des Erblassers in irgendeiner Weise feststellen lassen, wäre die Ehefrau in der Tat nur auf die Erträge der GmbH angewiesen, falls diese ausbleiben, geht die Ehefrau "leer aus".

Bitte beachten Sie, dass dieses Portal nur dazu dient, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu verschaffen, und eine Beratung durch eine/n Rechtsanwältin/Rechtsanwalt vor Ort nicht ersetzen kann.
Dennoch hoffe ich, dass meine Ausführungen für Sie hilfreich waren. Bei Bedarf nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion. Für weitergehenden Beratungsbedarf stehe ich Ihnen ebenfalls gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Yvonne Müller
Rechtsanwältin

Rückfrage vom Fragesteller 29. Juli 2008 | 15:36

Sehr geehrte Frau Müller,

herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Beim Durchlesen ist mir noch eine Frage gekommen:

Angenommen der Vermächtnisanspruch der Ehefrau erstreckt sich tatsächlich nur auf die Erträge der GmbH. Jetzt könnten ja die "laufenden" Erträge (z.B. Dividenden, Mieten)irgendwann einmal nicht mehr zur Abdeckung des Mindest-Betrages ausreichen. Hätte in diesem Fall die Ehefrau nicht auch einen Anspruch, dass die Alleinerbin entsprechende Zusatz-Erträge "generiert" und zwar durch Veräusserung von Gegenständen aus dem Betriebsvermögen der GmbH (z.B. Immobilien) ?

Mit freundlichen Grüssen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 30. Juli 2008 | 06:53

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Nachfrage beantworte ich Ihnen gerne, wie folgt:

Auch diese Frage muss im Rahmen eienr Auslegung geklärt werden. Der Wortlaut bezieht sich nicht explizit auf die "laufenden Erträge", so dass hierunter auch sonstige Zusatzerträge gezählt werden können. Möglich ist es für die Alleinerbin jedoch auch, die Summe aus sonstigem Kapital aufzubringen, bevor Betriebsvermögen der GmbH veräußert wird. Denn inwieweit aus Immobilien und Betriebsvermögen ein Ertrag erzielt werden kann, bedarf einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise, so dass ich von hier aus ohne nähere Kenntnis dazu keine verbindliche Stellungnahme abgeben kann. Rein theoretisch ist die von Ihnen angesprochene Variante jedoch möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Yvonne Müller
Rechtsanwältin

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