Abwasserleitung durch den Keller

29. April 2005 08:45 |
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Nachbarschaftsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Sommer 2003 haben wir in Hessen ein Haus Bj. 1931 erworben. Zu dem Anwesen gehörte früher ein kleines Firmengebäude, welches ebenfalls in den 30er Jahren erbaut wurde. Später wurde das Grundstück geteilt und veräußert. Bei unseren Renovierungsarbeiten fiel auf, dass die Abwasserleitung des ehemaligen Firmengebäudes quer durch unseren Keller verläuft. Wir haben im Juli 2003 unseren Nachbarn ( dieses Firmengebäude wurde 2001 zu einem Wohnhaus mit 3 Wohnungen umgebaut und ist seit 2002 wieder bewohnt ) diese Durchleitung durch unseren Keller gekündigt, da es im Grundbuch hierzu keinerlei Eintragungen gibt. Angeboten haben wir, dass auf Kosten der Nachbarn eine neue Leitung durch unseren Garten mit neuem Kanalanschluß gelegt wird und dies auch grundbuchlich eingetragen wird.
Von deren Anwalt kam dann die freundliche Mitteilung, dass der ehemalige Gesamteigentümer sich die Durchleitung damals selbst genehmigen konnte und dieser Tatbestand somit nun nicht mehr angefochten werden könne und auch keinerlei Eintragung im Grundbuch bedürfe.
Mittlerweile hatten wir einmal das Wasser der Nachbarn im Keller und möchten dies nicht noch einmal erleben.
Bei diesem Wasserschaden fiel auf, dass das vorhandene Rohr (DN125)einen für das Gesamtanwesen wahrscheinlich zu geringen Durchmesser hat und nach Heutigen Berechnungsgrundlagen nur für unser Haus ausreichen würde.Zudem liegt ja für das Nachbarhaus seit 2002 eine Nutzungsänderung vor.
Der Vorschlag unserer Nachbarn, die nach wie vor davon überzeugt sind, dass ihre Leitung völlig rechtmäßig durch unseren Keller verläuft, ist nun, dass wir uns zu gleichen Teilen an einer neuen Leitung beteiligen müßten, da eine neue Abwasserführung ein Entgegenkommen ihrerseits sei.
Wir sehen es aber so, dass die derzeitige Abwasserführung eine grobe Beeinträchtigung darstellt und somit eine Abänderung auf Nachbars Kosten verlangt werden kann. Die Durchleitung durch unser Grundstück würden wir akzeptieren, nicht aber weiterhin durch den Keller. Wir beziehen uns auf das hessische Nachbarschaftsgesetz, wo diese grobe Beeinträchtigung geregelt ist.
Was raten Sie uns, gibt es hierzu eine eindeutige Rechtsprechung ?

Herzlichen Dank, mit freundlichem Gruß

29. April 2005 | 10:22

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ihre Frage möchte ich wie folgt beantworten:

Einschlägig sind hier die §§ 30 ff des hessischen NachbarG. Nach § 30 Abs. 2 NachbarG haben Sie den Anschluß des Nachbargrundstückes an die öffentlichen Versorgungsleitungen zu dulden, wenn "die vorhandenen Leitungen aus(reichen), um die Versorgung oder Entwässerung der beiden Grundstücke durchzuführen."

Genau dies ist nach Ihrer Schilderung aber problematisch. Wenn das vorhandene Rohr nach den heute geltenden Vorschriften und heutigem Wissensstand nicht ausreichend dimensioniert ist, um die Abwasserentsorgung beider Häuser zu gewährleisten, sind Sie nicht dazu verpflichtet, den aktuellen Zustand zu dulden, sondern werden eine Abänderung verlangen können. Diese könnte so aussehen, daß der Eigentümer des Nachbargrundstückes auf eigene Kosten ein neues, den Anforderungen genügendes Rohr verlegen lässt.

Einschlägige Rechtsprechung dazu liegt, soweit ersichtlich, leider nicht vor.

Eine Neuverlegung des Abwasserrohres außerhalb des Kellers wird aber nicht in Betracht kommen, da die Verlegung des Rohres durch den Keller grundsätzlich rechtmäßig erfolgt ist. Eine "nachträgliche erhebliche Behinderung" im Sinne des § 33 NachbarG Hessen wird auch nicht vorliegen, da sich die Verhältnisse in Ihrem Haus nicht verändert haben: Die Benutzung des Kellers wird durch das Abwasserrohr nicht mehr behindert, als früher. Allerdings besteht in der Tat die größere Gefahr eines Wasserschadens, wenn das Rohr aufgrund der Nutzungsänderung des Nachbargrundstückes nun nicht mehr ausreichend dimensioniert ist. Aus diesem Grunde werden Sie das Leitungsrecht in der gegenwärtigen Form nicht zu dulden brauchen und haben stattdessen einen Anspruch darauf, daß der Berechtigte des Leitungsrechtes, der gem. § 31 Abs. 1 NachbarG auch zur Unterhaltung der Leitung auf eigene Kosten verpflichtet ist, die entsprechenden Änderungen veranlasst, da Sie "nicht ausreichende" Leitungen nicht dulden müssen.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben und stehe Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.



Mit freundlichen Grüßen

A. Schwartmann
Rechtsanwalt



Rechtsanwalt Andreas Schwartmann
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Fachanwalt für Familienrecht

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