Erteilung einer Aufstellgenehmigung im Zuge der Baugenehmigung in der Grenzbebauung.

20. Oktober 2022 12:32 |
Preis: 100,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von


15:28

Zwischen zwei Grundstücke hat die Bauaufsicht Potsdam-Mittelmark im Ort Kleinmachnow mit der Erteilung der Baugenehmigung die Aufstellung einer Wärmepumpe genehmigt. Der Abstand der Häuser beträgt jeweils 3 Meter von der Grundstückgrenze und 6 Meter zueinander. Für das Grundstück besteht ein Bebauungsplan Musikerviertel.
Die Umweltbehörde hat auch die Genehmigung zur Aufstellung erteil, obwohl die W-Pumpe bei einem Schallleistungspegel von 58 dB/Tag und 50 dB/Nacht 6 Meter oder 16 Meter Abstand im reinen Wohngebiet haben müsste.
Meine Frage:

Darf die Abstandsfläche überhaupt mit einer Wärmepumpe bebaut werden?
Darf die Baubehörde diese Genehmigung erteilen?
Darf das Umweltamt trotz fehlendem Abstand zwischen den Häusern die Aufstellgenehmigung erteilen?
Das Umweltamt hat eine Lärmprognose erstellt die die Lärmvorgaben erfüllen soll.

20. Oktober 2022 | 13:32

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,


es ist in der Tat rechtlich durchaus möglich, dass die Genehmigungen erteilt werden, sofern ein entsprechender Antrag (auch zur Verringerung der Abstandsflächen) gestellt wird und nach pflichtgemäßem (!) Ermessen die Ausnahmegenehmigung erteilt werden kann.


Das bedeutet zunächst für Ihre Fragen, dass es kein allausschließendes Verbot gibt, also auch in Abstandsflächen eine Bebauung vorgenommen werden darf und eine Genehmigung seitens der Baubehörde dafür erteilt werden kann - insoweit darf auch das Umweltamt eine Genehmigung erteilen.


Aber nach Ihrer Sachverhaltsdarstellung habe ich erhebliche Bedenken, dass hier das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden ist, wenn die Wärmepumpe einen solchen Schallpegel hat.


Denn bei den von Ihnen genannten Abständen darf dann nicht nur der allgemeine Schallpegel - in der Regel vom Hersteller benannt - berücksichtigt werden, sondern auch die sogenannte Schallreflexion außen aufgestellter Geräte an Wänden und am Boden muss im Rahmen des Ermessens berücksichtigt werden.

Und wenn die Häuser diesen Abstand haben, wird es sicherlich zwingend zu so einer Reflektion kommen müssen, sofern keine schallabsorbierende Schutzflächen angebracht werden. Das bedeutet, der Lärmpegel dürfte sogar noch höher werden, sodass dann die Grenzwerte überschritten werden.


Diesbezüglich hätten dann bei der Genehmigung auch die nachbarschützenden Normen hergezogen werden müssen (wozu auch der Mindestabstand von 3m nach der BbgBO zählt, was offensichtlich auch nicht geschehen ist.


Denn bei einer solch störenden Lärmquelle besteht sogar über §§ 907, 1004 BGB ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch, da dann nach Ihrer Darstellung der Lärm über das hinausgeht, was nicht mehr hinnehmbar ist. Das wird von der Größe der Anlage und den verursachten Lärm ebenso abhängen wie von der Frage, wie das Gebiet klassifiziert worden ist (z.B. reines Wohngebiet, Mischgebiet, Gewerbegebiet).

Hier wäre es also eine Überlegung wert, gegen die Genehmigungen vorzugehen.


Daneben haben Sie aber eben auch den oben schon erwähnten Anspruch und die Möglichkeit, gegen den Nachbarn direkt zivilrechtlich vorzugehen, wenn eben der Lärmpegel nicht mehr hinnehmbar ist.

Das wird in der Regel dann angenommen, wenn die Grenzwerte überschritten sind, kann aber auch sogar bei geringeren Werten der Fall sein, wenn es eben über das hinnehmbare Maß hinausgeht.



Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg


Rückfrage vom Fragesteller 20. Oktober 2022 | 14:57

Wenn in der Abstandsfläche gebaut werden soll/darf, hätte ich nicht eine Genehmigung erteilen müssen?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 20. Oktober 2022 | 15:28

Sehr geehrter Ratsuchender,


nicht unbedingt; denn so eine Wärmepumpe wird teilweise auch als sogenannte technische Anlage bewertet, die dann ggfs. genehmigungsfrei erstellt werden kann. Selbst wenn man es als bauliche Anlage wertet, könnte dann eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden.

Aber gleichwohl sind dann die nachbarschützenden Abstandsflächen zu beachten und das ist hier nicht der Fall.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg

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