Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
im Hinblick auf die sogenannte Subsidiarität des Amtshaftungsanspruchs - § 839 Abs. 1 S. 2 BGB
- ist vorliegend ein Vorgehen gegen den Architekten vorzugswürdig und auch erfolgversprechend.
§ 839 Abs. 1 S. 2 BGB
lautet: "Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag." Daher würde eine Schadensersatzklage gegen die tätigen Verwaltungsbeamten zumindest als derzeit unbegründet abgewiesen werden können, da im Hinblick auf den Architektenvertrag und die Pflichtverletzung des Architekten eine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht.
Zudem sind sechs Wochen Wartezeit allein noch keine Pflichtverletzung der Verwaltungsbeamten. Eine Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO
wäre erst drei Monate nach Antragstellung möglich.
Sie haben jedoch einen vertraglichen Schadensersatzanspruch bezüglich der Mehrkosten (Kosten des Statikers). Der Architekt selbst darf für seine nötige Umplanung kein zusätzliches Honorar verlangen, da er dafür verantwortlich ist. Denn er schuldet Ihnen aufgrund des Architektenvertrags eine genehmigungsfähige Planung. Dabei handelt es sich sogar um eine Kardinalpflicht des Architekten. Der Architektenvertrag ist in der Regel als Werkvertrag einzuordnen - vgl. meinen Rechtstipp unter https://www.anwalt.de/rechtstipps/architektenvertrag_111704.html
Der Architekt kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass ihm der Bebauungsplan ja von Ihnen überreicht worden sei, so dass Sie mit verantwortlich wären für das Unglück. Denn beim Bebauungsplan handelt es sich nicht etwa um einen "vom Besteller gelieferten Stoff" im Sinne des § 645 BGB
, sondern um eine Satzung, also eine Rechtsnorm.
Der Architekt muss bei der Erstellung der genehmigungsfähigen Planung aber immer von den aktuell gültigen Rechtsnormen ausgehen. Ist die Planung des Architekten aufgrund Missachtung der aktuellen Rechtsnormen nicht genehmigungsfähig, so liegt ein wesentlicher Mangel vor, der Sie zur Verweigerung der Abnahme - hierzu mein Rechtstipp unter http://ra.de/artikel/rechtstipp-abnahme - des Architektenwerks berechtigt.
Ich empfehle Ihnen daher, dem Architekten die Geltendmachung Ihrer Ersatzansprüche anzukündigen. Erinnern Sie ihn an seine Pflicht zur Erstellung der genehmigungsfähigen Planung und fordern Sie ihn auf, unverzüglich seine Haftpflichtversicherung vom Schadenereignis zu unterrichten. Diese dürfte dann für den eingetretenen Schaden auch eintreten.
Sollte etwas unklar sein oder Sie noch weitere Fragen haben, so nutzen Sie gerne ohne Mehrkosten die Nachfrageoption. Auch für die Einleitung etwaiger weiterer Schritte stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. In jedem Falle würde ich mich über eine positive Bewertung mit der vollen Punktzahl sehr freuen.
Mit den besten Grüßen
Dr. Andreas Neumann
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 17.11.2017 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Antwort
vonRechtsanwalt Dr. Andreas Neumann
Wienburgstraße 207
48159 Münster
Tel: 0251-9320 5430
Tel: 0176-614 836 81
Web: http://immoanwalt.nrw
E-Mail:
Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort!
Sollten wir nicht lieber mit der Klage warten, bis die Umplanung abgeschlossen ist?
Nicht dass sich der Architekt dann ganz weigert die Arbeiten fertig auszuführen, und wir einen neuen Architekten beauftragen müssen?
Ein schriftlicher Vertrag liegt nicht vor.
Wir haben ein Honorar mündlich vereinbart. 6000,- für die Planung und Erstellung der Pläne + Einreichung der Baugenehmigung.
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
ein mündlicher Architektenvertrag ist grundsätzlich ein vollgültiger Vertrag, so dass der Architekt sich nicht einfach weigern könnte, ihn zu erfüllen.
Eine Klage ist wahrscheinlich gar nicht nötig. Wenn Sie den Architekten mit seiner Kardinalpflicht einer genehmigungsfähigen Planung konfrontieren, müsste er seinen Fehler schon einsehen.
Die mündliche Honorarvereinbarung dürfte jedoch unwirksam sein, da insoweit ein Schriftformerfordernis nach § 7 HOAI
- der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - besteht. Es besteht daher durchaus eine gewisse Gefahr, dass sich der Architekt auf den Mindestpreischarakter der HOAI berufen und am Ende eine erheblich höhere Rechnung stellen könnte. An eine die Mindestsätze der HOAI unterschreitende Vereinbarung ist der Architekt nicht gebunden.
Von daher ist eine einvernehmliche Lösung ganz genau, wie Sie es sagen, sicher vorzugswürdig.
Sollten Sie weitere Nachfragen haben, so melden Sie sich gerne unter den in meinem Profil angegebenen Kontaktdaten.
Mit den besten Grüßen
Andreas Neumann