Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Schilderung summarisch gerne wie folgt beantworte:
Arbeitsgelegenheiten mit Entgeltvariante gemäß § 16 Abs. 3 S. 1 SGB II
sind sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, bei denen die Hilfebedürftige an Stelle des Arbeitslosengeld II das übliche Arbeitsentgelt erhält. Die Variante wird bei besonderen Einsatzfeldern – bei der gGmbH dürfte es sich um einen sog. „sozialen Wirtschaftsbetrieb“ handeln – in der Regel bewilligt. Damit sollen die Chancen auf dauerhafte berufliche Integration verbessert werden.
Die Förderung wird nur besonders benachteiligten Arbeitslosen für in der Regel 6 bis 12 Monate bewilligt. Allerdings sollen die Fallmanager verhindern, dass manche Betriebe ständig gefördert werden, um Wettbewerbsstörungen und Mitnahmeeffekten vorzubeugen. Eine Verlängerung der Förderung ist daher nicht möglich, vielmehr soll der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin regulär weiter beschäftigen.
Das Argument des Arbeitgebers, dass Sie nicht mehr förderungsfähig seien, erscheint vorgeschoben, denn sonst hätten Sie die Förderung gar nicht erst erhalten dürfen – soweit dies von hier beurteilt werden kann, dürften Sie förderungsberechtigt sein (eine abschließende Einschätzung ist jedoch erst in Kenntnis sämtlicher Details Ihres Falles und insbesondere Ihrer Akte bei der ARGE möglich).
Er kann aber nicht gezwungen werden, Sie nach Ende der Förderungszeit zu den bisherigen Konditionen weiter zu beschäftigen.
Wenn Ihre Integration in den Arbeitsmarkt nun nicht funktioniert, hat die ARGE Sie nach den Vorgaben des SGB II weiter zu betreuen – hierzu gehört auch die berufliche Weiterqualifikation.
Ich bedaure, Ihnen kein für Sie günstigeres Ergebnis mitteilen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Böhler
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Michael Böhler
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Sehr geehrter Herr Böhler,
Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Wie sie sich denken können ist dies für Informationssuchende auf dieser Plattform ganz informativ, mir waren die Rahmenbedingungen jedoch schon bekannt.
Meine konkrete Frage war eigentlich ob der Wechsel von Entgeltvariante in 1 Euro-Job möglich und rechtens ist, da die Entgeltvariante nicht unbedingt gemeinnützig und zusätzlich sein muss, der 1 Euro-Job aber schon.
Bedeutet dies nun, dass ich den angebotenen 1 Euro-Job quasi annehmen muss, da durch Eingliederungsvereinbarung keine andere Wahl besteht und ansonsten Sanktionen drohen. Somit würde dem Arbeitgeber quasi eingearbeitetes, für gut befundenes, qualifiziertes Personal auf längere Zeit kostenlos zur Verfügung gestellt. Dies wiederum führt aber zu immer geringeren Chancen am Arbeitsmarkt, denn im Lebenslauf ausgewiesene Pseudoarbeitslosigkeit, signalisierte für zukünftige Bewerbungen geringe Qualität des Arbeitnehmers, dies ist jedoch nicht zutreffend sondern genau das Gegenteil. Zunehmendes Alter ist ebenfalls nicht förderlich.
Dies kann aber nicht zu meiner dauerhaften Integration am Arbeitsmarkt führen, da ich vom Kenntnisstand den Kollegen überlegen bin und daher meine Weiterqualifizierung unmöglich ist.
Ich soll offensichtlich dazu benutzt werden die teilweise geringer qualifizierten Mitarbeiter fit zu machen.
Meine Fördermöglichkeiten bleiben dabei auf der Strecke, die Kinder und ich nagen am Hungertuch.
Obwohl ich nie Arbeit ausschlagen oder einfach nicht antreten würde, sehe ich hier einen Missbrauch von Instrumentarien die so nicht gerechtfertigt sind.
Dass die ARGE mich nach SGB II weiterbetreuen muss ist mir bekannt. Dass sie jedoch durch diese Praktiken die Integration verhindert, durch ein Verschieben von qualifiziertem Personal zum Nulltarif und unqualifiziertes Personal regulär einstellt entbehrt für mich jeglicher Logik. Nur was bedeutet dies im Einzelnen. Wäre der Arbeitgeber nun verpflichtet gewesen mich weiter zu qualifizieren oder nicht.
Wäre z.B. die Einstellung mit einem Eingliederungszuschuss möglich, die ARGE sagt ja, der Arbeitgeber nein. Welche Möglichkeiten gibt es noch? Vor allem im Hinblick darauf, dass der Arbeitgeber sozialversicherungspflichtige Stellen unbesetzt lässt.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Ratsuchende,
grundsätzlich ist es möglich, dass auf eine Entgeltvariante ein 1 €-Job wird. Allerdings müssen dessen Voraussetzungen erfüllt sein, woran aufgrund Ihrer Angaben doch erhebliche Zweifel bestehen. Sanktionen wegen Verletzung der Eingliederungsvereinbarung drohen Ihnen nur dann, wenn Sie einen rechtlich zulässigen 1 € Job ablehnen. Dass Sie auf dieser Basis Mitarbeiter schulen sollen, ist fragwürdig. Weshalb Sie keinen Eingliederungszuschuss erhalten sollen, kann hier nicht nachvollzogen werden. Auch kann hinsichtlich der von Ihnen angestrebten Weiterqualifikation ohne genaue Kenntnis Ihrer Tätigkeit keine abschließende Beantwortung erfolgen.
Ich rate Ihnen deshalb, einen Rechtsanwalt vor Ort mit der weiteren Prüfung und Vertretung Ihrer Interessen zu beauftragen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Böhler
Rechtsanwalt