Vorgehensweise bei Klage und Gegenklage/Erfolgsaussichten

26. Oktober 2019 23:30 |
Preis: 50,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Ich bin ein Eigentuemer der Wohnung. Der letzter Mieter ist ausgezogen und hat die Wohnung im schmutzigen Zustand mit einigen Beschädigungen hinterlassen. Die Schlüssel hat er meinem Bekannten übergegeben, da ich in dieser Zeit im Urlaub war. Nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub, wollte ich einen Termin zur Wohnungsübergabe vereinbaren. Der ehemalige Mieter hat meine Terminvorschläge abgelehnt. Es wurde also beim Auszug kein Wohnungsübergabeprotokoll erstellt. Beim Einzug gab es leider auch keins.

Da in der Wohnung die Beschädigungen gibt sowie die Kosten für die Reinigung entstanden sind, habe ich die Kaution noch nicht zurückbezahlt (ich habe doch 6 Monte Zeit, um meine Schadensersatzansprüche geltend zu machen und während dieser Zeit darf ich die Kaution behalten).
Der Mieter hat einen Anwalt angestellt, der schriftlich die Kaution gefordert hat.
Ich habe auch 3 Schreiben an den Anwalt gesendet, wo ich meine Forderungen beschrieben habe und eine Zahlungsaufforderung gemacht habe. Die Forderungen liegen über die Kautionssumme. Der Anwalt des Mieters hat meine Forderungen in seinen Schreiben nicht berücksichtigt.

Dann habe ich meine Klage beim Amtsgericht erhoben. Ich habe ein Schreiben vom Amtsgericht mit dem erstem Termin zur mündlichen Verhandlung bekommen.
An gleichem Tag (Zufall) habe ich ein anderes Schreiben vom Amtsgericht mit der Klage bekommen: Der Anwalt des ehemaliges Mieters klagt mich und verlang die Kaution im vollen Umfang zurück.
In beiden Schreiben sind die Termine zur mündlichen Verhandlung an unterschiedlichen Tagen festgelegt.

Meine Fragen:
1) Ich will zwei Gerichtsprozesse meiden, weil das Ganze den gleichen Sachverhalt betrifft und die Ansprüche der Seiten einheitlich verhandelt werden sollen, da es hauptsächlich um den Betrag in Höhe der Kaution geht, wobei die Klageforderung des Mieters der Kautionshöhe entspricht und meine Klageforderung mehr als Kaution beträgt.
Gesetzlich bin ich nun verpflichtet, eine Klageerwiderung zu erstellen. Ich würde gerne bereits an dieser Stelle dem Gericht darauf hinweisen, dass es zwei zusammengehörende Gerichtsprozesse angekündigt worden sind, die zu einem schmelzen sollen. Wie soll ich die Klageerwiderung formulieren?

2) Inwiefern macht es Sinn bereits jetzt (Klageerwiderung) einen Anwalt anzustellen? (bisher habe ich alles selbst gemacht).

3) Übrigens, falls es weiterhin zwei Prozesse stattfinden und ich einen Anwalt anstelle, muss ich eventuell doppelte Anwaltskosten zahlen?

4) Welches Gewicht haben Übergabeprotokolle beim Einzug und Auszug für den Erfolg meiner Schadensersatzansprüche? Wie hoch sind meine Chancen, den ehemaligen Mieter zu verurteilen, dass er für die Beschädigungen und den Schmutz in der Wohnung verantwortlich ist? (ich verfüge über die Bilder von Schmutzstellen, Protokoll des Sachverständigen und zwei Zeugen - meine Frau und beauftragte Putzkraft, die zum schmutzigen Zustand bzw. Beschädigungen in der Wohnung aussagen werden).

Mfg
dodot



Einsatz editiert am 27.10.2019 20:58:32

27. Oktober 2019 | 21:46

Antwort

von


(849)
Alte Schmelze 16
65201 Wiesbaden
Tel: 0611-13753371
Web: https://deutschland-schulden.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:

1. Widerklage
Ihren Anspruch können Sie im Wege der Widerklage gemäß § 33 ZPO geltend machen:

Zitat:
§ 33 Besonderer Gerichtsstand der Widerklage
(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.


Dies hat den Vorteil, dass beide Klagen in einem Verfahren zusammengefasst werden. Da sich Ihr Anspruch auf Schadenersatz und die Kautionsrückzahlung als Ansprüche gegenüber stehen hat dies zudem voraussitlich den Vortei,l dass der Streitwert dann nur aus Ihrem (höheren) Anspruch berechnet wird und Sie Kosten einsparen. Selbst wenn das Gericht dies anders sieht werden die Ansprüche addiert und der Streitwert ergibt sich aus diesem Gesamtbetrag. Das ist dann auch noch deutlich günstiger als zwei einzelne Berechnungen nach zwei einzelnen Streitwerten.

2. Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe
Vermutlich wäre es besser, wenn Sie sich doch einen örtlichen Anwalt nehmen. Die Sachverhaltsschilderung und vor allem die Prozessführung durch "Laien" birgt einige Gefahren, auch wenn Richter in der Regel zumindest in mündlichen Verhandlungen durchaus versuchen keine Nachteile durch fehlende Anwaltsvertretung entstehen zu lassen. Allerdings hilft Ihnen das wenig, da Sie sich vorab schriftlich werden äußern müssen. Hier gibt es einige Fallen, im Mietrecht insbesondere wenn noch die Kautionsabrechnung oder die konkreten Renovierungsverpflichtungen benannt werden sollen.

3. Prozesskosten
Der Streitwert und die Anwaltskosten sollten sich maximal aus dem Streitwert beider Forderungen ergeben (siehe auch unter 1.) gemäß § 45 GKG :

Zitat:
§ 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung
(1) 1In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. 2Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. 3Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.


4. Erfolgsaussichten
Die Erfolgsaussichten lassen sich vorab in dieser Form leider nicht allzu verbindlich bestimmen. Wesentlicher Punkt wird es sein den Zustand bei Auszug und vor allem Einzug zu beweisen. Für den Auszug liegt dies nach Ihrer Schilderung ausreichend vor. Der Mieter wird aber erfahrungsgemäß behaupten, dass der Zustand bei Einzug auch nicht einwandfrei gewesen ist. Hilfreich wären hier Bilder und Zeugenaussagen möglichst neutraler Personen. Eventuell sind auch Schäden vorhanden die sich eindeutig dem Mieter zuordnen lassen. Dies sollte zumindest bei der Verschmutzung der Fall sein, ganz abgesehen von dem Eindruck der aus diesem Verhalten entsteht. Entscheidend können u.U. auch die Fomulierungen im Mietvertrag sein.
Dass Sie ohne Weiteres 6 Monate Zeit haben über die Kaution zu entscheiden ist so übrigens nicht ganz richtig, vielmehr besteht eine "angemessene" Überlegungs- und Prüfungsfrist. Diese kann auch unter Umständen kürzer sein. Da Sie aber bereits erklärt haben warum Sie die Kaution einbehalten wollen ist dieser Aspekt nicht weiter relevant.
Wie bereits gesagt sollten Sie doch über die Inanspruchnahme eines Anwalts nachdenken, bei einem erfolgreichen Prozess ist der Gegner dann auch zur Erstattung der Kosten verpflichtet.

Ich hoffe Ihre Fragen soweit das hier möglich ist zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben und wünsche Ihnen einen schönen Restsonntag und eine erfolgreiche kommende Woche.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke


Rückfrage vom Fragesteller 27. Oktober 2019 | 23:01

Sehr geehrter Herr Fricke,

vielen Dank für Ihre Antwort.


Unter Punkt 1 meiner Fragen steht: "Wie soll ich die Klageerwiderung formulieren?". Da brauche ich immer noch die Klärung:

- Soll ich einen separaten Antrag für die Verbindung beider Verfahren gemäss § 147 ZPO stellen?
-- Gibt es dafür ein gängliches Form?
-- Braucht man dann die Erwiderung trotzdem einzureichen? Dafür habe ich nur 2 Wochen Zeit, und ich will es vermeiden, auf die Verbindung beider Verfahren zu warten, wenn es länger als diese 2 Wochenfrist dauert.
-- Wie schnell erfolgt gewöhnlich die Verbindung?
-- Was passiert als nächstes? Bekommt man eine Bestätigung und eine Stornierung eines der beiden Termine für die mündliche Verhandlung?

- Wenn die Erwiderung trotzdem eingereicht sein sollte, was sollte in der Erwiderung stehen (Formulierung)
-- soll ich die "Verbindung beider Verfahren" in meiner Erwiderung anfragen?
-- soll ich alle meine Beweise auflisten oder reicht es nur auf das Aktenzeichen meiner Klage zu verweisen

Vielen Dank für Ihre Beratung!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 27. Oktober 2019 | 23:25

Sehr geehrter Fragesteller,

Sie sollten zunächst nur die Verbindung beantragen: „in den Verfahren Az. x und y beantrage ich diese miteinander gemäß Paragraf 147 ZPO zu verbinden, ich bitte darum neu zu terminieren und nach Entscheidung eine neue Frist zur Klageerwiderung zu setzen."

Wenn Sie übrigens mehr Zeit für eine Antwort an das Gericht brauchen können Sie auch einfacher darum bitten, im Normalfall ist das kein Problem.

Wie lange die Reaktion und Bearbeitung dauert lässt sich nicht sagen, Sie können aber einfach auf der Geschäftsstelle anrufen und sich dort erkundigen.

Bezüglich der weiteren Fragen erfordern diese leider Kenntnisse des Sachverhalts und weitere Ausführungen die dann von der Ausgangsfrage und Nachfragefunktion nicht mehr gedeckt sind. Um Ihnen konkrete Formulierungen zu nennen müsste ich schon alle Fakten kennen. Ich kann Ihnen nur empfehlen doch einen örtlichen Kollegen zu beauftragen, insbesondere da die Gegenseite bereits anwaltlich vertreten ist.
Mit freundlichen Grüßen, Fricke

Ergänzung vom Anwalt 27. Oktober 2019 | 22:04

Sehr geehrter Fragesteller,

leider habe ich übersehen dass Sie bereits Klage erhoben haben. Daher empfehle ich Ihnen ergänzend das Gericht möglich umgehend darum zu bitten, dass beide Verfahren gemäß § 147 ZPO verbunden werden. Dadurch wird sichergestellt, dass die bezüglich der Widerklage geschilderten Kostenerleichterungen gelten. Das Versehen bitte ich zu entschuldigen.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke

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