Fiktive Einkommensberechnung durch das OLG Stuttgart

23. Oktober 2019 11:08 |
Preis: 51,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von


18:54

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin ein wenig ratlos und auch fassungslos.

Ich bin seit 2015 getrennt lebend und es wird um Kindes- und Trennungsunterhalt gestritten. Erst beim Familiengericht Ludwigsburg, dann nach Rüge und Beschwerde beim OLG Stuttgart. Ich versuche es kurz zusammenzufassen:

Obwohl anders vereinbart, hat die Mutter nach Auszug aus meiner Wohnung plötzlich vom Umgangsrecht gesprochen. Bis zum Auszug haben wir nachweislich im Wechselmodell die Kinder betreut. Klage in Stuttgart, führte trotz allem dazu, dass das Gericht mir ein erweitertes Umgangsrecht zugesprochen hat. Daraus resultiert dann natürlich eine KIndesunterhaltanspruch. Diesen kann ich nicht oder nur teilweise erbringen, da ich während und auch nach der Ehe enorme Darlehenskosten zu tragen habe (gemeinsam abgeschlossen). Einmal eine Übernahme Geschäftsanteil meiner eigenen GmbH (von 50% auf 40% + 10% KInder als Mitgesellschafter) und andererseits eine Wohnung. Hälftig eingetragen im Grundbuch, alle Kosten wie auch Darlehen muss ich aber tragen, da ich alleine Darlehensnehmer bin.

Folglich hat die Mutter Mindestkindesunterhalt gefordert. Trotz aller Nachweise, dass ich die Darlehens nicht reduzieren oder auflösen kann und auch trotz Forderung, dass sich meine Frau an der gemeinsamen Immobilie beteiligen soll, hat das Familiengericht, auch mit Hilfe diverser Rechenfehler beschlossen, dass ich diese Kosten nur teilweise ansetzen darf und Leistungsfähig sei.

Man muss auch dazu sagen, dass meine Frau mittlerweile 50% mehr verdient als ich (120 TSD Euro im Jahr). Wir haben gerügt, es wurden die Rechenfehler korrigiert, dafür aber dann neue Vorteile bzw. Nachteile erfunden. Sie bekommt z.B. überobligatorischen Bonus abgezogen, obwohl ich nachweislich 40% Betreuungsquote habe. Unser Argument war, dass ich KU zahlen kann, wenn Sie Trennungsunterhalt bezahlt bzw. sich an den gemeinsamen Kosten beteiligt. Letzteres wurde abgelehnt und es wurde 3 Jahre damit verbracht, sämtliche Ausgaben der Mutter zu erhöhen oder deren Einnahmen zu reduzieren. Am Ende hat das Famgericht erklärt, dass ich für 2015 und 2016 Unterhalt bekomme und das wurde verrechnet mit dem KU. Ab 2017 sagt das FamGericht, ich wäre nicht mehr Trennungsunterhaltbedürftig ohne irgendeine genaue Erklärung. Wir sind noch nicht geschieden.

Also Beschwerde beim OLG.
Das OLG wiederum hat aus dem nichts plötzlich argumentiert, dass ich mir einen zusätzlichen Nebenjob suchen hätte können und berechnet weiterhin fiktive Mieteinnahmen aus meiner GmbH ohne Berücksichtigung der zugehörigen Kosten. So schlägt das OLG nun zuerst in einem Vergleichsvorschlag und nun auch in einem Beschluss vor, dass ich Bruttomieteinnahmen in Höhe von 100 TSD habe + 30 TSD aus fiktiven Einkommen uns sagt nun, ich sei doch Leistungsfähig. Obwohl wir das alles nachgewiesen haben, hat das OLG das nicht berücksichtigt und hat auch eine Beschwerde nicht zugelassen.

Kurz: Mieteinnahmen der GmbH werden mit 1:1 zugerechnet (Kaltmiete + Nebenkosten) und mit der privaten Einkommenssteuer berechent, obwohl die Immobilien in der GmbH sind und dort auch weitere kosten sind (Nebenkosten an Hausverwaltung, eigene MA, Beratungskosten, etc.). Meine bis dato absetzbaren Kosten für das Darlehen (Geschäftsanteil als Rente) schmettert das OLG nun ab und sagt, da ich ja 30 TSD fiktives Einkommen habe, darf ich daraus "nur" noch 4% geltend machen (umgerechnet 100 Euro bei tatsächichen 2.682,00 (Geschäftsanteil) + 1200 (Darelehen Woihnung). Es ist faktisch so, dass ich 4.100,00 Euro netto ausgezahlt bekomme und mit die 3.700,00 Euro von der Bank eingezogen werden. Es bleiben mir also 400 Euro im Monat (ohne das ich KV oder PV bezahlt habe - von Miete, Essen, etc. will ich gar nicht anfangen). Ich habe mir jetzt verschuldet, da ich der Meinung war, dass ich zumindest einen Teil als Trennungsunterhalt wieder bekommen kann.

Nun wirft aber das OLG alles in ein Topf und berechnet willkürlich und behauptet Dinge, die weder rechtlich noch steuerrechtlich umsetzbar sind. Es liegt auch ein Gutachten vor, dass meine Behauptungen untermauert, aber der FamGericht wie auch das OLG ziehen sich daraus nur die bereinigten Werte und nicht das Ergebnis, welches besagt, dass ich nur mit meinen 80 TSD Gehalt auskomme.

Wir haben am 25.09 dazu Stellung genommen und die Nachweise am 26.09. eingereicht. Am 26.09 selbst hat das OLG den Beschluss gefasst und sagt einfach, ich hätte nicht genügend vorgetragen und das obwohl wir alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt haben. Es scheint, als ob sich das OLG die Unterlagen gar nicht angeschaut hat, denn es zitiert diese völlig falsch.

Im Ergebnis kommt nun das OLG auf ein Einkommen in Höhe von 4.200,00 Eruo im Monat bereinigt um alle Punkte. Zur Erinnerung: Mir wird gerade mal 4.100,00 Euro ausbezahlt wovon ich noch alles bezahlen muss, angefangen bei Krankenversicherung, Gebühren, Bank...

Mein Anwalt sagt nun, dass aufgrund Ablehnung einer Rechtsbeschwerde ich das wohl so akzeptieren muss.

Das kann doch nicht sein, oder?

Gedankenspiel:
Meine Frau kann doch jetzt mit dem Beschluss ankommen und aus Mindestkinderunterhalt nun "normalen" Unterhalt fordern.

23. Oktober 2019 | 11:53

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ich beantworte Ihre Frage auf Grundlage der von Ihnen gemachten Angaben. Bitte beachten Sie, dass schon geringe Abweichungen im Sachverhalt zu einem anderen rechtlichen Ergebnis führen können.

Ihr Rechtsanwalt hat Recht, gegen den Beschluss des OLG sind keine weiteren Rechtsmittel möglich. Möglich wäre einzig noch ein Berichtigungsanspruch bei offensichtlichem Rechenfehler (falsches Komma, plus statt minus etc.). Die (falsche) Bewertung des OLG ist abschließend. Wurden Unterlagen verspätet eingereicht und daher nicht mehr berücksichtigt, ist zu ermitteln wer hieran die Schuld trägt. Hat Ihr Anwalt hier ein Versäumnis begangen (die Unterlagen lägen ihm vor aber er hat es ohne Gründe unterlassen diese einzureichen), so hat er dieses Versäumnis zu vertreten.

Leider kann ich Ihnen keine für Sie positivere Antwort geben. Sollten Rückfragen bestehen, nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.

Mit freundlichen Grüßen

Krueckemeyer
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 23. Oktober 2019 | 16:12

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Sie schreiben, ich habe einen Berechtigungsanspruch, der aber nur bei offensichtlichen Rechenfehler angewendet werden kann. Ich kann davon ausgehen, dass die fiktive Betrachtung der Mieteinnahmen nicht als Rechenfehler verstanden werden kann, oder?

Was ich damit sagen möchte: Ich habe reale Einnahmen (aus nicht selbständiger Tätigkeit) in Höhe von ca. 80 TSD Euro, davon wird mir die Steuer abgezogen. Über den Auszahlungsbetrag muss ich meine weiteren Kosten bedienen. Das OLG sagt jetzt, dass ich ab 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 30 TSD habe (mit Abführung KV, RV, PV) und zusätzlich fiktive Mieteinnahmen der GmbH. Es wird nicht gesagt ich haben Einkünfte aus nichtselbständige Arbeit + Vermietung+Verpachtung oder richtigerweise aus Kapitalerträge, sondern es wird schlicht einfach der Umsatz abzgl. kleinerer Kosten wie Zinsen und Grundsteuer abgezogen. Das ist kein offensichtlicher Rechenfehler sondern vielmehr der ganze Ansatz stimmt nicht. Denn die GmbH hat dazu Ausgaben (Nebenkosten, Hausverwaltung, Darlehenskosten, etc.). Ein etwaiger Gewinn (berichtigt um die Untermehmenssteuern) kann dann ja gerne zugerechnet werden. Wir sprechen hier über eine Differenz von guten 50 TSD im Jahr...

Anmerkung Unterlagen:
Wir hatten bis zum 25.09. Zeit zur Stellungnahme. Der Anwalt hat vorab per Fax den Schriftsatz übermittelt und zum 26.09. die im Schriftsatz genannten Unterlagen persönlich eingeworfen. Ich wundere mich nur, da normalerweise solche Schriftsätze auch dem Gegnervertreter übermittelt werden und/oder das Gericht erst nach ca. 14 Tagen darauf eingeht. Hier haben wir aber einen Beschluss, der bereits am 26.09 gefasst wurde. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass alle 3 Richter sich noch am 25.09 Nachmittags dazu hingesetzt haben und sich dazu abgestimmt haben.

Auch shreibt das OLG, dass die eingereichten Unterlagen für 2019 nicht erforderlich waren, da der Senat die Jahre 2015 - 2018 angesehen hat. Komisch ist nur, dass die eingereichten Unterlagen genau für die betroffenen Jahre extra ausgedruckt und sogar vom Steuerberater unterschrieben wurden.

Es wird einfach argumentiert, dass es so sein könnte und man ja auch nur die untere Messlatte angesetzt hätte. Es kommen auch Begriffe vor wie "Selbst wenn wir das berücksichtigen, dann reicht es noch nicht".

Eine Sache zusätzlich: Das OLG argumentiert auch, dass ich trotz zusätzlicher Tätigkeit mein Umgansrecht ja wahrnehmen könnte. Falls nicht, könnte ich auf Dritte zurückgreifen. Übersetzt also: Ich soll arbeiten gehen, damit in den KU zahlen kann und um die Kinder kümmert sich ein anderer.

Ich war der Meinung, dass das BGH vor zwei Jahren die Rechte der Väter gestärkt hatte. Wenn ich aber diesen Beschluss lese (den ich nicht mal anfechten kann) dann werde ich genauso behandelt wie ein Vater, der sich gar nicht um die Kinder kümmert und ich zahle auch den gleichen Betrag...

Letzte Anmerkung: Alles unter dem Aspekt, dass die Mutter dem Wechselmodell nicht zugestimmt hat und selber 120 TSD Euro Brutto im Jahr verdient. Sie ist KV und PV versicht, verfügt über ein Netto von ca. 5.500,00 Euro + 400 Euro Kindergelt + jetzt wohl auch ca. 600 Kindesunterhalt....

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Oktober 2019 | 18:54

Sehr geehrter Fragesteller,

Ich sehe leider keine Nachfrage. Ich nehme daher nicht einmal Stellung zu den einzelnen Punkten. Sollte noch eine konkrete Nachfrage bestehen, können Sie mich via E-Mail kontaktieren.

Zu den Unterlagen: Eine Frist ist eine Frist. Um 24:00 Uhr fällt der Hammer. Alles danach muss ignoriert werden. Dies gilt unabhängig davon ob der entscheidende Richter erst Tage später die Unterlagen prüft.
Zu den Schätzungen kann diesseits keine Stellung genommen werden. Wenn ich Sie richtig verstehe, geht es "nur" um Fragen des Unterhalts. Dann können Sie mach zwei Jahren eine Korrektur beantragen wenn sich die Verhältnisse verändert haben.

Der BGH kann leider (Gott sei Dank) auch nur mit den Vorgaben des Gesetzgebers arbeiten. Der Gesetzgeber betrachtet Fälle von nicht hälftiger Betreuung (40:60) nach wie vor als klassisches Residenzmodell (in dem der nicht betreuende Elternteil trotz 40% Betreuung) den gesamten Unterhalt zu zahlen hat.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass für eine weitergehende Beratung (oder auch nur die Klärung der Frage was eigentlich schief gelaufen ist) die Einsicht in die Unterlagen notwendig wäre.

Mit freundlichen Grüßen

Krueckemeyer
Rechtsanwalt

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