Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Frage 1:
das "nominell eigenständige Entwicklungsunternehmen", mit dem Sie Ihren Arbeitsvertrag haben
Frage 2:
Ja, Sie haben Anspruch auf Bezahlung der geleisteten Arbeitszeit gemäß Ihrem Arbeitsvertrag
Frage 3:
nein - die Haftung für diese Eingriffe trifft im Verhältnis Ihnen gegenüber jedoch nicht den Mutterkonzern, sondern Ihren "nominellen" Arbeitgeber
Frage 4:
Rechtsgrundlage ist § 611 Abs. 1
, 2. Halbsatz BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Arbeitgeber verpflichtet, Ihnen die vereinbarte Vergütung für Ihre Dienste zu zahlen. Durch die Eingriffe in das Zeiterfassungssystem wird Ihr Vergütungsanspruch aus dem Arbeitsvertrag unzulässig geschmälert. Anspruchsgegner ist auch hier Ihr nomineller Arbeitgeber. Dabei geht Ihr Anspruch auf eine korrekte Zeiterfassung. Wie Ihr Arbeitgeber dies bewerkstelligt,ist seine Sache. Sie haben keinen Anspruch auf eine ganz bestimmte Zeiterfassung - es sei denn, dies ist im Arbeitsvertrag ausdrücklich festgelegt. Ist dies nicht der Fall, kann der Arbeitgeber die Zeiterfassung nach billigem Ermessen bestimmen - entscheidend ist, dass sie zutreffende Ergebnisse liefert. Theoretisch kann Ihr Arbeitgeber auch auf die "gute, alte" Stechkarte zurückgreifen.
Frage 5:
Gern bin ich bereit, Ihnen eine kurze juristische Stellungnahme mit Benennung der abrechnungstechnischen Sorgfalts-Pflichten eines Arbeitgebers auf der Basis Ihres Honorar-Angebots zu erstellen.
Bitte teilen Sie mir - ggfs. über die kostenlose Nachfrage-Funktion oder an meine auf meinem Profil angegebene E-Mail-Anschrift - mit, ob ich zu diesem Zweck Ihren Arbeitgeber direkt anschreiben soll, oder ob Sie lediglich im Innenverhältnis die Ausarbeitung eines Entwurfs für eine Stellungnahme wünschen, die Sie dann selbst bei Ihrem Arbeitgeber einreichen wollen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fachanwalt,
ich wünsche mir eine kurze partielle Präzisierung:
Zu Fragen 2/3:
Die Bezahlung ist eher sekundär. Es geht darum, dass die eingebuchte Arbeitszeit in Q4/2014 gutgeschrieben wird auf dem Arbeitszeitkonto, d.h. anerkannt wird. Hier besteht eine Weigerung ohne Begündung und vor allem ohne irgendwelche bekannte oder bekanntgemachte
Verfallsfristen.
Desgleichen mit 5 Tagen ausgewiesenem Urlaubsanspruch in 2014, der zwar möglicherweise fälschlich gewährt wurde, aber nun in 2015 kommentarlos von meinem diesjärigen Urlaub abgezogen wurde. Die ursprünglichen Fehler bei der letztjärigen Zuweisung sind durch den Arbeitgeber sogar eingeräumt worden.
Sind beide oder eine einzelne dieser Handlungen mir gegenüber rechtswidrig auch wenn mein direkter Arbeitgeber sie ausdrücklich deckt?
Danke und Gruß
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Nachfragen möchte ich wie folgt beantworten:
1.
Sie können nach Ihrem Arbeitsvertrag von Ihrem Arbeitgeber eine Vergütung für die von Ihnen tatsächlich erbrachte Arbeitszeit beanspruchen.
Die Einbuchungen in das Zeiterfassungssystem stellen lediglich ein Hilfsmittel dar, um die Arbeitszeit zu ermitteln. Bei fehlerhaft erfolgten Zuviel-Buchungen besteht daher für den Arbeitgeber die Möglichkeit einer anpassenden Korrektur.
Das Bundes-Arbeitsgericht hat entschieden, dass nicht einmal eine Lohnabrechnung des Arbeitgebers für diesen ein bindendes Schuldanerkenntnis darstellt (Urteil vom 8. November 1983 – 3 AZR 511/81
– AP Nr. 3 zu § 2 BetrAVG). Ein Zeiterfassungssystem, das Lohnabrechnungen nur vorbereiten soll, hat dann erst recht nicht die Wirkung eines bindenden Anerkenntnisses.
Im Falle einer Lohnklage vor dem Arbeitsgericht müsste Ihr Arbeitgeber allerdings die Berechtigung der von ihm vorgenommenen Lohnkürzungen darlegen und beweisen.
2.
Eine "Verrechnung" durch den Arbeitgeber von irrtümlich zu viel gewährten Urlaub im Vorjahr gegen Urlaubsanspruch im laufenden Jahr ist unzulässig.
Unter den Arbeitsjuristen ist allerdings umstritten, ob der Arbeitgeber in diesem Fall einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Urlaubsentgelts für den zu viel gewährten Urlaub hat. Es wird die Ansicht vertreten, dass der Arbeitgeber für den zu viel gewährten Urlaub die Herausgabe von Wertersatz in Geld nach Bereicherungsrecht (§§ 812 Abs. 1
, 818 Abs. 2 BGB
) vom Arbeitnehmer verlangen kann. Mit einem solchen Anspruch könnte der Arbeitgeber gegen laufende pfändbare Lohnzahlungsansprüche des Arbeitnehmers aufrechnen.
(vgl. http://www.experto.de/b2b/recht/arbeitsrecht/zu-viel-urlaub-gewaehrt-welche-handlungsmoeglichkeiten-hat-der-arbeitgeber.html
- dort: Zu viel gewährter Urlaub im ungekündigten Arbeitsverhältnis)
Nach anderer Auffassung darf zu viel gewährter Urlaub auch nicht in Form von Geld (Wertersatz)zurückverlangt werden.
(vgl.
http://www.rechtsrat.ws/lexikon/urlaub.htm
- dort: zu viel Urlaub - was nun?)
Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt