Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Zunächst sei darauf hingewiesen, dass ich die Prozessgeschichte, also Ihren Antrag und die Begründung Ihres Antrags sowie den Vortrag der Gegenseite nicht kenne. Kennt man die Prozessgeschichte nicht, ist es naturgemäß schwer, den Verlauf und das Ergebnis eines Rechtsstreits einzuschätzen.
Sie sollten deshalb wegen der Einzelheiten Ihren Rechtsanwalt, der Sie in der Sache vertreten hat, um Erläuterung bitten, weshalb beispielsweise der Vergleich Sinn macht.
2.
Dies vorausgeschickt ist aufgrund der Schilderung des Sachverhalts folgendes zu sagen:
Nach der Unterhaltsreform gilt grundsätzlich, dass nach Rechtskraft der Scheidung jeder Ehegatte für sich selbst sorgen müsse. Zwar gibt es hiervon Ausnahmen, diese müssen allerdings vorgetragen und nachgewiesen werden.
In Ihrem Fall kann es zwei Anspruchsgrundlagen für die Geltendmachung nachehelichen Unterhalts geben: Einerseits kommt ein Anspruch wegen Alters in Betracht, andererseits ein Anspruch wegen Krankheit.
Aus der Sachverhaltsschilderung ist nicht ersichtlich, wie alt Sie sind. Die Rechtsprechung stellt in Fällen, in denen die unterhaltsberechtigte Frau zwischen 50 und 60 Jahren alt ist, auf den jeweiligen Einzelfall ab. D.h. in jedem Einzelfall wird geprüft, ob und gegebenenfalls welche Tätigkeit die Frau nach der Scheidung ausüben könnte.
Die Rechtsprechung, und das ist meine persönliche Auffassung, übersieht dabei wirtschaftliche Gegebenheiten. Man kann sagen, dass es heute fast unmöglich ist, eine beispielsweise 55 Jahre alte Frau auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln. Die Rechtsprechung sieht das aber anders.
Der Hauptgesichtspunkt der Geltendmachung nachehelichen Unterhalts dürfte in Ihrem Fall aber die Krankheit gewesen sein.
Die Tatsache, dass ein Vergleich geschlossen worden ist, lässt die Schlussfolgerung nahe liegend erscheinen, dass Ihre Erkrankung nicht oder nicht in vollem Umfang nachgewiesen wurde und dass man davon ausging, dass Sie nach wie vor erwerbstätig sein könnten.
Dies vermute ich, weil hier – wie üblicherweise – in dem Vergleich festgehalten wurde, dass Ihr geschiedener Ehemann zwar nachehelichen Unterhalt zu zahlen habe, aber befristet auf drei Jahre unter Absenkung der Höhe des zu zahlenden Nachscheidungsunterhaltes.
3.
Ob ehebedingte Nachteile im Verfahren berücksichtigt worden sind, kann ich mangels Kenntnis des Prozessstoffs nicht beurteilen. Schriftlich festgehalten werden müssen diese rechtlichen Überlegungen, wenn ein Vergleich geschlossen wird, nicht.
Ich nehme an, dass der Vergleich vom Gericht vorgeschlagen wurde und dass Sie Gelegenheit hatten, den Vergleichsvorschlag des Gerichts mit Ihrem Rechtsanwalt zu besprechen. Dem Vergleich haben Sie dann offensichtlich zugestimmt.
Wenn Sie mit dem Vergleich nicht einverstanden gewesen wären, hätten Sie eine Entscheidung des Gerichts herbeiführen können. Dass das nicht geschehen ist, lässt die Vermutung nahe liegend erscheinen, dass der Vergleich für Sie akzeptabel erschien.
4.
Lebenslanger Unterhalt steht Ihnen grundsätzlich nicht zu. Die Ehe ist kein "Versorgungsinstitut", vielmehr muss nach rechtskräftiger Scheidung jeder Ehegatte selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen. Es gibt, so wie oben erwähnt, gewisse Ausnahmen, wie beispielsweise Krankheit.
Mit dem Vergleich ist der Unterhaltsanspruch endgültig abgegolten. Eine erneute Klage nach drei Jahren scheidet damit aus.
5.
Ich gehe davon aus, dass das Gericht deutlich gemacht hat, dass in Ihrem Fall die Voraussetzungen für lebenslangen Unterhalt gerade nicht vorliegen. Vor diesem Hintergrund ist der Vergleich verständlich. Verfahrensfehler oder sonstige Fehler sind aufgrund der Sachverhaltsschilderung nicht ersichtlich.
Hätten Sie den Vergleich nicht gewollt, hätte das Gericht eine Entscheidung treffen müssen. Gegen diese Entscheidung, sofern sie Ihren Vorstellungen nicht entsprochen hätte, hätten Sie die Möglichkeit der Beschwerde zum OLG gehabt. Ob das Sinn gemacht hätte und ob Sie dadurch ein besseres Ergebnis erzielt hätten, kann man aufgrund der Sachverhaltsschilderung nicht beurteilen.
6.
Der Vergleich ist vermutlich unwiderruflich zu Stande gekommen. Damit ist der Vergleich rechtskräftig und nicht mehr anfechtbarer. Ein neuer Antrag (Sie sprechen von sofortiger Klage) wäre unzulässig, weil diesem Antrag die Rechtskraft des Vergleichs entgegen stünde.
Zusammenfassend heißt das, Sie werden gegen den Vergleich, ebenfalls auf der Grundlage der Sachverhaltsschilderung, heute nichts mehr unternehmen können.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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Sehr geehrter Herr Anwalt,
Sie konnten aus meiner Schilderung nicht entnehmen,dass ich bereits
während meiner Ehezeit im Jahre 1989 erkrankte,
2003 erhielt ich die Erwerbsunfähigkeitsrente erst hälftig und 2006 dann die volle EU Rente.
Ich bin also erwerbsunfähig. Mein Mann hat bereits 2004 meine Erwerbsunfähigkeit anerkannt.
Bei der Scheidungsverhandlung , in der es zum Vergleich kam,
wurde meine Erkrankung nicht erwähnt, weitere ehebedingte Nachteile ebenfalls nicht.
Es wurde nur der nacheheliche Unterhalt verhandelt, berechnet, befristet
und abgeschmolzen, nach den Verdienstbescheinigungen meines Mannes und meiner EU Rente.
Auf Grund dieses zusätzlichen Sachverhaltes stellt sich jetzt die Frage:ist trotz des Vergleichs nach Ablauf der Zahlungen in drei Jahren eine erneute Klage auf Unterhalt, (Krankheit, ehebedingte Nachteile) rechtlich zulässig(möglich)?
Alter 62
Alter 59
Sehr geehrte Fragestellerin,
aufgrund des Sachverhalts, der sich aus der Nachfrage ergibt, ist von folgender Sachlage auszugehen:
Geltend gemacht wurde nachehelicher Unterhalt in Form des so genannten Aufstockungsunterhalts. D.h., es ist die Differenz zwischen dem unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen Ihres geschiedenen Ehemanns und der Erwerbsunfähigkeitsrente, die Sie beziehen, errechnet worden. Von diesem Differenzbetrag wurde sodann der Unterhalt ermittelt.
Die Tatsachen, wie Krankheit und ehebedingte Nachteile, die unterhaltsrechtlich von Bedeutung sein können, waren zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs bekannt. Auf der Grundlage dieser bekannten Tatsachen ist sodann auch der Vergleich abgeschlossen worden.
Dass der Unterhalt zeitlich befristet worden ist, bedeutet, dass Ihr geschiedener Ehemann nach Ablauf der Befristung keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet.
D.h., man kann einen vermeintlichen Anspruch auf nachehelichen Unterhalts für die Zeit nach Ablauf der Befristung nicht auf Tatsachen stützen, die bereits bei Abschluss des Vergleichs bekannt gewesen sind.
Eine erneute Klage wäre also unzulässig.
Ich bedaure, Ihnen hier keine günstigere Mitteilung machen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt