Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für die Einstellung Ihrer Frage.
Vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform dazu dienen soll, Ihnen einen ersten Eindruck der Rechtslage im Rahmen einer ERSTberatung zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, so dass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.
Auf Grund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes möchte ich Ihre Fragen zusammenfassend wie folgt beantworten:
Absatz 3 des § 72 UrhG
in der Fassung vom 01.07.1985, bei welchem der Begriff des Lichtbild als „Dokument der Zeitgeschichte" eingeführt worden ist, ist am 01.07.1995 wieder verändert worden. Die Sonderstellung der nur schwer abgrenzbaren „Dokumente der Zeitgeschichte" ist wegen zu großer Rechtsunsicherheit bezüglich der ex post Einschätzung wieder abgeschafft worden, denn wie Sie schreiben in der Nachbetrachtung der Geschichte können sämtliche Fotos aus der Zeit 1920 bis 1960 als solches Dokument gelten. Insbesondere die Tatsache, dass ein Foto solange normalen Schutz innehatte bis der Abgebildete zu einer berühmten Persönlichkeit geworden ist, und ab diesem Zeitpunkt dann der verkürzte Schutzdauer gelten soll konnte nicht überzeugen. Somit galt das neue Recht mit Wirkung für alle Bilder, die zu dem Zeitpunkt noch den 50 jährigen Schutz innehatten. Dies bedeutet, dass die Bilder aus Ihrer ersten Frage noch darunter gefallen sind.
Es soll eben gerade keine Enteignung des Urhebers stattfinden. Mit der Eigentumsübertragung werden eben gerade keine Nutzungsrechte eingeräumt. Dies hat der Bundesgerichtshof explizit für Fotoarchive entschieden ( BGH ZUM 2007, 655
– Archivfotos).
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick ermöglicht zu haben und stehe für Ergänzungen im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion sowie ggf. für die weitere Wahrnehmung Ihrer Interessen gerne zur Verfügung.
Sollten Sie eine darüber hinausgehende Vertretung in Erwägung ziehen, empfehle ich Ihnen eine Kontaktaufnahme über die unten mitgeteilte E-Mail-Adresse. Die moderne Kommunikation ermöglicht insoweit auch die Überbrückung größerer Entfernungen.
Weiterhin möchte ich Sie höflichst auf die Bewertungsfunktion aufmerksam machen, die dafür sorgt, diesen Service für andere Ratsuchende transparenter zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr RA Geerth.
Ich habe noch nicht verstanden, ob nach § 72, Abs. 3 UrhG
die 50jährige Verjährung bei dem mehrfach erwähnten Berufsfotografen doch greifen könnte, da wohl bei den zig1000 Fotos durch mich nicht mehr feststellbar ist, ob sie „erschienen" oder „veröffentlichst" worden sind.
MfG
Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst müsste ja geklärt werden, ob es sich "nur" um Lichtbild nach § 72 UrhG
handelt oder um ein Lichtbildwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG
.
Dann müsste ja das Archiv, wenn sie sich für ein einzelnes Bild sich darauf berufen wollen, nachweisen, dass die Voraussetzungen des § 72 Abs. 3 UrhG
vorliegen. Nicht Sie als Enkel des Urhebers müssen nachweisen, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen. Und wenn Sie nicht nachweisen können, dann kann das auch das Archiv nicht.
§ 72 UrhG
erfasst die alltäglichen "Knipsbilder" und Amateurfotos, die ohne jedwedes handwerkliche Können mit weitgehend automatischen Kameras hergestellt worden sind.
Da Sie von Fotos eines Berufsfotografen mit alten analogen Kameras sprechen, gehe ich, auch ohne Kenntnis der einzelnen Aufnahmen, von einem Schutz als Lichtbildwerk nach § 2 UrhG
aus und damit auch von dem langen 70jährigen Schutz.
Mit freundlichen Grüßen
Gerth
Rechtsanwalt