Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Frage - Ausschlagung des Erbes und der Wirkung für die Söhne
Die Ausschlagung ist durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht möglich. Sie kann entweder zu Protokoll gegeben und vom Nachlassgericht beurkundet werden oder in öffentlich beglaubigter Form (§ 129 BGB
) abgegeben werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Erklärung zur Niederschrift eines Notars, der diese ebenfalls an das Nachlassgericht weiterleitet. Zuständiges Nachlassgericht ist grundsätzlich das Amtsgericht, an welchem der Verstorbene zuletzt seinen Wohnsitz hatte.
Diese muss aber innerhalb von sechs Wochen ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft beim zuständigen Nachlassgericht vorliegen (§ 1944 BGB
).
Eine Person, die das Sorgerecht für minderjährige Kinder hat, kann die Ausschlagung auch für diese Kinder erklären. Steht das Sorgerecht beiden Elternteilen zu, müssen beide Eltern im Namen des Kindes ausschlagen. Unter bestimmten Umständen ist dazu eine Genehmigung des Familiengerichtes nötig (§ 1643 Abs. 2 BGB
).
Im Falle der Erbausschlagung erhöhen sich die Anteile der Übrigen Erben entsprechend, d.h. der Anteil der Ehefrau würde bei 50% bleiben und der des anderen Sohnes würde ebenfalls 50% betragen.
2. Wohnrecht / Immobilie
Ein Zwang zum Verkauf seines Anteils an der Immobilie als Voraussetzung für den (weiteren) Bezug von ALG I oder II besteht nicht. Dies folgt bereits daraus, dass in Ihrem Fall nicht jeder der Erben (Ehefrau und zwei Kinder) Eigentümer der Immobilie geworden sind, sondern eine sogenannte Erbengemeinschaft entstanden ist. Diese kann nur gemeinsam über das Erbe verfügen und ist Eigentümerin der Immobilie geworden. An dieser Erbengemeinschaft haben die Erben einen Anteil gem. Ihres gesetzlichen Erbteils (50% bzw. je 25%).
Es besteht seitens der Erbengemeinschaft keine dahingehende Verpflichtung den einen Erben weiterhin kostenlos in der Immobilie wohnen zu lassen. Vielmehr kann von diesem ein Nutzungsersatz verlangt werden. Er kann auch zum Auszug gedrängt werden, wenn er diesen nicht leitet, um die Immobilie weiter vermieten zu können. In diesem Fall stünde ihm allerdings als 25%iger Anteilinhaber der Anspruch auf 25 % der Mieteinnahmen zu. Diese wären dann im Übrigen ggf. für den Bezug des ALG I oder II anzurechnen.
Ein Verkauf der Immobilie ist nur mit Zustimmung aller Erben, also auch des Bruders möglich. Die Einräumung eines Wohnrechts wäre ebenfalls möglich, wobei die genau Ausgestaltung individuell vereinbart werden kann/muss.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Nadiraschwili, Rechtsanwaltt
Diese Antwort ist vom 22.05.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Alexander Nadiraschwili, LL.M.
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Rechtsanwalt Alexander Nadiraschwili, LL.M.
Fachanwalt für Steuerrecht
Vielen Dank für die sehr nützliche Antwort. Nur eine Nachfrage: Kann das Arbeitsamt die Auszahlung von ALG II mit dem Hinweis verweigern, dass der Antragsteller auf ALG über einen Anteil am Besitz einer Immobilie verfügt?
Gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Dies wäre erst der Fall wenn der Bruder entweder den entsprechenden Wert ausgezahlt bekommt oder Alleineigentümer des Grundstücks wird. Solange die Erbengemeinschaft besteht wird die Auszahlung von ALG II nicht verweigert. Dies ist so gerichtlich bereits entschieden.
Das Bundessozialgericht betont, dass die Erbschaft erst angerechnet wird, wenn dem Erben die Mittel zufließen.
Das führt natürlich unter Umständen zu Problemen für die anderen Miterben: Ein Miterbe, der Sozialleistungen bezieht (also der eine Bruder), hat daher ein erhebliches Interesse daran, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verzögern, bis er keine Sozialleistungen mehr benötigt. Das macht es für alle anderen Miterben schwerer das Erbe aufzuteilen.
Zu beachten ist noch, dass es Probleme bei der Leistungsgewährung von ALG II auch geben kann, wenn vorhandenes Vermögen verschwendet wird (also das Erbe von Ihrem Bruder einfach ausgeschlagen wird). Eine Leistungsgewährung wird nicht erfolgen, wenn die Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurde.
Dies kann auch in dem Verzicht auf einen Erbteil gesehen werden, wenn hierfür keine Gründe ersichtlich sind. Das ausgeschlagene Vermögen könnte in diesem Fall als fiktives Vermögen wieder angerechnet werden.
Wenn Ihr Bruder daneben auch noch auf seinen Pflichtteil verzichtet, ist es fraglich, ob Ihm ALG II in vollem Umfang zugesprochen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Nadiraschwili
Rechtsanwalt