Nachlassbeeinflussung durch Kontovollmacht eines Erben

18. Februar 2007 17:43 |
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Erbrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren Anwälte,

nach dem Tode meine Großmutter vor einigen Wochen, welche ein Testament hinterlassen hat, gibt es bezüglich der Nachlassverteilung in einem wesentlichen Punkt Klärungsbedarf.

Da mein Großvater schon vor einigen Jahren verstorben ist, hat meine Großmutter in Ihrem Testament ihre drei Töchter, sowie deren Kinder, als Erben benannt.
Die Nachlassverteilung in diesem Testament, welches vor gut 15 Jahren erstellt wurde, verhält sich wie folgt:

Tochter A (die mit der Großmutter in einem Haus wohnte und diese gepflegt hat) bekommt das schuldenfreie Haus und muss den Töchern B und C noch jeweils einen Betrag von 10000 DM zahlen (was auch so erfolgt ist).
Tochter B und C bekommen je zur Hälfte die zum Zeitpunkt der Testamentserstellung vorhandenen Sparkassenzertifikate, sowie Tochter B zudem noch einen laufenden Bausparvertrag.
Die Enkel sollen zu gleichen Teilen die Barmittel erhalten die nach Abzug von evtl. Unkosten noch auf den Sparbüchern sind.

Dieses Testament wurde vor gut 15 Jahren erstellt, meine Großmutter hat in diesem Testament zudem verfügt das Tochter B für Sie die Bankgeschäfte tätigen soll, falls sie selbst dazu nicht mehr in der Lage ist.

Tochter B tätigte dann auch, etwa seit dem Zeitpunkt der Testamentserstellung, die Bankgeschäfte für meine Großmutter.

Die Befürchtung ist nun das Tochter B die Kontovollmacht dazu genutzt hat um sich ihren Erbteil selbst zu erhöhen. Dies ist vermutlich in der Weise geschehen das sie die Gelder, in Form von Rentenzahlungen die meine Großmuter nicht aufgebraucht hat und sonst auf dem Sparkonto verbucht wurden, in eben diesen
Sparkassenzertifikaten angelegt hat, die Tochter B und c zur Hälfte erben sollen.

Es ist anzunehmen das Tochter B, die nicht nur Kenntnis vom Wortlaut des Testaments hatte sondern dieses sogar verwahrte, die Formulierung in eben diesem Testament so für sich deuten möchte, das auch alle nach dem Zeitpunkt der Testamentaufsetzung von ihr erworbenen Sparkassenzertifkate zu Gunsten Ihres Erbteils gerechnet werden.

Durch diese Praxis würden die Enkel, als Erben der Barmittel, erheblich benachteiligt.

Tochter B hat nun, ohne den übrigen Erben eine genaue Darstellung des Nachlasses zukommen zu lassen, den Enkeln einen Betrag zugewiesen, der nur einen Bruchteil, der seit dem Zeitpunkt der Testamentserstellung angefallenen Barmittel auf den Konten meiner Großmutter, ausmachen kann.
Tochter B hatte gegenüber einem der Enkel vor einigen Jahren einmal selbst geäußert welche Summe der Rente die von meiner Großmutter nicht benötigt wurde, angeblich regelmässig auf das Sparbuch überwiesen wurde.

Da der Gesetzgeber solch einen Gebrauch einer Kontovollmacht zur Selbsgestaltung seines Erbteils wohl kaum duldet, ergeben sich daraus meine Fragen:

1)Wie wertet man dieses Verhalten von Tochter B im rechtlichen Sinne und wie kann man juristisch dagegen vorgehen ?
Haben Sie evtl. Kenntnis über ähnlich gelagerte Fälle oder entsprechende Urteile, wie wurde dort entschieden ?

2)Gibt es eine Möglichkeit für die anderen Erben einen Einblick in den finanziellen Nachlass meiner Großmutter zu bekommen, möglichst mit Darlegung des Zahlungsverkehrs der entsprechenden Konten. Die Konten meiner Großmutter wurden allerdings von Tochter B bereits aufgelöst.
Wie ist dort die Vorgehensweise ?


Vielen Dank für Ihre Antworten.



18. Februar 2007 | 19:39

Antwort

von


(141)
Muldestr. 19
51371 Leverkusen
Tel: 0214 / 2061697
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Reinhard-Schweizer-__l103443.html
E-Mail:

Sehr geehrter Herr,

ich bedanke mich für Ihre Anfrage, die ich wie folgt nach Ihren Angaben und Einsatzes beantworten möchte:

1.)
Wenn Sie im Einzelnen darlegen und beweisen können, dass Tochter B die ihr erteilte Kontovollmacht in dem von Ihnen beschriebenen Sinne missbraucht hat, kommt der Straftatbestand der Untreue (§ 266 StGB ) in Betracht, der zur Anzeige gebracht werden kann.
Die Staatsanwaltschaft hätte dann das Ermittlungsverfahren zu eröffnen und anschließend zu entscheiden, ob die Sache eingestellt oder angeklagt werden soll.

Unter einer Untreue versteht man dabei die vorsätzliche Pflicht zur Betreuung (auch) fremder Vermögensinteressen durch Benachteiligung des zu Betreuenden.
Der Treuebruch ist dabei darin zu sehen, dass die dem Täter obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt wird.
Dies könnte nach Ihrer Schilderung hier gegeben sein.

2.)
Über den Bestand und Wert des Nachlasses kann sich ein Miterbe jederzeit in Kenntnis setzen und dazu ggf. die Mitwirkung der übrigen Miterben verlangen.
Hat – wie hier – ein Miterbe die Verwaltung allein geführt, ist er den anderen Erben nach §§ 666 , 681 BGB auskunftspflichtig (RGZ 81, 30 ).
Sie sollten daher Tochter B unter Fristsetzung auffordern, Ihnen den finanziellen Nachlass der Großmutter (z. B. in Form eines Nachlassverzeichnisses) mitzuteilen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte und weise bei Unklarheiten auf die kostenlose Nachfragefunktion hin.
Sollten Sie eine darüber hinausgehende Vertretung in Erwägung ziehen, empfehle ich Ihnen eine Kontaktaufnahme über die unten mitgeteilte E-Mail-Adresse. Einstweilen verbleibe ich

mit besten Grüßen
RA, Dipl.-Fw. Schweizer

E-Mail: reinhard.schweizer@gmx.net

Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, sodass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.


Rückfrage vom Fragesteller 19. Februar 2007 | 20:45

Sehr geehrter Herr RA Schweizer,

vielen Dank für die schnelle und informative Beantwortung meiner Frage.
Zu dem Ihrem unter Punkt 2 angesprochenen Aspekt der Auskunftspflicht nach §§ 666 , 681 BGB (RGZ 81, 30 ),hätte ich noch folgende Frage:
Ist es dem alleinigen privaten Nachlassverwalter, in diesem Fall Tochter B, freigestellt in welcher Form er das Nachlass-
verzeichniss erstellt, oder gelten dort bestimmte Anforderungen, wie etwa dem beibringen von Belegen über die getätigten Bankgeschäfte ?
Gibt es für die im Testament genannten Erben so ewtas wie einen Anspruch auf ein notariell beglaubigtes Nachlassverzeichnis ?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. Februar 2007 | 22:16

Sehr geehrter Herr,

Das Nachlassverzeichnis muss vollständig und lückenlos den Nachlass aufführen. Dafür gibt es in der Praxis entsprechende Vordrucke.
Ein Anspruch auf ein notariell beglaubigtes Nachlassverzeichnis gibt es insoweit nicht.
Besteht jedoch Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Auskunftspflichtige auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei (§ 260 Abs. 2 BGB ).
Zuständig dafür ist der Rechtspfleger des örtlich zuständigen Amtsgerichts.
Die Kosten der eidesstattlichen Versicherung trägt gem. § 261 Abs. 3 BGB , wer diese verlangt, im Regelfall also der Berechtigte.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben weitergeholfen zu haben.

Mit besten Grüßen
RA, Dipl.-Fw. Schweizer

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