Überstunden mit Gehalt abgegolten

27. April 2012 11:42 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Volker Greisbach

Im Arbeitsvertrag heißt es:

Grundsätzlich gilt die betriebsübliche Arbeitszeit (40 Stunden/ Woche). Der Mitarbeiter verpflichtet sich aber, soweit erforderlich und zumutbar ohne zusätzliche Vergütung über die betriebliche Arbeitszeit hinaus tätig zu werden.

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-Ich befinde mich zurzeit in den Vertragsverhandlungen.

-Ich bin Berufseinsteiger: Es handelt sich also nicht um eine Führungsposition.

-Überstunden sind sehr Branchenüblich (bis zu 10-20h Überstunden). Ich rechne also damit, das ich diese auch leisten werde. Es gibt keinen Tarifvertrag.

Meine Frage nun: Ist dieser Vertragsbestandteil ohne weitere Erwähnung von Vergütung oder Freizeitausgleich zulässig? Sollte ich den Vertrag so gar nicht erst annhemen?

Vielen Dank!

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Fragen aufgrund der von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen.

Die von Ihnen genannte Formulierung ist nicht klar und verständlich im Sinne von § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB und damit wohl gemäß § 306 Absatz 1 BGB unwirksam. Es handelt sich um eine sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingung.

Folge einer solchen Unwirksamkeit ist, dass die Überstunden abzugelten sind. Eine Vergütung gilt dann als stillschweigend vereinbart, da üblicherweise für eine Dienstleistung (Ihre Arbeitsleistung) eine Vergütung gewährt wird.

Eine Klausel im Arbeitsvertrag, nach der Überstunden mit dem Monatsgehalt abgegolten sind, muss den Umfang der ohne zusätzliche Vergütung zu leistenden Überstunden erkennen lassen. Bereits bei Vertragsschluss muss für den Arbeitnehmer feststehen, welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss. Dies ist bei einer pauschalen Abgeltung ohne Festlegung eines Höchstumfangs der zu leistenden Überstunden nicht der Fall.

Sinn und Zweck ist es, die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers so klar und präzise wie möglich zu umschreiben. Hierbei ist die Regelung einer pauschalen Vergütung von Überstunden nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen von Ihr erfasst werden.
Darüber hinaus besteht bei einer unklaren Pauschalierungsklausel die Gefahr, dass der Arbeitnehmer in der Annahme, er habe keinen Anspruch auf eine gesonderte Überstundenvergütung, seine Ansprüche nicht geltend macht.

Die Formulierung in Ihrem Beispiel lässt nicht erkennen, wie viele Stunden Sie höchstens arbeiten müssten, da keine Obergrenze der zu leistenden Überstunden angegeben wird. Eine Einschränkung erfährt die Klausel lediglich nur durch die Begriffe „erforderlich" und „zumutbar". Aber auch diese Formulierungen sind nicht klar und verständlich. Es bestünde somit die Gefahr, dass Sie bestehenden Ansprüche auf Überstundenvergütung infolge Unkenntnis nicht geltend machen würden.

Auch wenn eine solche Klausel wohl unwirksam wäre, so ist sie jedoch nach wie vor weit verbreitet in Arbeitsverträgen. Getreu dem Motto, wo kein Kläger, da kein Richter.
Auch ist es allgemein üblich, dass vermehrt Überstunden von den Arbeitnehmern geleistet werden, die weder bezahlt noch durch Freizeit ausgeglichen werden.
Ob Sie einen solchen Arbeitsvertrag unterschreiben oder entsprechend nachverhandeln sollten, können Sie nur selbst entscheiden. Es wird wohl maßgeblich davon abhängen, wie stark Ihre Verhandlungsposition ist und inwiefern Sie auf diese Stelle angewiesen sind.

Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben. Bitte beachten Sie, dass meine Ausführungen nur eine erste rechtliche Einschätzung auf der Grundlage Ihrer Angaben darstellen können. Die Antwort dient lediglich einer ersten überschlägigen rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.

Mit freundlichen Grüßen


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