Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich möchte sie auf der Grundlage Ihrer Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Ich unterstelle bei meiner Antwort zunächst, dass Ihr Arbeitgeber und Sie ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbart haben. Ihre Angaben deuten jedenfalls darauf hin.
Die Pflicht zur Karenzentschädigung bei Wettbewerbsverboten findet ihre Rechtsgrundlage in § 74 Handelsgesetzbuch (HGB
), ergibt sich hier jedoch bereits aus der vertraglichen Vereinbarung.
Festzustellen ist auch, dass es keinen rechtlichen Bedenken begegnet, dass sich der Arbeitgeber vorbehält "böswillig" unterlassenen Erwerb/Verdienst auf die Karenzentschädigung anzurechnen. Dies ist unumstritten in Rechtsprechung und Literatur anerkannt.
Dies zum besseren Verständnis vorausgeschickt, ist zu sagen, dass es vorliegend maßgeblich darauf ankommt, was unter "böswilligem Unterlassen" zu verstehen ist. Dabei kommt es grundsätzlich auf die Umstände des Einzelfalles an.
Bei der Auslegung ist entscheidend, welche sachlichen Gründen der Arbeitnehmer verfolgt. Allein wenn der Arbeitnehmer ohne hinreichenden sachlichen Grund seine Interessen vor die Interessen seines früheren Arbeitgebers setzt, kommt Böswilligkeit in Betracht (Moll, Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, §30 Rn. 92).
Böswillig ist ein Unterlassen, „wenn der Arbeitnehmer in Kenntnis der objektiven Umstände, nämlich der Arbeitsmöglichkeit, der Zumutbarkeit der Arbeit und der Nachteilsfolgen für den Arbeitgeber vorsätzlich untätig bleibt" (Weber, in: Staub Handelsgesetzbuch Großkommentar, §74c Rn. 13). Das Erfordernis der Kenntnis dieser Umstände beinhaltet die Notwendigkeit einer bewussten Schädigung des Arbeitgebers. Fahrlässiges Verhalten, auch grob fahrlässiges, reicht also nicht (Weber, aaO).
In Ihrem Fall kann meines Erachtens von einer bewussten Schädigung des Arbeitgebers nicht gesprochen werden.
Es liegen sachliche Gründe vor, die eine Böswilligkeit ausschließen.
Jedenfalls sind der Umzug in ein anderes Bundesland und der Erwerb neuer Kenntnisse, um sich selbständig machen zu können, anerkennenswerte sachliche Gründe, die dem Vorwurf der "Böswilligkeit" meines Erachtens erfolgreich entgegengesetzt werden können.
Die 4 Wochen Urlaub sind in der Tat diskutabel. Jedoch auch hier denke ich, dass ein Vorwurf der Böswilligkeit ausscheidet, zumal es menschlich ist, sich nach einem Lebensabschnitt und vor einem Neuanfang eine kurze Auszeit zu nehmen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, hat dies bei Ihnen sogar noch einen spirituellen Hintergrund.
Jedenfalls wäre Ihr Arbeitgeber in einem eventuellen Prozess, in dem er sich auf Böswilligkeit beruft, um seine Kürzungen zu rechtfertigen, voll darlegungs- und beweispflichtig, was Ihre Böswilligkeit an geht. Er müsste daher auch konkret beweisen, dass Sie anderweitige Einkünfte hatten oder anderweitigen Erwerb böswillig unterlassen haben.
Dieser Beweis ist sehr schwer zu führen, nicht zuletzt deshalb, weil der Arbeitgeber auch hinsichtlich der Höhe eines entgangenen Verdienstes voll darlegungs- und beweispflichtig wäre; und zwar konkret und substanziiert. Gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diesen Beweis zu führen, unterliegt er auch im Prozess.
Ich hoffe, Ihnen durch diese Antwort eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben. Über eine positive Bewertung würde ich mich freuen.
Für eine weitere Beauftragung stehe ich gerne zur Verfügung. Sollten Unklarheiten bestehen, bitte ich Sie, die kostenlose Nachfragefunktion in Anspruch nehmen.
An dieser Stelle möchte ich mir noch den Hinweis erlauben, dass die rechtliche Einschätzung ausschließlich auf den von Ihnen mitgeteilten Tatsachen beruht und dass durch das Hinzufügen oder Weglassen von weiteren tatsächlichen Angaben die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen kann.
Auch aus diesem Grunde, kann und soll diese Plattform eine umfassende Begutachtung durch eine Kollegen vor Ort nicht ersetzen, sondern lediglich eine erste Orientierung bieten.
Mit freundlichen Grüßen
Kerem E. Türker
Rechtsanwalt
Wettbewerbsverbot - Karenzentschädigung - Böswilligkeit
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Beantwortet von
Rechtsanwalt Kerem Türker
Sehr geehrte Frau Anwältin, sehr geehrter Herr Anwalt,
es geht bei mir um ein nachträgliches Wettbewerbsverbot und die dazugehörige Karenzentschädigung:
Details:
Ich habe meine Stelle bei Firma X ordentlich zum 30.06.11 gekündigt.
Mein Vertag vom Oktober 2008 beinhaltet ein Wettbewerbsverbot-Paragraph, der mir Kkorrekt und rechtmäßig erschient:
-Bereich des Verbotes ist begrenzt (Branche in der die Firma X tätig ist)
-Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf einer Tätigkeit in Europa.
- Dauer 1 Jahr
- Karenzentschädigung von 50% der zuletzt bezogenen Leistungen.
- „Auf die Entschädigung wird alles angerechnet, was der Arbeitnehmer während der Dauer des Wettbewerbsverbotes durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt"
Die Firma ist ein E-Commerce Unternehmen (reiner Online Shop) und ich bin im Marketing bereich tätig (Internationales Marketing – zuständig für Entwicklung uns Aufbau eines EU-Markts) .
Durch das Wettbewerbsverbot dürfte ich nicht für eine in der gleichen Branche der Firma X tätige Firma arbeiten - allerdings könnte ich eine Anstellung im Bereich Marketing bei einem E-Commerce Unternehmen anstreben, das in einer anderen Branche tätig ist.
Nun Meine Pläne:
1) Aus privaten Gründen werde in einer anderen Stadt (anderem Bundesland) umziehen.
2) Beruflich möchte ich mich umorientieren und mich selbständig machen (Existenzgründung – Bereich Gastronomie).
Es Stehen also in den ersten 3Monate nach Beendigung der jetzige Tätigkeit:
- Umzug in anderem Bundesland
– Aneignung wichtige Kenntnisse für die Existenzgründung (z.b. Rechnungswesen)
– Auszeit von 4 Wochen ( ein teil der Jakobsweg laufen)
Hier die Frage:
Aus meine Pläne ergibt sich dass ich für eine Zeitraum von circa 3 Monaten nach Beendigung meiner Tätigkeit keine anderweitige Tätigkeit ausüben werde.
Könnte mein Arbeitgeber wegen unterlassener anderweitiger Verdienstmöglichkeiten oder gar Böswilligkeit (insbesondere wegen den 4 Wochen auf dem Jakobsweg – nach dem Motto…ich mache ja nur Urlaub und will nicht arbeiten…) die Karenzentschädigung verweigern ?
(Bzw. sollte mein Arbeitgeber es machen) - würde er auf dem Rechtsweg gute Chancen haben?
Urlaub Urlaub Arbeitgeber Karenzentschädigung
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sehr verständlich erklärt - vielen Dank!
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