Pfändungsfreigrenze als Freiberufler bei Privatinsolvenz

31. Mai 2006 17:34 |
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Insolvenzrecht


Guten Tag!

Ich habe eine kurze Frage bzgl. Insolvenzrecht.
Im bin im Privatinsolvenzverfahren, das kurz vor Abschluß steht, also unmittelbar vor dem Übergang zur Wohlverhaltensphase.
Kürzlich hatte ich eine notwendige medizinische Zahnbehandlung (Zahnersatz) Die Krankenkasse hat einen Teil davon übernommen, ich selbst muß noch einen Privazanteil in Höhe von ca. 250 EUR leisten.
Muß ich diesen Betrag im Rahmen meines pfändungsfreien Einkommens begleichen?
Oder besteht die Möglichkeit diesen einmaligen Betrag über der Pfändungsfreigrenze zu bezahlen, also daß ich den pfändbaren Betrag, den ich an den Insolvenzverwalter abgeben muß, in diesem Monat um diese außergewöhnliche Belastung kürzen kann.

Mein Insolvenzverwalter gibt mir diesbezüglich keine Auskunft, da er keine Rechtsberatung machen darf. Ich solle mir diese Frage von meinem Anwalt beantworten lassen.

Vielleicht können Sie mir diesbezüglich auch folgende Frage beantworten:

Mein Insolvenzverwalter fordert zur Kontrolle meiner Einkünfte meine Jahreseinkommensteuererklärung.
Da ich freiberuflich tätig bin, habe ich monatlich unterschiedlich hohes Einkommen. Manchmal liege ich unter dem pfändbaren Einkommen, manchmal darüber.
In der Einkommensteuererklärung werden ja nur die Gesamteinkünfte des Jahres angegeben. Wenn ich insgesamt im Jahr weniger als 11.000 EUR Einküfte habe, liege ich auf den Monat runtergerechnet, unter der Pfändungsfreigrenze.

Muß ich dann trotzdem ein einzelnen Monaten, in denen ich die Freigrenze überschreite den entsprechenden Betrag abgeben, auch wenn ich z.B. im Folgemonat ihn deutlich unterschreite, so daß ich am Ende des Jahres immer noch unter 11.000 EUR (12x Freibetrag)liege?

Vielen Dank!



-- Einsatz geändert am 31.05.2006 17:41:13

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Frage beantworte ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt.

Die 250 € müssen Sie von dem pfändungsfreien Einkommen bestreiten. Das pfändbare Einkommen ist an dem Treuhänder abgetreten und untliegt nicht mehr Ihrer Verfügung. Sie können nicht zum Nachteil Ihrer Gläubiger auf dieses Einkommen zugreifen, um neue Schulden zu begleichen.

Da Sie jeden Monat das der Pfändung unterliegende Einkommen während der Wohlverhaltensperiode an den Treuhänder abtreten müssen, kann es hier meines Erachtens keinen Ausgleich zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Monaten geben.Das gleiche gilt auch für Arbeitnehmer, die teilweise Arbeiten und teilweise Arbeitslosengeld erhalten. Diese liegen auch manchmal über und manchmal unter der Pfändungsfreigrenze.

Mir ist diesbezüglich zumindest keine gegenteilige Rechtsprechung bekannt. Warum der Treuhänder Ihre Jahreseinkommensteuerklärung haben will erschließt sich mir daher nicht. Wenn er anhand derer das pfändbare Einkommen errechnet wird das zu dem von Ihnen gewünschten Ziel kommen.

Ich hoffe ihnen mit meiner Antwort weiter geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Patrick Honsel
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 1. Juni 2006 | 00:41

Guten Tag, Herr Honsel!

Danke für Ihre Antwort. Um sicher zu gehen, daß ich Sie richtig verstanden habe, erlauben Sie mir bitte folgende Nachfrage:

Sie schreiben: "Das pfändbare Einkommen ist an dem Treuhänder abgetreten und untliegt nicht mehr Ihrer Verfügung. Sie können nicht zum Nachteil Ihrer Gläubiger auf dieses Einkommen zugreifen, um neue Schulden zu begleichen"

Das kann man m.E. doch so pauschal nicht sagen, oder?
Beispiel:
Wenn ich als Freiberufler für einen Auftrag zu einem weiter entfernten Kunden fahren muß, und mir dadurch Fahrtkosten in Höhe von 500 EUR entstehen, kann man doch von mir nicht erwarten, daß ich diesen Betrag von meinem pfändungsfreien Einkommen bestreite. Das verfehlte ja den Sinn der Pfändungsfreigrenze.
Wenn dies im Beispiel der einzige Auftrag im Monat wäre und ich dafür dem Kunden 2.000 EUR in Rechnung stellen würde, dann sähe doch die Abrechnung folgendermaßen aus: 2000 EUR Einkommen, abzgl. 500 EUR Kosten zur Ausführung des Auftrags, abzgl. 980 EUR Pfändungsfreibetrag, ergibt einen pfändbaren Anteil in Höhe von 520 EUR, den ich an den Treuhänder abführen müßte.
Oder sehe ich das falsch?

Vielen Dank und viele Grüße!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 1. Juni 2006 | 08:40

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.

Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens ist es die Gläubiger möglichst umfassend zu befriedigen. Es ist daher reiner Gläubigerschutz, wenn Sie über das pfändbare Vermögen nicht ohne weiteres verfügen können.

Wenn Sie Ausgaben haben, mit denen Sie dann weit höhere Einnahmen erzielen können, wird es Ihnen durchaus gelingen, den Treuhänder und die Gläubiger notfalls zu einer Freigabe zu bewegen, um diese Ausgaben finanzieren zu können.

Ihre Möglichkeit zu investieren ist aber durch Ihr Insolvenzverfahren deutlich eingeschränkt, da die Gläubiger Ihnen hier reinreden können. Und denen wird, um es bildreich zu benennen, der Spatz in der Hand oft sinnvoller erscheinen als die Taube auf dem Dach.

Ihre wirtschaftliche Betätigungsmöglichkeit ist daher leider für die Zeit des Insolvenzverfahrens eingeschränkt.

Ich hoffe Ihnen trotz meiner Antwort weiter geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Patrick Honsel
Rechtsanwalt

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