Mietrecht/Mietvertrag Schönheitsreparaturen

1. März 2011 21:53 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Rechtsanwalt Matthias Juhre

Guten Tag,

Wir haben vor 7 Jahren mit unserem Mieter folgenden Mietvertrag geschlos-
sen:

Der Mieter übernimmt die Schönheitsre-
paraturen während der Mietdauer auf eigene Kosten. Zu den Schönheitsrepa-
raturen gehören Anstrich der Wände und Decken, dem das Anbringen einer weiß gestrichenen Rauhfasertapete gleichsteht, Reinigen von Teppichböden
Innenanstrich von Türen und Fenstern,Anstrich von Heizkörpern und Heizrohren, Beseitigen kleinerer Putz-
und Holzschäden.
1. Der Vermieter kann die fälligen Schönheitsreparaturen bereits während
der Laufzeit des Vertrages fordern, spätestens jedoch bei Ende des Mietverhältnisses, alle bis zu diesem Zeitpunkt nach dem Grad der Abnutzung und Beschädigung gemäß nachstehendem
Fristenplan erforderlichen Schönheitsreparaturen verlangen. Als
angemessene Zeitabstände der Schhön-
heitsreparaturen gelten in der Regel:
Wand-u. Deckenanstriche in Küchen, Bä-
dern und Duschen alle 3 Jahre, in Wohn-und Schlafräumen, Dielen u. Toiletten
alle 5 Jahre, in anderen Räumen alle
7 Jahre, Reinigen von Parkett- u. Tep-
pichböden alle 5 Jahre, Lackieren von Heizkörpern und Rohren, Innentüren,
Fenstern u. Außentüren von innen alle
6 Jahre. Die Fristen laufen ab Beginn
des Mietverhältnisses bzw. ab der letz-
ten während des Vertrages ordnungsge-
mäß durchgeführten Schönheitsreparatur.
3. Sind bei Ende des Mietverhältnisses Schönheitssreparaturen nach dem vorstehenden Fristenplan noch nicht
fällig, kann der Vermieter verlangen,
daß der Mieter einen Kostenanteil von
den Kosten zu tragen hat, die eine im Falle des vollen Fristenablaufes bei Ende des Mietverhältnisses durchzuführende Schönheitsreparatur verursachen würde. Der zu zahlende Kostenanteil errechnet sich regelmä-
ßig nach dem Verhältnis der im Fristenplan vorgesehenen vollen Frist und des Zeitraums, der seit Beginn des Mietverhältnisses bzw. seit der letzten vom Mieter ausgeführten Schönheitsreparatur bis zur Räumung abgelaufen ist. Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit länger als 1 Jahr zurück, zahlt der Mieter 20% der Renovierungs-
kosten, länger als 2 Jahre 40%, länger als 3 Jahre 60%, länger als 4 Jahre 80%. Die Kosten der Renovierung werden
im Zweifel nach einem Kostenvoranschlag eines vom Vermieter benannten Malerfachgeschäftes ermittelt. Die Selbstdurchführung der erforderlichen Schönheitsreparaturen bleibt dem Mieter unbenommen.
4. Die Kosten kleiner Instandhaltungen, die während der Mietdauer erforderlich werden, sind
vom Mieter zu tragen, soweit die Schäden nicht von anderen Vertragspart-
nern zu vertreten sind. Kleine Instandhaltungen umfassen nur das Behe-
ben von Schäden bis zum Betrag von EUR
50,-, im Einzelfall an Teilen der Wohnung, die dem direkten und häufigen
Zugriff ds Mieters ausgesetzt sind, wie z.B.Hähne und Schalter für Wasser, Gas unbd Strom,Bedienungselemente für Jalousien und Markisen, Verschlußvor-
richtungen für Fenster, Türen und Fensterläden, Spiegel, Verglasungen und Beleuchtungskörper, Gebrauchstelle der WC und Badezimmereinrichtung. Die Verpflichtung besteht nur bis zu einer jährlichen Gesamtsumme aller Einzel-
reparaturen von bis zu 8% der Jahres-
miete.

Zusätzlich haben wir handschriftlich folgende Sondervereinbarung getroffen:
"Die Wohnung wurde kpl. renoviert übergeben und ist beim Auszug dem Ver-
mieter im gleichen Zustand zurückzugeben!
Dies hat unser Mieter unterschrieben!

Nun haben wir unseren Mieter 14 Tage vor seinem Auszug informiert, daß er für die Schönheitsreparaturen beim Aus-
zug aufkommen muß, vor allen Dingen vor dem Hintergrund, daß er in den gesamten 7 Jahren nichts renoviert hat, nein, noch schlimmer alles total verwohnt hat. Diesen Brief hat er unbe-antwortet gelassen und unseren Brief einem Rechtsanwalt übergeben, der uns schrieb, unser Mieter müßte keinerlei Renovierungsarbeiten ausführen, selbst nicht die Reparatur der zerbrochenen Fliesen im Flur. Einen Teppichboden von uns hat er selbst entfernt, neuen weichen Stoff auf den Betonboden faltenweise gelegt und jetzt auf unsere Reklamation einfach abgerissen und uns den blanken Betonboden - ohne Leiste übergeben.
Er hat nur die Wände und Decken - teilweise schlecht - geweißt, sonst nichts gestrichen, dafür alles schmutzig hinterlassen, keine Nagel und Dübel entfernt usw.
Wir haben ein Übergabeprotokoll mit einem Zeugen aufgelistet mit einer Nachfrist zur Behebung der aufgeführten Mängel.Dieses Protokoll
hat er nicht anerkannt und nicht unterschrieben, weil er sich auf seinen Rechtsanwalt beruft und gegen
uns klagen will! (Wir haben noch seine Kaution von 1000,-)
Jetzt ist er ausgezogen - wir können die Wohnung nicht weitervermieten -und wir möchten keine falschen Schritte
unternehmen.
Was können wir tun? Das Schlimme ist, daß kaum einer die heut gültige Rechtslage kennt, sonst würde wohl der Rechtsanwalt der Gegenpartei uns nicht solche Briefe schreiben. Jeder Mietvertrag scheint anders auszusehen und teilweise nicht mehr zu gelten!

Vielen Dank im voraus für Ihre Antwort mit Angabe der entsprechenden Rechts-grundlage/Paragraphen/Urteile.

Sehr geehrter Fragesteller,

Die Frage, ob der Mieter wirksam verpflichtet worden ist Schönheitsreparaturen durchzuführen, kann offen bleiben. Denn da der Mieter selbst renoviert hat, haftet er für die Durchführung, auch wenn die Renovierungsklauseln im Mietvertrag unwirksam sein sollten (so die gefestigte Rechtsprechung, z. B. AG Hamburg, Urteil vom 11.09.2006 - 644 C 248/04 ). Sie haben also für eine schlecht durchgeführte Renovierung einen Schadensersatzanspruch, wenn die Wohnung vor der Weitervermietung nochmals fachgerecht renoviert werden muss (§§ 280 Abs. 1 , 241 Abs. 2 BGB ). Ergeben sich durch die Verzögerung weitere Schäden, insb. weil die Wohnung nicht termingerecht wieder vermietet werden kann, haben Sie auch insoweit einen Schadensersatzanspruch (Verzugsschaden).

Abgesehen davon haftet der Mieter grundsätzlich sowieso für alle Beschädigungen und Abnutzungen, die über den vertragsgemäßen Gebrauch (§ 538 BGB ) hinausgehen: zerstörte Fliesen müssen also ersetzt werden, ebenso die entfernte Auslegeware. Hinsichtlich der einzelnen Schadensposten müsste eine genaue Aufstellung gemacht werden. (Bei Anschaffung neuer Ausstattung sind dann allerdings, entsprechend der jeweiligen Lebensdauer Abzüge "neu für alt" zu machen.)

Für eine genauere Beurteilung müssten die Argumente des gegnerischen Rechtsanwalts bekannt sein. Auf den ersten Blick erscheinen die zitierte Vertragsklauseln jedoch nicht unwirksam (typische Fehler wie z. B. starre Fristen sind nicht ersichtlich). Abgesehen davon kommt es auf diese Frage, wie gesagt, auch gar nicht an. Warum der Anwalt des Mieters meint, dieser sei für die Schäden nicht verantwortlich, ist nicht nachvollziehbar.

Sollte es zur Klage auf Rückzahlung der Kaution kommen, sollten Sie mit Ihren Schadensersatzforderungen aufrechnen und den überschießenden Teilbetrag per Widerklage einfordern. Sie können auch selbst klagen.

Ein Problem ist die Beweissicherung. Sie haben die Möglichkeit, die Schäden selbst zu dokumentieren, bevor Sie die Renovierung in Auftrag geben (Foto/Video als Augenscheinsbeweis und/oder Zeugen). Es gibt auch die Möglichkeit des sog. selbständigen Beweisverfahrens: In dem Fall wird ein gerichtlicher Sachverständiger die Schäden begutachten, wobei das Ergebnis der Beweisaufnahme dann in einem späteren Prozess verwertet werden kann.

Am besten suchen Sie einen Anwalt in Ihrer Nähe auf und lassen sich über die beste Vorgehensweise dort näher beraten. Da die Gegenseite bereits anwaltlich vertreten ist, sollten Sie für "Waffengleichheit" sorgen, um keine Fehler zu machen.


Mit freundlichen Grüßen

M. Juhre
Rechtsanwalt

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