Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, Gerichtskosten gegen Bauträger

2. Oktober 2020 10:59 |
Preis: 52,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Guten Tag,


Es besteht eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft. 6 von insgesamt 8 Wohneigentumseinheiten haben die Übergabe des Gemeinschaftseigentums wegen angeblicher Mängel nicht anerkannt und haben die letzte(n) Rate(n) gegenüber dem Bauträger zurückgehalten, sind also noch nicht als Besitzer im Grundbuch eingetragen.
Ich habe alle Raten bezahlt und gehöre nun zu den 2 bereits im Grundbuch eingetragenen Eigentümern. Somit habe ich der Übergabe des Gemeinschaftseigentums gegenüber dem Bauträger zugestimmt.

In der letzten außerordentlichen werdenden Eigentümerversammlung wurde nun aber per Abstimmung und Mehrheitsbeschluss beschlossen mit einem Rechtsanwalt und wenn nötig auch gerichtlich wegen etwaiger Mängel am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger vorzugehen. Ich habe gegen diesen Beschluss gestimmt, werde nun jedoch vom Verwalter aufgefordert mich dem mehrheitlichen Beschluss der Versammlung zu beugen und ebenfalls meinen Anteil an den Gerichtskosten und Kosten für einen Rechtsanwalt zu zahlen.

Seit der Abstimmung auf der Eigentümerversammlung ist noch kein Monat vergangen.


Kann ich von der werdenden Eigentümergemeinschaft einfach dazu "gezwungen" werden gegen den Bauträger gerichtlich vorzugehen?


Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen

2. Oktober 2020 | 14:31

Antwort

von


(910)
Hussenstraße 19
78462 Konstanz
Tel: 07531-9450300
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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Schilderung summarisch gerne wie folgt beantworte:

Sofern Sie den Beschluss nicht fristgerecht im Sinne von § 46 WEG anfechten, dürfte er für sämtliche Wohnungseigentümer, also auch für Sie, bindend sein. Eine abschließende Beurteilung ist erst nach Prüfung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung möglich. Da die Anfechtungsfrist Ihren Angaben zufolge aber noch nicht abgelaufen ist, sollten Sie eine entsprechende Klage erheben bzw. durch einen Rechtsanwalt erheben lassen – in diesem Zusammenhang stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Böhler
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 5. Oktober 2020 | 15:03

Guten Tag,

in unserem Bauträgervertrag, geschlossen mit dem Bauträger , steht, dass wir allein (ohne die Miteigentümer) einer Abnahme zustimmen können. Der Notar wies insbesondere auf die gesetzliche Regelung des §640 Abs. 1 Satz 3 BGB hin. Das Gemeinschaftseigentum ist von jedem der Käufer selbständig abzunehmen. Die Teilungserklärung sagt zu diesem Sachverhalt nichts aus. Eine Abnahme ist ein individuelles Recht des einzelnen Erwerbers aus dem jeweiligen Bauträgervertrag.

Aus dieser Bestimmung heraus müssen wir aus unserer Sicht auch selbst bestimmen können, ob wir wegen Mängel (aus unserer Sicht nicht so gravierend) mitklagen wollen oder nicht. Ansonsten würde das individuelle Recht der Abnahme aus dem Bauträgervertrag ja nichtig sein. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Abnahme und Mängelrechte.

Wenn ¾ der Eigentümer (von denen alle noch mindestens die letzte Rate noch nicht bezahlt haben) wegen Baumängel den Bauträger verklagen möchten, sind dann diejenigen die schon bezahlt haben und der Abnahme zugestimmt und schon im Grundbuch eingetragen sind, verpflichtet sich an einem Mängelbeseitigungsverfahren zu beteiligen?

Wir möchten gegen den Bauträger nicht klagen und auch ansonsten keine weiteren Kosten wie Gutachter etc. auf uns nehmen, weil wir eine Klage eher für erfolglos halten.

Außerdem halten wir den Streitwert für zu hoch angesetzt und die Mängel könnten leicht und schnell behoben werden. Wir möchten, dass die Mängelrechte am Gemeinschaftseigentum nicht vergemeinschaften werden.

Vielen Dank für Ihre Mühen!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. Oktober 2020 | 15:43

Sehr geehrter Ratsuchender,

Ihre Nachfrage beantworte ich gerne wie folgt:

Wie gesagt kann Sie ein nicht fristgerecht angefochtener Beschluss binden. § 640 Abs. 1 BGB hat keinen S. 3, weshalb hier eine weitere Prüfung nötig ist. Die Teilungserklärung ist auf die Bindungswirkung zu prüfen. Im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum ist eine Kostentragungspflicht auch der Eigentümer möglich, die keine Mängel reklamieren. Um Ihre Rechte und auch etwaigen Schadenersatzansprüche zu wahren, sollte der Beschluss wie gesagt angefochten werden.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Böhler
Rechtsanwalt

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