Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Das Gebäudedach als solches kann nicht Gegenstand von Sondereigentum sein (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 11.4.2008, I-3 Wx 254/07
). Dies folgt aus § 5 Abs. 2 WEG
: Danach sind Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Korrespondierend dazu beschränken § 1 Abs. 2
und 3, § 3 WEG
die Begründung von Sonder- und Teileigentum auf Wohnungen und nicht zu Wohnzwecken dienende Räume.
Dies gilt auch für den Schutz und die Isolierung erforderliche Dachbelag (Dachziegel, Teerpappe); hierbei handelt es sich um zwingendes Gemeinschaftseigentum (BayObLG, Beschluss v. 30.3.2000, 2Z BR 2/00
).
Dachfenster sind ebenfalls gemeinschaftliches Eigentum. Eine Aufteilung in Außenseite als Gemeinschaftseigentum und Innenseite als Sondereigentum ist hier unzulässig (AG Münster, Beschluss v. 24.4.1985, 26 II 71/84; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 14.1.1985, 11 W 102/84
).
Eine Dachterrasse ist Gemeinschaftseigentum, kann aber in der Teilungserklärung grundsätzlich zum Sondereigentum bestimmt werden, selbst wenn sie nicht von allen Seiten umschlossen ist (BGH, Urteil v. 21.2.1985, VII ZR 72/84
, NJW 1985, 1551
; AG Bad Cannstatt, Beschluss v. 24.1.1991, 5 GR 285/90). Hierbei erstreckt sich das Sondereigentum an der Dachterrasse jedoch auf den Terrassenraum und den begehbaren Bodenbelag, der weder konstruktive noch isolierende Funktion hat und dessen Ausgestaltung allein vom Komfortbedürfnis und Geschmack des jeweiligen Eigentümers abhängig ist (AG Bad Cannstatt, a.a.O.). Die darunterliegenden konstruktiven Bestandteile und Schichten der Abdichtung und Isolierung, also Bodenplatte, Isolierungsschichten (Feuchtigkeit, Wärmedämmung), Brüstung, Gitter etc., sind zwingend Gemeinschaftseigentum (BayObLG, Beschluss v. 17.12.1993, 2Z BR 105/93
; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 20.6.1979, 3 W 134/79
).
Sie wollen im Grunde gemeinschaftlich bebautes und genutztes Dacheigentum unter Ausschluss eines Sondereigentümers.
M.E. wäre es hier einfacher, wenn der nicht beteiligungswillige Sondereigentümer gegenüber den übrigen Sondereigentümern durch notariellen Vertrag gegen Zahlung einer einmaligen Abfindung von 5.000,- € unwiderruflich und für seine Rechtsnachfolger auf die Ausübung seiner Rechte aus dem Gemeinschaftsbereich hinsichtlich des Dachbereichs verzichtet, insbesondere was einen Ausbau und die Nutzung anbelangt (§ 10 Abs. 1
, letzter Halbsatz und Abs. 2 Satz 2, § 15 WEG
). Zugleich ist diese Nutzungs- und Mitbestimmungsbeschränkung des betreffenden Sondereigentümers im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums einzutragen (§ 10 Abs. 3 WEG
). Ferner müssen die Gemeinschaftseigentümer gemäß § 16 Abs. 3 und 4 WEG
regeln, dass der Sondereigentümer hinsichtlich des Dachausbaus und der Nutzung von finanziellen Pflichten gegenüber der Eigentümergemeinschaft freigestellt wird, und die übrigen Eigentümer anteilig seinen Kostenanteil insoweit übernehmen, er umgekehrt auf Auskehrung etwaiger Gewinne aus einer Dachnutzung (z.B. Vermietung) verzichtet.
Eine solche Regelung erscheint mir einfacher, als der Weg, das Gemeinschaftseigentum an Dachaufbauten auf die Eigentümer 1 - 6 als Sondereigentum zu übertragen. Denn dann stellt sich die Frage, wie und welche Bereiche des Dachausbaus den einzelnen Sondereigentümern (soweit die Begründung von Sondereigentum überhaupt zulässig ist, s.o.) zugeordnet werden sollen. Es müsste dann Sondereigentum an den Dachaufbauten gebildet werden durch eine Teilungserklärung, der alle WEG-Mitglieder zustimmen müssen. Hierüber müsste ein gesondertes Grundbuchblatt angelegt werden. Dann müsste das Sondereigentum am Dachausbau von der WEG an die Sondereigetümer 1 - 6 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragen werden, und dies müsste im Grundbuch eingetragen werden. Bei der Festlegung des für die Übertrageung geschuldeten Preises sind die Vertragschließenden frei. Es ist auch möglich, hier einen lediglich symbolischen Betrag festzulegen, da es - mit Ausnahme des einen ausscheidenden Eigentümers - nicht zu einer wirtschaftlichen Wertverschiebung kommt. Der ausgebaute Dachbereich wäre dann nicht Teil der gemeinsamen Verwaltung der WEG, sondern die Sondereigentümer 1 - 6 müssten den ausgebauten Dachbereich nach innen gesondert verwalten. Insoweit müsste ein Gesellschaftsvertrag zwischen den Sondereigentümern 1 - 6 geschlossen werden, der auch das Ausscheiden wegziehender und den Eintritt neuer Mitglieder in die Gesellschaft regeln müsste. (Es gibt hier folgende Möglichkeiten: Entweder alle sechs Sondereigentümer werden als GbR-Gesellschafter ins Grundbuch einzeln eingetragen, wobei aber die GbR die neue Sondereigetümerin ist, oder es wird lediglich die Gesellschaft ins Grundbuch eingetragen. Letzteres erleichtert den Wechsel einzelner Gesellschafter. Was nicht zu empfehlen ist, ist die Eintragung der Sondereigentümer als sog. Gemeinschaft, denn dann kann jeder Sondereigentümer jederzeit die Auseinandersetzung durch öffentliche Versteigerung verlangen.) Diese Gesellschaft wäre dann auch der Vertragspartner gegenüber Bauunternehmern beim Ausbau bzw. Instandhaltung oder Veränderung des Dachbereichs. Es würden dann im Ergebnis zwei parallele Verwaltungsstrukturen bestehen. Einmal die WEG-Verwaltung, das andere Mal die für den Dachbereich zuständige Sonderverwaltung nach Gesellschaftsrecht.
Hinsichtlich der anfallenden Notarkosten für die Begrünung von zusätzlichem Sondereigentum gilt § 21 Abs. 2 KostO
:
"(2) Bei der Begründung von Wohnungseigentum (Teileigentum) sowie bei Geschäften, die die Aufhebung oder das Erlöschen von Sondereigentum betreffen, ist als Geschäftswert die Hälfte des Werts des Grundstücks (§ 19 Abs. 2) anzunehmen."
Es ist also die Hälfte des Grundstückswerts als Gegenstandswert zu ermitteln. Für die Beurkundung wird eine volle Gebühr (10/10) gemäß § 32 Abs. 1 KostO
fällig. Die Höhe der Gebühr ist abhängig vom Gegenstandswert und ergibt sich im Einzelnen aus Werttabellen zur KostO. Ich kenne den Grundstückswert nicht, aber Sie werden mit Kosten im vierstelligen Bereich zu rechnen haben.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.
Gerne stehe ich Ihnen für ein angemessenes, meinen Zeitaufwand und Haftungsrisiko deckendes Honorar weiterhin zur Verfügung. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ein Einsatz von 80,- € nicht für die komplette Ausarbeitung von Gesellschafts- und Übertragungsverträgen ausreicht.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Neumann
Rechtsanwalt
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01067 Dresden
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Diese Antwort ist vom 09.12.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Carsten Neumann
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Rechtsanwalt Carsten Neumann
Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich nimm an dieser Stelle gerne Anspruch auf mein Anrecht auf eine Nachfrage. Vereinfacht gesagt: Wir 7 Gemeineigentümer haben unterschiedliche Anteile am Gemeineigentum (basierend auf unterchiedlich grossen Wohnungen), an diesem "Sondereigentum" sollen wir 6 Sondereigentümer gleiche Anteile besitzen (wir bauen ja gemeinsam, jeder beteiligt sich mit dem gleichen Investment) Mir ist noch nicht klar, wo das festgesetzt wird bei Ihrer Darlegung: In der Teilungserklärung "der alle WEG-Mitglieder zustimmen müssten"? Oder beim Eintrag der GbR, der "neuen Sondereigentümerin" wie Sie sie es nennen, wo auch geregelt ist, dass jeder gleichen Anteil an Kosten und etwaiger Gewinne hat?
Sehr geehrter Fragesteller,
rechtstechnisch gibt es zwei Möglichkeiten, Sondereigentum am Dach zu bilden:
a)
Durch Teilungserklärung der 7 Gemeinschaftseigentümer wird der (zu errichtende) Dachaufbau in sechs gleich große Sondereigentumsanteile aus dem Gemeinschaftseigentum ausgegliedert, wobei dann jeweils ein Anteil auf einen Eigentümer als Sondereigentum übertragen wird. Die jeweiligen Sondereigentumsanteile am Dach können dann unter eigenen Wohnungsgrundbuchblättern im Grundbuch geführt werden, oder sie können mit den bereits vorhandenen Sondereigentumsanteilen jeweils vereinigt werden.
b)
Durch Teilungserklärung der 7 Gemeinschaftseigentümer wird der zu errichtende Dachaufbau als einheitliches Sondereigentum ausgegliedert, wobei nur ein Grundbuchblatt angelegt wird. Sondereigentümer wird eine GbR, an der jeder der sechs Eigentümer beteiligt ist (mit gleichem Stimmrecht und gleichem Gewinn- und Verlustanteil).
Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt