Verwertungsrechte eines Treuhänders

1. Oktober 2008 15:58 |
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Generelle Themen


Liebe Anwälte!

Ein bekannter von mir hat folgendes Problem:

Er ist als Treuhänder in Geschäftsführer- und Gesellschafterfunktion in einer GmbH eingesetzt, die jedoch nur eigenes Vermögen verwaltet. Das Vermögen besteht aus einer einzigen Liegenschaft. Erst vor wenigen Wochen hat er es aus eigenen Mittel aus der Zwangsversteigerung gerettet. Diese vorauslagten Beträge hat er von den Treugebern auch wiederbekommen. Nicht jedoch seine eigenen Kosten für die Treuhandschaft. Ferner schuldet die Gesellschaft noch anderen Gläubigern Geld. Mit kurzen Worten: Er hat die Schnautze voll und will das Objekt verkaufen. Es hat einmal 50.000 Euro gekostet, momentan existiert ein pot. Käufer für 100.000 Euro. Die Verwertungsabsicht hat er schon vor Wochen unter Fristsetzung angezeigt per Einschreiben mit Rückschein, alle Fristen sind jedoch ergebnislos verstrichen. Nunmehr möchte er verwerten und den Treugebern das Geld nach Abzug seiner eigenen Forderungen, bzw. der fremden noch offenen Forderungen und anfallenden Steuern erstatten und sodann die Gesellschaft liquidieren.

Die große Frage ist: Darf er das? Oder muss er die Zwangsversteigerung beantragen, bei der aber weniger rauskommen würde als beim Verkauf?

Er hat den Treugebern sogar angeboten, selber die Gesellschaft bzw. das Objekt zu übernehmen, bislang jedoch auch ohne Erfolg.
Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Frage. Bitte bedenken Sie, dass an dieser Stelle nur eine erste Einschätzung möglich ist.

Die Frage kann anhand Ihrer Angaben nicht sicher beantwortet werden. Es gibt mehrere Arten der Treuhand und diese wird durch Treunhandvertrag begründet. In Ihrem Fall könnte eine doppelseitige Treuhand vorliegen, oder eine Verwaltungstreuhand. Welche Rechte der Treuhänder im Verhältnis zum Treugeber hat, bestimmt sich aus dem Vertrag. Bei einer Vollrechtsübertragung erwirbt der Treuhänder Eigentum und ist dem Treugeber nur schuldrechtlich verpflichtet.

Im Ergebnis kommt es auf die gewählte Vertragsform an, wobei eine Befugnis zur Liquidation der GmbH im Regelfall nicht gegeben sein wird, es sei denn dieses Recht ist dem Treuhänder ausdrücklich eingeräumt.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und Familienrecht
Rückfrage vom Fragesteller 1. Oktober 2008 | 17:18

ja, genau das ist eben das Problem. Der Treuhandvertrag enthält hierzu keinerlei Regelungen. Fahrlässig wie sich nun zeigt, aber im Treuhandvertrag sind nunmal nur die Bezahlung sowie wirtschaftliche Berechtigte, steuerliche Verantwortung bei Gewinnauszahlungen usw. geregelt. Die Rechte des Treuhänders im Falle von Zahlungsrückständes des Treugebers zulasten des Treuhänders fehlen leider. Inzwischen hat der Treuhänder die Verträge ohnehin überarbeitet, aber das betrifft nunmal diesen Vertrag leider noch nicht wirklich. Hier dürften insoweit die gesetzlichen Bestimmungen gelten. Ob er nun darf oder nicht, geht es bei meiner Frage in erster Linie um die zivilrechlichen Chancen des Treugebers, gegen den Treuhänder Schadensersatz geltend zu machen, den er ja schließlich aus meiner Sicht sehr schwer beziffern könnte.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 1. Oktober 2008 | 19:39

Sehr geehrter Fragesteller,

ich sehe die Chancen auf Schadensersatz für den TG gegen den TH als gering an. Wenn der Treuhänder in der Position des alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers ist, dann kann er grundsätzlich im Aussenverhältnis das Grundstück veräußern. Ob er sich dadurch schadensersatzpflichtig macht, ist eine Frage des Innenverhältnisses. Gerade wenn der Vertrag nichts regelt, spricht alles gegen eine Schadendersatzpflicht. Im Zweifel sind die gesetzlichen Vorschriften der Stellvertretung hernzuziehen. Wenn sich keine Beschränkung der Vollmacht nach außen ergibt, dann ist Sie unbeschränkt. Ein Verkauf würde außerdem nach Ihren Angaben im wirtschaftlichen Interesse der GmbH liegen. Der TH kann nach meiner Sicht tätig werden. Ich betone aber, dass es sich hierbei um eine erste Einschätzunganhand der Informationen handelt. Ohne Kenntnis des Vertrages und sonstiger relevanter Unterlagen ist eine Festlegung nicht möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und Familienrecht

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