Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Der Unterhaltsanspruch Ihrer Tochter umfasst die Kosten einer Ausbildung zu einem Beruf bzw. für einen berufsqualifizierter Abschluss, § 1610 Abs. 2 BGB.
Nun ist zu unterscheiden, ob es sich bei dem angestrebten Aufbaustudium um eine notwendige Weiterbildung oder eher um ein Zweitstudium handelt. Nur im ersten Fall hat die Tochter einen weiteren Unterhaltsanspruch.
Bei einem Bachelor Abschluss ist i.d.R. ein Masterstudiengang als Aufbaustudium von den Eltern weiter zu finanzieren, wenn sich der Bachelor-Masterstudiengang als einheitliche Ausbildung darstellt.
Ein Master-Studiengang ist also dann von den Eltern zu fördern, wenn er dem Bachelor-Studiengang zeitlich unmittelbar nachfolgt und inhaltlich darauf aufbaut, indem er die dort erworbenen Kenntnisse vertieft oder erweitert, OLG Brandenburg 10 UF 161/10
Da Sie schreiben, dass die Tochter erst nach längerer Pause sich für ein weiteres Studium entschlossen hat, liegt der zeitlich unmittelbare Zusammenhang nicht vor. Eine Unterhaltspflicht entfällt somit, da dann davon auszugehen ist, dass es sich um zwei voneinander unabhängige Studien handelt bzw. es keine konsekutiv einheitliche Ausbildung ist.
Ihre Tochter ist also darauf zu verweisen, dass sie selbst für ihren Unterhalt verantwortlich ist.
Nur der Vollständigkeit halber, wenn also eine Unterhaltspflicht Ihrerseits zu prüfen wäre, dann wäre zuerst der Ehemann Ihrer Tochter unterhaltspflichtig. Ist er dazu (unverschuldet) nicht in der Lage, wären Sie wieder in der Pflicht. Die Halbwaisenrente wäre aber voll auf ihren Bedarf von 670 Euro als Einkommen anzurechnen. Das Vermögen müsste sie sich nicht anrechnen lassen, wenn es sich um angemessene Ersparnisse handelt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Herzlichen Dank für Ihre schnelle und hilfreiche Antwort.
Zum besseren Verständnis:
- das Zweitstudium ist themenverwandt, aber nicht zwinged für die Berufsausübung notwendig. Wie wird das betrachtet?
- ab welcher Länge wird die Pause gewöhnlich als 'lang' betrachtet?
Mit den besten Grüßen
Guten Tag,
zu Ihrer Nachfrage folgendes:
Dass die Eltern dem Kind grundsätzlich EINE Ausbildung i.S.v. § 1610 Abs. 2 BGB schulden, ist wörtlich zu nehmen.
Die Rechtsprechung lässt zwar eine Reihe von Ausnahmen von diesem Grundsatz zu,
- wenn die Zweitausbildung von Beginn an im Einverständnis mit den Eltern geplant war
- wenn der erlernte Beruf aus gesundheitlichen oder ähnlich schwerwiegenden Gründen nicht ausgeübt werden kann
- und bei mehrstufigen Ausbildungen, wenn die Ausbildung als eine einheitliche zu betrachten ist (bei Lehre und sich direkt anschließendem Studium, sowie beim Bachelor - mit darauffolgendem Masterstudiengang (wie bereits erwähnt))
aber nur wenn die Interessenabwägung zugunsten des Kindes ausfällt. So kann einem begabten, zielstrebigen Kind, das erfolgreich eine Lehre absolviert hat, nicht verwehrt werden, im Anschluss ein sachbezogenes Studium aufzunehmen. Ebenso bei den Bachelor- Master-Fällen, gerade auch, wenn der Master erst Zugang zu einem Beruf verspricht.
In Ihrem Fall nehme ich an, dass Ihre Tochter keinen Masterstudiengang belegt, so dass es sich wirklich um ein Zweitstudium handelt, dass keinen der Ausnahmetatbestände darstellt, und von Ihnen nicht mehr unterhalten werden muss. Die ledigliche Sachnähe eines Zweitstudiums zu einem Erststudium kann nicht zu weiteren Unterhaltsansprüchen führen, anderenfalls die Unterhaltspflicht von Eltern unzumutbar erweitert werden würde.
Der zeitliche Aspekt würde in Ihrem Fall also gar keine Rolle mehr spielen, da Sie dem Anspruch auf Ausbildungsunterhalt bereits nachgekommen sind.
Es wäre aber zeitlich nicht mehr hinnehmbar, wenn die Tochter bereits im Beruf gearbeitet hätte oder den erstmöglichen Termin für das Aufbaustudium nicht wahrgenommen hätte. Erforderlich ist nämlich ein „enger zeitlicher Zusammenhang". Denn bei einem längerem Zuwarten können Eltern davon ausgehen, dass sich die Unterhaltsverpflichtung erledigt hat und müssen nicht mehr mit weiteren Unterhaltslasten rechnen, OLG Brandenburg Beschl. v. 27.6.2007 – 9 WF 88/07
Mit freundlichen Grüßen
A. Schmidt-Fröhlich
Rechtsanwältin