Unrechtmäßiger (Weiter-)Bezug von Kindergeld nach Umzug ins Nicht-EU-Ausland

15. September 2013 18:20 |
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Sozialrecht


Beantwortet von


20:29
Gehen wir einmal von folgendem Fall aus:

Eine Nicht-EU-Bürgerin – nennen wir sie einmal Frau Sanchez – zieht nach Deutschland und heiratet kurze Zeit später 1998 einen deutschen Staatsbürger in Deutschland, sie bekommen ein Kind, das fortan die deutsche Staatsbürgerschaft und einen deutschen Paß hat. Kurze Zeit später wird die Ehe geschieden. In Folge erhält Frau S. als Ausländerin eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland. Im Jahre 2010 lernt Frau S. einen in Deutschland stationierten US-Soldaten kennen, den sie kurze Zeit später heiratet. Aus dieser 2. Ehe geht ebenfalls ein Kind hervor (Staatsbürgerschaft und Paß müßten erneut deutsch sein). Für beide Kinder erhält Frau S. vom deutschen Staat Kindergeld. Im Jahre 2012 geht sie zusammen mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern in die USA, wo sie bis dato leben. Sie ist weiterhin bei Verwandten in Deutschland polizeilich gemeldet, um damit eine eventuell angestrebte spätere Rückkehr nach Deutschland zu erleichtern.

Obwohl Frau S. in die USA gezogen ist, stellt sie fest, monatlich weiterhin Kindergeld für beide Kinde auf ihr deutsches Girokonto überwiesen zu bekommen, worüber sie sich zunächst freut, im Verlauf aber zunehmende Sorgen macht. Um nicht rechtlich in Schwierigkeiten zu bekommen, möchte sie nun zum Jahreswechsel 2013/2014 das Kindergeld „abbestellen", fragt sich aber, wie sie das tun soll. Zum einen würde kein „normaler" Mensch ohne triftigen Grund auf Kindergeld verzichten (und sich damit verdächtig machen), zum anderen würde bei Angabe des Grundes, nämlich dem Umzug/Wegzug in die USA, unweigerlich die Nachfrage kommen: ab wann? Dieser wäre dann ggf. gegenüber der Kindergeldstelle mit entsprechenden Dokumenten zu belegen, die wiederum kenntlich machen würden, daß Frau S. seit nunmehr ca. 2 Jahren unrechtmäßig Kindergeld bezogen hat.

Meine Fragen:

1) Mit welchen rechtlichen Konsequenzen hätte Frau S. zu rechnen, wenn der unrechtmäßige Bezug von Kindergeld geahndet werden würde? Könnte Sie in den USA bzw. anderswo im Ausland dafür belangt werden? Wie lange wären die Verjährungsfristen?

2) Wie wäre es Frau S. möglich, zum Jahreswechsel 2013/2014 die Kindergeldzahlung einstellen zu lassen, ohne sich mit damit selbst rechtlich zu belasten?

3) Was würden Sie in diesem geschilderten Fall sonst noch empfehlen?

Vielen Dank für Ihre Antwort!
15. September 2013 | 19:37

Antwort

von


(951)
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44145 Dortmund
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:







Frage 1:
"Mit welchen rechtlichen Konsequenzen hätte Frau S. zu rechnen, wenn der unrechtmäßige Bezug von Kindergeld geahndet werden würde?"




-) Sie macht sich zum einen nach § 370 AO wegen Steuerhinterziehung strafbar.

-) Sie setzt sich Rückforderungsansprüchen der Familienkasse aus nebst Zinsen und Säumniszuschlägen.





Frage 2:
"Könnte Sie in den USA bzw. anderswo im Ausland dafür belangt werden? Wie lange wären die Verjährungsfristen?".


Selbstverständlich. Man muss sie nur ausfindig machen und die Auslieferung beantragen.


Strafverfolgungsverjährung ist frühestens 5 Jahre nach Beendigung der Tat zu erwarten, § 78 III Nr. 4 StGB. Sie kann aber durch Unterbrechenstatbestände nach § 78 c StGB verlängert werden.





Frage 3:
"Wie wäre es Frau S. möglich, zum Jahreswechsel 2013/2014 die Kindergeldzahlung einstellen zu lassen, ohne sich mit damit selbst rechtlich zu belasten?"



Sicher ist das möglich. Rechtlich belastet ist Sie aber ohnehin bereits schon jetzt durch die Nichtangabe des Umzuges in die USA.


Denn sämtliche Veränderungen, die Frau S. und deren Kinder betreffen und für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, mussten der zuständigen Familienkasse unverzüglich mitgeteilt werden.





Frage 4:
"Was würden Sie in diesem geschilderten Fall sonst noch empfehlen?"


Frau S sollte bedenken, dass die ganze Sache ohnehin in naher Zukunft aufgedeckt wird, weil ja z.B. auch die Schulbescheinigung der Kinder bei der Familienkasse einzureichen ist.


Durch weiteres Entgegennehmen der Kindergeldzahlungen vergrößert sie zudem den Schaden, was sich negativ auswirken wird.


Zudem nimmt sie sich die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige gem. § 371 AO.
Denn wenn die Familienkasse erst selbst aufdeckt, dass etwas nicht stimmt, entfällt diese Möglichkeit.






Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Raphael Fork, Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Raphael Fork

Rückfrage vom Fragesteller 15. September 2013 | 20:23

Sehr geehrter Herr RA Fork,

ad 1) Wie hoch könnte das Strafnmaß nach § 370 AO wegen Steuerhinterziehung maximal in Jahren/Monaten sein?

ad 3)Würde es Ihrer Erfahrung nach ausreichen, einfach um die zukünftige Einstellung der Kindergeldzahlungen zum Jahreswechsel 2013/14 zu bitten. Oder wollen die Ihrer Erfahrung nach von der Kindergeldstelle Belege für den Wegzug/Abmeldung ö.ä.(obwohl ja ein Zahlungsempfänger wegfiele)?

Schönen Abend noch!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. September 2013 | 20:29

Nachfrage 1:
"Wie hoch könnte das Strafnmaß nach § 370 AO wegen Steuerhinterziehung maximal in Jahren/Monaten sein?"




Freiheitsstrafe bis zu maximal fünf Jahren.





Nachfrage 2:
" Kindergeldstelle Belege für den Wegzug/Abmeldung ö.ä.(obwohl ja ein Zahlungsempfänger wegfiele)?"


Es werden mit Sicherheit belege wie z.B. die schulbescheinigung der Kinder angefordert.

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