Antwort
vonNotar und Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ihr Verlobter kann über [i]§ 36a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)[/i] nach Deutschland kommen. Dazu müssen Sie aber bereits geheiratet haben. Rein rechtlich ist die Schließung der Ehe nach Ihrer Flucht aus Syrien aber ein Hinderungsgrund, der nur ausnahmsweise überwunden werden kann im Wege des Ermessens, wenn Sie nur sog. [i]subsidiären Schutz[/i] genießen (= [i]§ 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG[/i]). Auch sonst wird der Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten nur nach Ermessen zugelassen - [i]ein Anspruch besteht nicht[/i].
Falls Ihnen die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 des Asylgesetzes (AsylG) zuerkannt wurde (= [i]§ 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AufenthG[/i]), bestände ggf. sogar ein Anspruch auf Familiennachzug nach [i]§§ 27, 29, 30 AufenthG[/i].
Denkbar wäre für Ihren Verlobten auch eine [i]Blaue Karte/EU[/i], wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Er müsste v.a. die Anerkennung seines österreichischen Bachelors (oder später Masters) in Deutschland erreichen sowie einen Arbeitsplatz finden, der der Ausbildung entspricht und mit einen bestimmten guten Gehalt dotiert ist. Dann dürfte er selbstverständlich mit Ihnen zusammenziehen.
Der Familiennachzug zu einer Deutschen ([i]§§ 27, 28 AufenthG[/i]) kann sofort nach der Einbürgerung in Angriff genommen werden. Eine Wartefrist von 4 Jahren gibt es insoweit nicht.
Wenn Sie Ihren gewöhnlichen Aufenthalt dauerhaft nach Österreich verlegen, erlischt Ihre deutsche Aufenthaltserlaubnis (§ 51 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 6 AufenthG). Ob Sie aber ein Aufenthaltsrecht in Österreich bekommen, richtet sich nach den österreichischen Gesetzen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Sehr geehrter Herr Geißlreiter,
vielen Dank für Ihre schnelle und detaillierte Antwort. Nach Durchsicht dieser kamen bei mir noch folgende Fragen auf:
1. Wie kann ich feststellen, ob die Bestimmungen von § 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AufenthG auch für meinen Aufenthaltstitel gelten? In meinem Asylbescheid steht, dass der Asylantrag gemäß § 13 Abs. 2 Asylverfahrensgesetz auf die Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG beschränkt wurde. Daher stellt sich mir zudem die Frage, ob ich in diesem Falle Familiennachzug beantragen darf oder nicht.
Sofern ja: Unter welchen Voraussetzung erfolgt dieser?
Sofern nein: Wo kann ich die Voraussetzungen zur Blaue Karte/EU recherchieren?
2. Ist es meinem Verlobten (mit seinem österreichischen unbefristeten Aufenthaltstitel) überhaupt erlaubt, in Deutschland nach Arbeit zu suchen bzw. einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben, wenn er nun die Blaue Karte/EU beantragen möchte?
Was müsste er zuerst tun: Die Blaue Karte/EU beantragen oder einen Arbeitsplatz nachweisen?
Wo kann recherchiert werden, ob bzw. inwiefern sein Masterabschluss in Deutschland anerkannt wird?
3. Gesetzt dem Falle, dass ich die Deutsche Staatsbürgerschaft erhalte: Ab wann würde mein Verlobter diese ebenfalls erhalten bzw. in welchem Zeitraum wäre eine Einbürgerung denkbar und welche Nachweise bzgl. des Lebensunterhalts wären erforderlich (dies unter der Voraussetzung, dass alle anderen Bedingungen erfüllt sind)?
4. Ihren Rat möchte ich außerdem in folgender Hinsicht ersuchen: Da ich mich momentan in Mitten meiner Ausbildung zur Kauffrau im Innen- und Außenhandel befinde, stellt sich für mich die Frage, ob es sinnvoller wäre, zu warten bis ich die Deutsche Staatsbürgerschaft erhalte und erst danach Österreich zu gehen, um dort ein Leben aufzubauen. Oder würde dies Ihrer Meinung nach vermutlich zu viel Zeit in Anspruch nehmen?
5. Wenn ich mich nun für ein Leben in Österreich entscheide und mein Aufenthaltstitel in Deutschland erlischt: Könnte ich in einem Notfall (z.B. Todesfall, Scheidung, Arbeitslosigkeit) erneut einen Aufenthaltstitel in der Bundesrepublik beantragen?
Mir ist bewusst, dass meine Fragen sehr zahl- und umfangreich sind. Dennoch wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir im Hinblick auf meine Fragen weiterhelfen könnten. Es ist mir und meinem Verlobten ein großes Anliegen, schnellstmöglich ein gemeinsames Leben zu beginnen.
Vielen Dank im Voraus!
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Nachfragen beantworte ich wie folgt:
1. Es kommt auf den Zusatz zur Anmerkung "§ 25 Abs. 2" an. Schauen Sie in Ihren Anerkennungsbescheid des Bundesamtes, was Ihnen für ein Schutz zuerkannt wurde. Der Familiennachzug erfolgt dann gemäß dem oben Gesagten. Die Voraussetzungen der Blauen Karte/EU ergeben sich aus § 19a AufenthG i.V.m. § 2 der Beschäftigungsverordnung (BeschV).
2. Für die Blaue Karte/EU muss Ihr Verlobter einen entsprechenden Arbeitsvertrag oder ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot nachweisen. Besuchsweise darf er sich in Deutschland aufhalten, z.B. für Vorstellungsgespräche oder Behördenvorsprachen. Die Gleichwertigkeit des Berufsabschlusses kann unter www.anabin.kmk.org recherchiert werden.
3. Gefordert werden mindestens 3 Jahre Inlandsaufenthalt und davon 2 Jahre Wartezeit nach Ihrer Einbürgerung. Ihr künftiger Ehemann muss sich aufgrund eigenen oder Ihres Einkommens "ernähren können". Möglicherweise wird die Einbürgerungsbehörde diesbezüglich auch 60 Monate Beiträge zur Rentenversicherung verlangen (= 5 Jahre).
4. Als deutsche Staatsbürgerin hätten Sie in Österreich den privilegierten Status einer freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgerin, wenn Sie dort arbeiten. Die Einbürgerung ist bei guten Sprachkenntnissen nach 6 Jahren gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland möglich nach § 10 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen. Wenn Sie jetzt nach Österreich gehen, fangen Sie dort bei Null an, vorausgesetzt, Ihnen wird für Österreich eine Aufenthaltserlaubnis erteilt.
5. Sie können jederzeit erneut einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Deutschland beantragen. Sie müssen dafür aber einen bestimmten Aufenthaltszweck nachweisen (z.B. eine Beschäftigung im erlernten Beruf) und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Das ist schwer kalkulierbar.
Im übrigen stehe ich Ihnen und Ihrem Verlobten natürlich auch gerne im Rahmen eines aufenthaltsrechtlichen Mandats zur Verfügung.
Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt