6. August 2025
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21:05
Antwort
vonRechtsanwalt Deniz Altundag
Teerhof 59
28199 Bremen
Tel: 0421 83066384
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Deniz-Altundag-__l108683.html
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Zivilrechtliche und strafrechtliche Folgen sind zu trennen
Die Zahlung an den Baumarkt (164 Euro inkl. Fangprämie) ist eine zivilrechtliche Angelegenheit. Hierbei handelt es sich um Schadensersatz und/oder eine sogenannte Fangprämie, die der Baumarkt als Ausgleich für den Aufwand und den entstandenen Schaden verlangt hat. Diese Zahlung hat keinen Einfluss auf das staatliche Strafverfahren. Das bedeutet: Auch wenn Sie den Schaden wiedergutgemacht und die Fangprämie gezahlt haben, kann und darf die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen Sie einleiten und eine Strafe fordern. Dies ist keine "doppelte Bestrafung" im rechtlichen Sinne, sondern die parallele Anwendung von Zivilrecht (Schadensersatz) und Strafrecht (Bestrafung durch den Staat).
2. Strafverfahren und Strafbefehl
Der Strafbefehl über 1.350 Euro ist eine strafrechtliche Sanktion für den Diebstahl gemäß § 242 StGB. Die Höhe der Geldstrafe richtet sich nach der Anzahl der Tagessätze und der Höhe eines Tagessatzes, der wiederum auf Ihr monatliches Nettoeinkommen bezogen wird. Die Zahlung an den Baumarkt wird dabei nicht angerechnet, da sie – wie oben erläutert – eine andere rechtliche Grundlage hat.
3. Verhältnismäßigkeit der Strafe
Die Verhältnismäßigkeit einer Strafe wird im Strafrecht durch verschiedene Faktoren bestimmt:
- Wert der entwendeten Sache (hier: Wasserhahn, vermutlich unter 50 Euro)
- Nachtatverhalten (Sie haben sich entschuldigt und den Schaden wiedergutgemacht)
- Persönliche Umstände (Sie sind schwerbehindert, Rentner, vermutlich Ersttäter)
- Geständnis und Reue
Regelmäßig liegt die Geringwertigkeitsgrenze für Diebstahl bei 50 Euro. Bei einem Wert darunter wird ein Diebstahl nur auf Antrag verfolgt (§ 248a StGB). Bei einem Wert darüber handelt es sich um ein Offizialdelikt, das von Amts wegen verfolgt wird.
Die Rechtsprechung sieht bei Ersttätern, die geständig sind und den Schaden wiedergutgemacht haben, häufig eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage oder eine geringe Geldstrafe.
In Ihrem Fall erscheint eine Geldstrafe von 1.350 Euro (ohne Anrechnung der bereits gezahlten 164 Euro) für einen Wasserhahn, insbesondere unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Umstände (Schwerbehinderung, Rentner, Wiedergutmachung, Reue), als unverhältnismäßig hoch. In vergleichbaren Fällen werden häufig 20 bis 40 Tagessätze verhängt, und die Höhe des Tagessatzes richtet sich nach dem Nettoeinkommen.
4. Keine "doppelte Bestrafung"
Die Zahlung an den Baumarkt ist keine Strafe im strafrechtlichen Sinne, sondern ein zivilrechtlicher Ausgleich. Die staatliche Strafe (Geldstrafe per Strafbefehl) ist davon unabhängig. Es handelt sich also nicht um eine unzulässige Doppelbestrafung.
5. Zusammenfassung
- Die Zahlung an den Baumarkt und die Geldstrafe sind rechtlich getrennt zu betrachten.
- Die Geldstrafe erscheint im Verhältnis zum Wert des Wasserhahns und Ihren persönlichen Umständen sehr hoch.
- Die Zahlung an den Baumarkt wird nicht auf die Geldstrafe angerechnet.
- Die Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft ist auch nach Zahlung an den Baumarkt zulässig.
Fazit:
Rechtlich ist es zulässig, dass Sie sowohl an den Baumarkt zahlen mussten als auch eine Geldstrafe erhalten. Die Höhe der Geldstrafe erscheint jedoch im Verhältnis zu Ihrer Situation und dem Wert der Sache sehr hoch. In vergleichbaren Fällen werden oft geringere Strafen verhängt, insbesondere bei Ersttätern, Wiedergutmachung und Reue. Die Zahlung an den Baumarkt ist keine strafrechtliche Strafe und wird daher nicht auf die Geldstrafe angerechnet.
Sollten Sie gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt haben, würde das Gericht im Rahmen einer Hauptverhandlung alle Umstände (Wert der Sache, Wiedergutmachung, persönliche Situation) berücksichtigen und könnte die Strafe entsprechend anpassen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen