Prozessbetrug?

15. Juli 2013 09:22 |
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Strafrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
In einem Rechtsstreit bezüglich des Partnerschaftsvermittlungsauftrags haben unsere Kundin und ihre Rechtsvertreterin innerhalb der 1. und 2. Instanz mehrfach vorgetragen und behauptet, dass der von uns abgesandte Brief mit den 5 vereinbarten Partnervorschlägen ungeöffnet zurück gesandt und wegen Widerruf des Vertrages keine Leistung aus dem Vertrag in Anspruch genommen wurde.

Beweis: Klage und Schriftsätze

Durch den kürzlich von einem der vorgeschlagenen Herren zurück gesandten Coupon hat sich leider erst jetzt (9 Monate nach dem Urteil) ergeben, dass v. g. Vorträge und Behauptungen der beiden vorstehend genannten Personen, durch die wir den Prozess in 1. und 2. Instanz verloren haben, nachweislich falsch waren. Dem Coupon ist zu entnehmen, dass nach dem Widerruf des Vertrages doch ein persönliches Treffen zwischen der Kundin und dem vorgeschlagenen Herrn aufgrund unserer Vermittlung stattgefunden hat! Demnach ist unsere Dienstleistung von der Kundin doch in Anspruch genommen worden! Das bedeutet, dass die Kundin und ihre Rechtsanwältin vor dem Amtsgericht und dem Landgericht falsch vorgetragen haben.

Beweis: Coupon u. Zeugnis des besagten Herrn

Hinsichtlich der Kenntniserlangung über das v. g. Treffen haben wir den Herrn angeschrieben und um die Beantwortung einiger Fragen gebeten. Auch aus der Rücksendung geht hervor, dass ein persönliches Treffen nach dem Widerruf stattgefunden hat, sogar im Hause der Kundin.

Beweis: Schreiben des Herrn

Aus dem Coupon und dem Schreiben geht deutlich hervor, dass ein persönliches Treffen stattgefunden hat. Aus hiesiger Sicht ist damit das gegen uns erwirkte Urteil auf Basis von Falschvorträgen und Falschaussagen ergangen. Auf die damit zu Unrecht titulierte Forderung von ca. 2500,00 Euro sind inzwischen 700,00 Euro von uns zurück bezahlt worden

Anlässlich der Mitteilungen des Herrn haben wir die Kundin aufgefordert, die von uns zurückgezahlten 700,00 Euro zzgl. der hier entstandenen Rechtskosten zurückzuzahlen und uns den zu Unrecht erhaltenen Titel auszuhändigen.

Beweis: Schreiben

Darauf trägt die Rechtsvertreterin der Kundin vor, das ihre Mandantin zu keiner Zeit falsche Angaben im Gerichtsverfahren gemacht hat und es sich sowohl der Kenntnis der Kundin als auch der Rechtsanwältin entzieht, dass wir den besagten Herrn als Partnervorschlag unterbreitet hätten!

Beweis: Schreiben

Das würde bedeuten, dass die Kundin sich mit einem ihr dann ja völlig unbekannten und fremden Mann in ihrer Wohnung getroffen haben will! Schon dadurch dürfte deutlich sein, dass weiterhin und wissentlich falsch vorgetragen wird. Selbst wenn das persönliche Treffen auf Initiative des Herrn erfolgte – es ist sogar üblich, dass die Herren sich bei den vorgeschlagenen Damen melden – hat die Kundin mit dem persönlichen Treffen die Dienstleistung in Anspruch genommen. Wenn Sie, wie sie in den Schriftsätzen und vor Gericht behauptet, einen Kontakt mit dem Herrn gar nicht wünschte und ihm das auch zu verstehen gegeben hatte, dann hätte sie sich mit Herrn mit Sicherheit nicht persönlich getroffen und hinsichtlich ihres vorherigen Widerrufs des Dienstleistungsauftrags unter Rückforderung der Gebühr und ihrer Behauptung, die Dienstleistung nicht in Anspruch genommen zu haben, auch nicht treffen dürfen! Durch das nach dem Widerruf erfolgte persönliche Treffen dürfte der Widerruf rechtlich unwirksam geworden sein oder? Es dürfte es auf der Hand liegen, dass man Verträge nicht widerrufen und die dafür bezahlten Gebühren zurückfordern und nachfolgend die Leistungen aus den Verträgen aber noch in Anspruch nehmen kann. Allein dieser Vorgang dürfte nach hiesiger Rechtsauffassung den Tatbestand des Betruges erfüllen. Da der jetzt erwiesene Falschvortrag zu der Titulierung einer ansonsten nicht durchsetzbaren Forderung geführt hat, ist uns dadurch ein erheblicher Schaden entstanden.

Gipfel der Angelegenheit ist, dass die Rechtsvertreterin der Kundin nunmehr eine Kontopfändung unseres Geschäftskontos vorgenommen hat, trotz des v. g. und ihr bekannten Sachverhalts, wonach der Titel durch Falschvortrag erwirkt wurde.

Frage: Was haben wir für rechtliche Möglichkeiten


-- Einsatz geändert am 15.07.2013 09:31:31
15. Juli 2013 | 10:33

Antwort

von


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Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Sascha-Lembcke-__l104631.html
E-Mail: lembcke.recht@googlemail.com
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),

Ihre Frage möchte ich anhand der von Ihnen geschilderten Informationen, wie folgt beantworten.

Vorab sei jedoch der Hinweis erlaubt, dass durch Hinweglassen oder Hinzufügen weiterer Angaben sich die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes ändern kann, sodass die Beantwortung nur anhand des Ihrerseits hier zur Verfügung gestellten Sachverhaltes erfolgen kann.

Sofern, wie Sie schildern, der Gegenseite in Ihrem Rechtsstreit ein strafbares Verhalten vorzuwerfen ist und entsprechend nachgewiesen werden kann, könnte hier eine sog. Restitutionsklage gem. § 580 ZPO in Frage kommen.

Gesetzesauszug:
§ 580 ZPO
Restitutionsklage
Die Restitutionsklage findet statt:
1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7. wenn die Partei
a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8. wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Die Restitutionsklage soll einer Partei in den Fällen zu ihrem Recht verhelfen, in denen das Verfahrensergebnis durch strafbare Handlungen beeinflusst ist (Nr. 1-5). Mit dieser Zielsetzung soll die Restitutionsklage verhindern, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung beeinträchtigt wird, wenn rechtskräftige Urteile nicht überprüft werden können, obwohl ihre Grundlagen erschüttert sind (BGHZ 57/214).

Ein derartiger Vertrauensschutz ist jedoch dann nicht veranlasst, wenn der Restitutionskläger den Anfechtungsgrund bei Anwendung gebotener Sorgfalt bereits im Vorprozess hätte geltend machen können, insbesondere durch Einspruch, Berufung oder Anschlussberufung (§ 582 ZPO). Ist das versäumt worden, dann ist die Klage nicht zulässig.

Für die Fälle der Nr. 1-5 ist darüber hinaus erforderlich, dass entweder eine strafrechtliche Verurteilung stattgefunden hat oder es dazu aus anderen Gründen als Mangel an Beweisen nicht gekommen ist (§ 581 ZPO).

In Ihrem Fall könnte § 580 Nr. 4 ZPO betroffen sein, denn auch Prozessbetrug stellt einen strafrechtlichen Tatbestand dar, sofern wissentlich unwahre Parteibehauptungen (anders als Schweigen) das Ergebnis des Rechtsstreits beeinträchtigen.

Demnach wäre es zunächst geboten eine entsprechende Verurteilung der Gegenseite zu erwirken bzw. strafrechtlich vorzugehen, d.h. mittels der Aussage des Zeugen nachzuweisen, dass die im Rechtsstreit vorgetragenen Behauptungen der Nichtinanspruchnahme der Dienstleistung wissentlich falsch und unwahr waren.

Dann erst sollte die weitere Vorgehensweise im Rahmen einer Restitutionsklage genauestens geprüft werden, da die Voraussetzungen für diese „Hilfsklage" nicht zu unterschätzen sind, denn das wesentlichste Zulässigkeitskriterium ist die Frage, ob der Restitutionskläger auch seine sämtlich gebotene Sorgfalt angewandt hat, insbesondere bereits in den Vorprozessen die erforderlichen Tatsachen vorgetragen und möglichst unter Beweis gestellt hat, diese jedoch mangels Kenntnis des Anfechtungsgrundes nicht ausreichend waren und nunmehr mit Kenntnis neue erschütternde Tatsachen unter Beweis gestellt werden können.

Insoweit trifft den Restitutionskläger die unmittelbare Beweislast dafür, dass er den Restitutionsgrund ohne Verschulden nicht bereits in einem früheren Verfahren geltend machen konnte.

Sofern Sie entsprechend vortragen, dass Sie erst ca. 9 Monate nach der Verurteilung von der Tatsache Kenntnis erlangt haben, dass entgegen des konkreten Vortrages der Gegenseite, gleichwohl dennoch eine Inanspruchnahme der Dienstleistung erfolgt ist, und diesen Vortrag auch entsprechend unter Beweis stellen können, z.B. mittels des Schreibens des „Herren" bzw. dessen zeugenschaftlicher Erklärung, dann könnte eine Restitutionsklage Aussicht auf Erfolg haben, sofern dessen Aussage dann wiederum kausal für die Entscheidung des Gerichts wäre.

Letzteres soll bedeuten, dass eine Restitutionsklage i.E. jedoch nur dann zielführend ist, wenn aufgrund der neuen Beweismittel bzw. der Offenbarung der Falschbehauptung der Gegenseite, auch tatsächlich das Gericht (fiktiv) zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, d.h. die vorherigen Instanzgerichte gerade und aufgrund des Prozessbetruges zu einer falschen Verurteilung gekommen sind und bei Kenntnis dieser falschen Umstände zu einer anderen richtigen Entscheidung zu Gunsten von Ihnen gekommen wären.

Ob diese Voraussetzung sämtlichst vorliegen, kann bedauerlicherweise von hier und im Rahmen einer Erstberatung nicht und nicht abschließend geprüft werden, da dazu vielmehr die vollständige Einarbeitung in den aktenkundigen Sach- und Streitstoff erforderlich ist.

Da an eine Restitutionsklage als subsidiäre sog. „Hilfsklage" strenge Anforderungen zu stellen sind, kann ich Ihnen daher nur nahelegen einen dafür fachlich versierten Rechtsbeistand mit einer Spezialisierung im Rechtsmittelrecht auszuwählen, der insbesondere Erfahrungen im Berufungs- und Revisionsrecht aufweist.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort, ihre Fragestellung insoweit beleuchten konnte und stehe Ihnen bei diesbezüglichen Nachfragen oder bei Erläuterungsbedarf ergänzend beiseite. Bitte benutzen Sie die dafür bestehende Nachfrageoption.


Rechtsanwalt Sascha Lembcke

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