Vielen Dank für Ihre Anfrage. Diese möchte ich anhand Ihrer Sachverhaltsdarstellung wie folgt beantworten und vorab darauf hinweisen, dass dieses Forum nur geeignet ist, einen groben Abriss über die rechtliche Lage zu erteilen und kein tiefgründiges Mandantengespräch ersetzen kann, insbesondere das Weglassen wesentlicher Angaben kann das Ergebnis der Beantwortung beeinflussen.
§2315 BGB regelt die Möglichkeit des Erblassers Zuwendungen zu Lebzeiten an die oder den Pflichtteilsberechtigten vorzunehmen, mit der Maßgabe, dass diese auf den späteren Pflichtteil anzurechnen sind.
§2325 BGB betrifft hingegen einen anderen Fall. Dieser regelt einen Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Pflichtteilsergänzung, wenn der Erblasser einem Dritten zu Lebzeiten eine Schenkung gemacht hat. Nur für diesen Fall gilt die 10 Jahres-Frist mit Abstufung um 1/10 pro Jahr.
Vorliegend müssen Sie daher 2 Konstellationen unterscheiden:
Beide Kinder haben sich unabhängig irgendwelcher Fristen, die zu Lebzeiten erfolgte Zuwendung auf den Pflichtteil anrechnen zu lassen, also jeweils 100.000 EUR.
Möglicherweise könnten den Kindern infolge der Schenkung an das jeweils andere Kind einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach §2325 BGB haben, denn durch die jeweilige Zuwendung wird der Nachlass und damit der Pflichtteil geschmälert. Hier kommt dann die 10-Jahres-Frist zum Tragen. Die Schenkung an das jeweils andere Kind würde pro Jahr um 1/10 schrumpfen. Diese Frage spielt aber nur bei der Berechnung des Pflichtteils eine Rolle.
Eine Anrechnung der jeweils gezahlten 100.000 EUR hat in jedem Fall zu erfolgen, §2325 Abs.3 gilt im Falle des §2315 BGB nicht.
Ich hoffe, dass ich Ihnen behilflich sein konnte und verbleibe
Danke,Frau Schwuchow, f.die Antwort u.den interessanten Vorschlag einer Pflichtteilergänzung zwischen den 2 Kindern.
Es würde demnach m.E.vor allem §2327(1) gelten, wobei für jedes Kind jew.für den Pflichtteil §2315(2) maßgebend wäre sowie §2325(1) u. 2327(1) für die Pflichtteilsergänzung aufgrund des dem Geschwister gemachten Geschenkes.Das Geschwisterkind wäre im Sinne dieser beiden §en der jew. "Dritte".
Dem Nachlass wird also das Geschenk an Kind1 und das an Kind2 (=Dritter)hinzugerechnet u.aus der Summe der ergänzte Pflichtteil (z.B.1/8) ermitttelt.Für Kind 2 erfolgt die analoge Berechnung. Bezogen auf das Zahlenbeispiel:500.000 Nachlass+100.000 selbst erhaltenes Geschenk+100.000 Geschenk an den "Dritten"=700.000;daraus 1/8=87.500 €.
Hiervon das erhaltene, anzurechnende Geschenk von 100.000 abgezogen, ergäbe sich rechnerisch ein negativer Wert, d.h. es bestünde kein Zahlungsanspruch der Kinder an meine Frau.
Für denEinbezug der Schenkung an das 2.Kind (Dritten) könnte der Geschenkbetrag v.100.000 reduziert werden oder ganz wegfallen,je nach dem Zeitpunkt meines Todes(§2325,Abs.3),wie Sie in Ihrer Antwort schrieben.Im Fall meinesTodes 5 Jahre nach Schenkung würde dann der für die Pflichtteilergänzung dem Nachlass zuzuschlagende Betrag nur die Hälfte (50.000) ausmachen.Pflichtteil + Ergänzung würden dann nur mehr 81.000 € pro Kind betragen.
Habe ich mich richtig ausgedrückt? Besten Dank und Grüße aus Oberbayern.
Sehr geehrter Fragesteller,
soweit ich Ihren Ausführungen entnehmen kann, gehe ich davon aus, dass Sie die Thematik richtig erfasst haben.
Ich freue mich, dass ich Ihnen helfen konnte und wünsche Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Nicole Schwuchow