Kündigung in Probezeit mit falschem Datum - wirksam? Zudem: Urlaub, Überstunden.

18. Februar 2019 20:57 |
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Arbeitsrecht


Zusammenfassung

Ist eine Kündigung wirksam, wenn sie rückdatiert wurde und die Daten zu Ungunsten des Arbeitnehmers falsch sind?

Die Wirksamkeit einer Kündigung hängt vom tatsächlichen Zugang beim Arbeitnehmer ab, nicht vom Datum auf dem Kündigungsschreiben. Eine Rückdatierung ist rechtlich bedeutungslos. Entscheidend ist, wann die Kündigung dem Arbeitnehmer tatsächlich zugegangen ist. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Kündigungsfrist zu laufen. Falsche Daten auf der Kündigung selbst berühren deren Wirksamkeit nicht, solange klar ist, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Gegen eine Kündigung mit falschen Daten oder falscher Frist kann und sollte der Arbeitnehmer aber innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben, um die Unwirksamkeit feststellen zu lassen. Ansonsten wird die Kündigung trotz der Fehler rechtswirksam.

Hallo,

ich habe 4 Wochen in einer Firma gearbeitet (unbefristeter Arbeitsvertrag Vollzeit) und mir wurde dort vor Ort am 5. Februar während der Probezeit gekündigt mit 2-Wochen-Frist. Die mir vorgelegte Kündigung wurde unter Druck unterschrieben, danach wurde ich gebeten zu gehen.

Im Auto habe ich erst gemerkt, dass die Kündigung auf 4. Februar rückdatiert war (also bis 18. Februar gekündigt wurde), tatsächlich wurde sie aber erst einen Tag später erst ausgesprochen/überreicht und die Kündigungsfrist müsste ergo bis 19. Februar gehen. Zudem habe ich festgestellt, dass ich beim Datum in dem ganzen Trubel den 5.1. eingetragen habe.

Ich habe im Anschluss dann persönlich vor Ort moniert, dass die Daten nicht stimmen und korrigiert werden müssen, wurde aber abgewürgt, ich bekäme eine neue Version per Einschreiben geschickt, was nicht passierte.

Stattdessen bekam ich per E-Mail nochmal eine Bestätigung, dass am 4.2. gekündigt wurde bis 18.2. – ich schrieb daraufhin eine Mail, die den Sachverhalt nochmal zusammenfasste (moniert: Kündigungsdatum 5.2., Kündigung bis 19.2., Vereinbarung geänderte Kündigung per Einschreiben).

Frage 1:

Ist die Kündigung rechtswirksam erfolgt? Erstens war sie rückdatiert (wodurch ich einen Tag weniger bezahlt bekomme), zweitens sind nicht nur die eingetippten Daten um einen Tag zu meinen Ungunsten rückdatiert, sondern neben der Unterschrift steht des Weiteren auch noch ein falsches Datum.

Oder ist meine anschließende Beschwerde als Anfechtung zu sehen und die vorliegende Kündigung trotz Unterschrift damit nichtig, mit der Rechtsfolge, dass noch gar keine wirksame Kündigung erfolgt ist?

Den Nachweis, dass ich am 5.2. noch vor Ort war, kann ich wohl nur führen, indem die Kollegen das bestätigen (was schwierig sein dürfte, da sie sicher nicht gegen ihren AG aussagen wollen), bzw. indem man meine Handy-Ortungsdaten vom 5.2. ausliest und ich an diesem Tag den Sachverhalt nochmal schriftlich dargelegt habe.

Frage 2:

Unabhängig davon: Mir wurde gesagt, ich bekäme einen Tag Urlaub ausgezahlt. Ich habe aber 23 Urlaubstage im Jahr und inkl. Kündigungsfrist etwas weniger als 6 Wochen dort gearbeitet. Das ergibt m.A. nach doch einen Urlaubsanspruch von ca. 2,6 Tagen, die dann auf 3 Tage aufgerundet werden müssten?

Frage 3:

Im Arbeitsvertrag steht, dass geleistete Überstunden in ein Zeitkonto übertragen und nach Absprache mit dem AG in Freizeit umgewandelt werden. Eine Stechuhr existiert nicht. Ich habe meine Überstunden deshalb täglich aufgeschrieben (26 insgesamt), bekam diese aber nicht schriftlich bestätigt nach Vorlage ("keine Zeit - später").

Habe ich eine Chance, diese Überstunden ausbezahlt zu bekommen oder nicht mangels schriftlicher Bestätigung? Zum Teil kann ich anhand des E-Mail-Verkehrs nachweisen, dass ich länger im Büro war, zum Teil kann ich den Nachweis nicht führen. Kann man den AG dazu bringen, das Aktivitätsprotokoll meines Arbeitsrechners auszulesen zwecks Nachweis?

Danke vorab und freundliche Grüße
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:

Frage 1:

Ist die Kündigung rechtswirksam erfolgt? Die Kündigung muss nach §§ 4, 7 KSchG innerhalb von 3 Wochen nach Zugang bei Ihnen gerichtlich durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage angegriffen werden. Wird diese Frist versäumt, so gilt diese als rechtswirksam. Bei einer Zurückdatierung müssen Sie beweisen, wann die Kündigung tatsächlich Ihnen zugegangen ist. Ich empfehle Ihnen daher, eine Kündigungsschutzklage bei dem zuständigen Arbeitsgericht zu erheben. Diese wird jedoch nur dazu führen, dass Sie nur einen Tag länger beschäftigt sind.

Frage 2:
Ihnen steht pro vollen Arbeitsmonat ein Anspruch auf Urlaub in Höhe von 1,9 Kalendertage, die auf 2 Kalendertage aufzurunden sind. Ich gehe davon aus, dass Sie unwiderruflich von Ihrer Arbeitspflicht bei Anrechnung auf Ihren Urlaubsanspruch und Überstunden freigestellt wurden. Sollte dies der Fall sein, so werden Sie am Schluss keinen Urlaubstag ausbezahlt bekommen, da der Urlaubsanspruch bereits verbraucht wurde. Für eine Zurückweisung der Freistellung ist es leider zu spät, da Sie bereits den Urlaubsanspruch wahrscheinlich verbraucht haben.

Frage 3:
Die Anordnung von Überstunden durch Ihren Arbeitgeber und die Ableistung dieser muss taggenau in einem Verfahren dargelegt und ggf. bewiesen werden. In der Praxis ist die Erbringung eines solchen Vortrages in der Regel sehr problematisch. Wahrscheinlich wurden Sie unwiderruflich freigestellt. Aus diesem Grund gehe ich davon aus, dass die Überstunden mittlerweile abgegolten sind. Ist dies nicht der Fall, können Sie der Freistellung widersprechen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte.
Rückfrage vom Fragesteller 22. Februar 2019 | 19:10

Hallo Herr Scharrer,

es ist noch etwas komplizierter, deshalb eine Nachfrage.

Ich habe mich am 5.2. sehr krank zur Arbeit geschleppt weil eine Deadline eingehalten werden musste, mir ging es aber vor Ort in der Firma so schlecht, dass ich erklärt habe, dass ich zum Arzt gehen und mich krankschreiben lassen muss. Es ging einfach nicht.

Im Anschluss habe ich dann besagte Kündigung erhalten, die rückdatiert war auf 4.2. und wo drin steht, dass ich freigestellt bin und alle Ansprüche (Urlaub etc.) abgegolten sind.

Ich war später am selben Tag beim Arzt in Untersuchung und wurde daraufhin für den Rest des Monats krankgeschrieben.

Heißt: Ich wurde am 5.2. (am tatsächlichen Tag der Kündigung) krankgeschrieben bis über das Ende der Kündigungsfrist hinaus. Wenn die Kündigung also korrekt auf 5.2. ausgestellt worden wäre, müsste der AG mich doch während der Krankheit noch bis Ende der Kündigungsfrist (19.2.) bezahlen und ich hätte darüber hinaus Anspruch auf Zahlung für Urlaubstage und Überstunden. Richtig?

Nun ist aber die unterschriebene Kündigung rückdatiert gewesen auf 4.2.

Heißt: Nach dieser (fehlerhaften) Kündigung war ich am 4.2. bereits gekündigt und freigestellt und wurde erst am Folgetag krankgeschrieben. Offiziell habe ich also einen Tag zuvor die Freistellung und Abgeltung aller Ansprüche akzeptiert.

Frage: Wenn nun nachgewiesen werden kann, dass die Kündigung erst am 5.2. und nicht am 4.2. erfolgt ist, ist dann die mündlich und später nochmal per Schreiben wegen Rückdatierung angefochtene Kündigung nichtig, ich bin bis Ende der tatsächlichen Kündigungsfrist bis 19.2. krank geschrieben und habe also Anspruch auf Zahlung des Gehalts bis einschließlich 19.2. zuzüglich Urlaub und Überstunden?

Oder kann ich da nichts mehr machen und bekomme ergo nur Gehalt bis 18.2. (einen Tag weniger) und alle zusätzlichen Ansprüche auf Urlaub und Überstunden sind abgegolten, es greift also die rückdatierte Kündigung?

Zum Nachweis, dass ich am 5.2. noch vor Ort war: Dies haben zum einen natürlich zahlreiche Kollegen mitbekommen, ich kann zudem meine Handydaten auslesen lassen (Wegstrecke), und ich habe noch eine Stunde vor Ort gearbeitet, was man anhand des Aktivitätsprotokolls des Arbeitscomputers ersehen könnte. Sehen Sie dadurch Chancen auf ein erfolgreiches Nachweisen meiner Anwesenheit am 5.2. oder dürfte es schwer werden anhand der genannten Optionen?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 22. Februar 2019 | 19:41

Sehr geehrter Herr Frageseller,
jetzt macht der Sachverhalt für mich auch für Ihren Arbeitgeber Sinn. Dieser hat Ihnen wahrscheinlich wegen der Erkrankung gekündigt. Sie sollten unbedingt eine Kündigungsschutzklage unter Einhaltung der 3 Wochensfrist bei dem zuständigen Arbeitsgericht einreichen.
Gemäß § 8 Abs. 1 EntgFG hat der Arbeitgeber, wenn er wegen einer Erkrankung kündigt, bis zur Genesung fortzuzahlen, jedoch maximal 6 Wochen lang. Somit haben Sie ggf. einen Anspruch über den Kündigungstermin. Ich gehe davon aus, dass dies der Grund für die Rückdatierung war.

Den Beweis für den Tag der Kündigung können Sie auch durch Zeugenaussagen führen. Hierfür sollten Sie die Zeugen bitten, ein Protokoll zu erstellen, damit diese sich in ca. 3 bis 4 Monate, wenn der Kammertermin vor dem Arbeitsgericht stattfinden wird, sich noch erinnern können. Insbesondere wäre wichtig, wenn die Zeugen sich an Ihre Erkrankung erinnern können.

Wenn Sie die Kündigung nicht gerichtlich angreifen, so wird diese wirksam. In diesem Fall können Sie nur bis zum 18.02.2019 Ihr Entgelt verlangen. Den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs kann auch durch eine Freistellung nicht abgegolten werden, da Sie krankgeschrieben waren.

Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte. Auf meiner Homepage können Sie weitere Informationen zu diesen Themen finden.

Mit freundlichen Grüßen


Sebastian Scharrer, LL.M.
Rechtsanwalt aus Wiesbaden

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