Honorarrechnung über Architektenleistungen

| 28. Mai 2010 14:31 |
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Baurecht, Architektenrecht


Sehr geehrte Herren und Damen Anwälte,

wir bräuchten bitte Ihre Hilfe zu einer Architektenhonorarfrage:
Bereits 2004 wurde von uns Architekt G. mit der Planzeichnung eines Einfamilienhauses beauftragt. Dieser Bauplan wurde auch so vom zuständ. Landratsamt genehmigt. Erst bei späterer Durchsicht stellten wir fest, dass bei der Dachstatik etwas nicht in Ordnung war und so schalteten wir im Jahre 2005 den Architekten A ein, um diese Statik-Mängel des ursprünglichen Bauplans von Architekt G (welcher leider dann nicht mehr als Architekt tätig war), beheben zu lassen. Architekt A. erstellte also einen über diese Mängel behobenen veränderten Bauplan, welcher allerdings nicht noch einmal neu ins Landratsamt eingegeben wurde, da ja der eigentliche Grundplan nur gering verändert wurde. Architekt A. wurde von uns zudem über die Ausarbeitung der Werkpläne und einem Teil der Ausschreibungen beauftragt. Die zugehörigen Preisverhandlungen mit den Firmen wurden dann jedoch von uns selbst durchgeführt. Hier endet die Tätigkeit von Architekt A.
Bereits noch während der Bauphase in 2005 und 2006 wurde Architekt A von uns darauf hingewiesen, eine Honorarrechnung zu stellen (diese Gespräche liefen immer in einem sehr freundschaftlichem Ton ab). Anfang Dezember 2006 wurde das Haus fertiggestellt, sodass wir am 12.12.06 einziehen konnten. Auch nach Fertigstellung wurde Herr A. immer wieder (ca. 4 Mal aber leider nur mündl.) von uns darauf hingewiesen, die Honorar-Rechnung zu stellen. Er vertröstete uns immer damit, dass uns ja nichts davonläuft und er im Moment so viel zu tun hätte. Wir haben ihm geglaubt!
Jetzt im Mai 2010 flattert eine Honorarrechnung von brutto 17.000 € ins Haus die sich wie folgt zusammensetzt:
Grundlagen:
HOAI, Stand 01/1996, Honorarzone III, Mindestsatz, abzügl. 15% Nachlaß, zuzügl. 19% MwSt., Baukosten lt. Ausschreibungen und Baumeister und Zimmererarbeiten gerundet 165.000 netto, Gesamtbaukosten ca. 335.000 €, Gesamthonorat lt.§16, Abs.1 HOAI: 33.388 €
Leistungen:
Erstellung der Eingabeplanung vom 07.03.05; 27% des Gesamthonorars, hieraus Grundlagenermittlung 0%, Vorentwurfsplanung 4% (nur teilweise), Entwurfsplanung 11%(voll), Genehmigungsplanung 3% (nur teilw.) = 18% des Gesamthonorars(33.388x0,18) =6.009,84€

Erstellung der Ausschreibungsunterlagen für Baumeister u. Zimmererarbeiten vom 08.03.05, 14% des Gesamthonorars bei gerundeten 165.000 Baukosten (=Ausschreibungsergebnisse) =18.080 x 0,14 = 2.531,20 €

Erstellung der Werkplanung vom 21.03/23.03/24.03./31.03.05 25% des Gesamthonorars = 33.388x0,25 = 8.347 €

Wir empfinden o.g. Honorarrechnung als ziemlich überzogen, da ja der bereits vorhandene und genehmigte Bauplan nur noch in Teilen verändert wurde. Leider haben wir keinen schriftlichen Vertrag abgeschlossen, da wir uns immer im guten Glauben mit diesem Architekten unterhalten haben und somit haben wir uns mündl. auf die HOAI Sätze geeinigt.

Die Kosten für die Ausschreibungen würden wir ja durchaus als gerechtfertigt ansehen, aber die anderen Kosten erscheinen doch sehr überteuert, zumal gar nicht einmal mehr Amts-bzw. Erkundungsgänge zu tätigen waren.

Was uns ebenfalls merkwürdig vorkommt, ist, dass der Architekt G. eine Bausumme von 256.181 € zu Grunde legt, welche jetzt bei Architekt A. eine Summe von 336.000 € darstellt. Über diesen Wert wurden wir niemals unterrichtet. Weder bei den Entwurfs- noch bei den Werkplänen. Wir haben unsere Finanzierung auch nachweislich auf max. 256.000 € ausgelegt. Für uns wäre niemals eine Bausumme von 336.000 € in Frage gekommen.
Der Architekt A weißt zudem in seiner Rechnung vom Mai 2010 einen Mehrwertsteuersatz von 19% aus, wobei zum Zeitpunkt der Leistungserbringung (im Jahr 2005) ein Satz von 16% gegolten hat.
Wir haben nunmehr folgende Fragen an Sie:
Wir sind der Meinung dass der Architekt A. ja ein angemessenes Honorar für seine geleistete Arbeit bekommen sollte, aber wir hätten niemals mit einem Betrag von 17.000 € gerechnet. Wir waren im guten Glauben, dass die Forderung bei der zu erbringenden Leistung bei max. 5.000 € wegen oben aufgeführter Gründe liegen dürfte.
1. Was können wir im Bezug auf die reine Forderung machen, zumal wir keinen schriftl. Vertrag erstellt haben?
2. Darf der MwSt.-Satz von 19% angesetzt werden?
3. Können wir im äußersten Fall auf Verjährung bzw. Verwirkung plädieren, da ja immerhin 5 Jahre nach Leistungserbringung vergangen sind?

Wir möchten explizit darauf hinweisen, dass wir immer nach der Devise „Leben und Leben lassen" agieren, aber in diesem Fall fühlen wir uns einfach massiv über den Tisch gezogen und wg. unserer Gutgläubigkeit betrogen.

Vielen DANK für Ihre HILFE!
Sehr geehrte Fragestellerin, Sehr geehrter Fragesteller,

aufgrund Ihrer Informationen beantworte ich Ihre Anfrage wie folgt:

Zunächst möchte ich Sie aber darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich eine erste rechtliche Orientierung bieten soll. Durch Hinzufügen oder Weglassen von Sachverhaltsangaben kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen und somit zu einem anderen Ergebnis führen.

1. Nach Ihren Angaben haben Sie eine Honorarabrechnung nach den Grundsätzen der HOAI ohne Modifikationen oder Abweichungen vereinbart.

Das Honorar wird dann aus den Honorartafeln der Teilbereiche der zum Zeitpunkt der Erbringung des Werks gültigen HOAI für die entsprechenden Vorhaben ermittelt.
Um hieraus die für die Beauftragung des Architekten anfallenden Kosten genau ermitteln zu können, müsste man Kenntnis von den genauen Leistungen des Architekten haben, um die anrechenbaren Kosten ermitteln zu können, die als Eingangswert für die Honorartafeln benötigt werden. Die Ermittlung der anrechenbaren Kosten können Sie § 10 II HOAI der bei Ihnen wohl zugrunde zulegenden HOAI 2002 entnehmen. Hier kommt es im Einzelfall darauf an, ob eine Kostenberechnung oder ein Kostenanschlag vorgelegen hat.
Als zweite Komponente zur Ermittlung der Kosten wird die Einordnung in die jeweilige Honorarzone benötigt. Der Architekt hat hier die Honorarzone III angesetzt.
Aufgrund Ihrer Schilderung sollte jedoch bei der Einordnung in die Honorarzone eine nochmalige Überprüfung erfolgen. Die Einteilung in Honorarzone können Sie den §§ 11, 12 HOAI alte Fassung entnehmen. Wohnhäuser werden zwar generell in Honorarzone III eingestuft, es kommt hier aber auch auf die Komplexität eines Vorhabens an. Die Honorarzone I steht für sehr geringe, Honorarzone III für durchschnittliche und Honorarzone V für sehr hohe Planungsanforderungen. Für jede Honorarzone sind ein Mindest- und ein Höchstsatz angegeben. Es muss daher überprüft werden, ob das konkrete Objekt, hier das Wohnhaus, auch die Merkmale erfüllt, die mit dieser Honorarzone im Allgemeinen verbunden sind.

Aus den Honorartafeln kann man dann das Grundhonorar für die Gesamtleistung ablesen. Wenn nur einzelne Leistungsphasen abzurechnen sind, ist anhand der prozentualen Bewertung der einzelnen Leistungen in den Leistungsbildern der HOAI zu überprüfen, in welcher Höhe Kosten hierdurch entstehen. Es muss dann der prozentuale Anteil an der zuvor ermittelten Gesamtleistung berechnet werden.

Die Honorarermittlung der einzelnen Leistungsphasen erfolgt also anhand der Prozentsätze, der Honorarzone bzw. des Honorarsatzes innerhalb der Zone und den anrechenbaren Kosten.

Da nach Ihren Angaben nur eine Überarbeitung stattgefunden hat, könnte über eine Einordnung in eine niedrigere Honorarzone nachgedacht werden. Bezüglich der weiteren Berechnung müsste leider wiederum eine Überprüfung an der genauen Leistung erfolgen und überprüft werden, welche Leistungen genau beauftragt waren.

2. Die generelle Regel, ob nach altem oder neuem Mehrwertsteuersatz abgerechnet werden muss, besagt, dass es grundsätzlich vom Zeitpunkt abhängt, zu dem eine Leistung erbracht wird, entweder vor oder ab dem 1. Januar 2007. Bei Ihnen sollte daher ein Mehrwertssteuersatz von 16 % greifen und die Rechnung wäre dahingehend zu korrigieren.

3. Die Verjährung des Honoraranspruchs setzt voraus, dass dieser zunächst fällig geworden ist. Damit Fälligkeit eintritt, schreibt § 8 HOAI alte Fassung vor, dass der Auftragnehmer, hier der Architekt, eine prüfbare Schlussrechnung erstellt. Erst wenn Ihnen eine solche ordnungsgemäße Schlussrechnung vorliegt, beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, wobei die Verjährung selbst drei Jahre beträgt, gerechnet ab Ende des Kalenderjahres, in dem die Rechnung übergeben wurde.

Es verstößt auch nicht gegen Treu und Glaube, wenn der Architekt sich bei Erstellung der Rechnung mehrere Jahre Zeit lässt. Damit Verwirkung eingewandt werden kann, müsste es Anhaltspunkte dafür geben, dass der Architekt gar keine Rechnung mehr erstellt. Reines mehrjähriges Warten mit der Erstellung der Rechnung reicht hierfür nicht aus.
Anhaltspunkte für eine Verjährung kann ich Ihrer Schilderung nicht entnehmen.

Als Auftraggeber haben Sie jedoch die Möglichkeit, dem Architekten eine angemessene Frist zur Erstellung der Schlussrechnung zu setzen.
Liegt dann bis zum Ablauf dieser Frist keine Rechnung vor, beginnt dann gleichwohl die Verjährung, so als ob eine Rechnung erstellt worden wäre.
Nach Ihren Angaben haben Sie den Architekten zwar zur Erstellung der Rechnung aufgefordert, jedoch hier wohl keine Frist gesetzt, bis zu welchem Zeitpunkt die Rechnung spätestens vorliegen muss.
Auch bestünde hier ein Beweisproblem, da Sie die Anforderung der Rechnung jeweils nur mündlich getätigt haben.

Ich rate Ihnen an, die Rechnung mit den genauen Vertragsunterlagen nochmals überprüfen zu lassen. Zumindest die Ansetzung der Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % sollten Sie gegenüber dem Architekten anmahnen und eine neue Rechnung diesbezüglich verlangen.


Mit freundlichen Grüßen


Kerstin Götten
(Rechtsanwältin)
Rückfrage vom Fragesteller 30. Mai 2010 | 11:55

Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Götten,

erst einmal vielen herzlichen Dank für die sehr schnelle und ausführliche Rückinformation.
Tja, leider haben wir mit so einer Antwort gerechnet. Wir haben das Problem, dass wir niemals einen Kostenanschlag bzw. eine Kostenberechnung bekommen haben. Wir sind damals ziemlich blauäugig an das Thema herangegangen, zumal wir uns eigentlich gut beraten gefühlt haben, sodass wir auch leider keinen Vertrag abgeschlossen haben. Welche Institution würden Sie uns empfehlen, um die vorliegende Rechnung prüfen zu lassen?

Wir haben in diesem Forum den Verweis auf "Palandt § 199 Rn.6" =Verwirkung, da Schlussrechnung nicht innerhalb von 3 Jahren ab Möglichkeit der Erstellung vorgelegen hat, gefunden. Gibt es in unserem Fall hieraus eine Möglichkeit?

Vielen lieben DANK für Ihre Mühen!

Schönen Sonntag-Nachmittag!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 31. Mai 2010 | 13:20

Sehr geehrte Fragestellerin,
eine Verwirkung kommt bei einem Zeitraum von 5 Jahren natürlich in Betracht, so wie dies die Fundstelle im Palandt besagt.
Damit man sich erfolgreich auf eine Verwirkung berufen kann, benötigt es neben dem so genannten „Zeitmoment" noch den so genannten „Umstandsmoment".
Dieser besagt, dass Sie sich als Verpflichteter, hier zur Zahlung, aufgrund des Verhaltens des Vertragspartners, hier des Architekten, darauf eingerichtet haben, dieser werde sein vermeintliches Recht nicht mehr geltend machen.
Sie tragen diesbezüglich die Beweislast. Sie müssten somit nachweisen, dass der Architekt durch sein Verhalten, das nicht allein im langen Zeitablauf bis zur Rechnungsstellung liegt, einen Tatbestand dahingehend geschaffen hat, dass Sie darauf vertrauen durften, dass keine offenen Forderungen mehr bestehen.
Anhand Ihrer Schilderung gehe ich leider nicht davon aus, dass außer der langen Dauer bis zum Erhalt der Rechnung das Verhalten des Architekten Sie zu der Annahme geführt hat, dass keine Zahlungsverpflichtung mehr besteht.

Die Rechnung selbst können Sie von einem auf Baurecht spezialisierten Anwalt vor Ort überprüfen lassen oder Sie fragen bei der Industrie- und Handelskammer nach, ob diese Ihnen einen Sachverständigen benennen können, der Architektenleistungen und –honorare begutachtet.

Mit freundlichen Grüßen


Kerstin Götten
(Rechtsanwältin)

Bewertung des Fragestellers 30. Mai 2010 | 11:46

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