Höhe der Entschädigung bei Flugüberbuchung?

13. Juni 2008 15:43 |
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Reiserecht


Im Zusammenhang mit einer Pauschalreise habe ich beim Reiseveranstalte folgende Mängel reklamiert:
Mein Hinflug (Fluggesellschaft: Sunexpress) von Berlin-Tegel nach Antalya/Türkei um 09:25 Uhr war überbucht und ich konnte nicht mitfliegen. Ich musste stattdessen um 15:35 Uhr von Berlin-Tegel nach Stuttgart und von Stuttgart um 18:35 Uhr nach Antalya fliegen. Ich habe eine Entschädigung für die Flug-Überbuchung Berlin-Antalya in Höhe von Euro 400,00 (Strecke 1.375 Meilen = 2.213 Kilometer) verlangt. Ich bin dabei von Informationen zum Thema Flugüberbuchung ausgegangen.
Die Antwort vom Reiseveranstalter lautet:
Aktuell gelten Flugverspätungen bis vier Stunden als zumutbar. Aus diesem Grund zahlen wir erst einen Ausgleich, wenn die vier Stunden überschritten werden. In Anlehnung an die gültige Rechtsprechung zahlen wir für jede angefangene weitere Stunde 5 % des für einen Tag gezahlten Reisepreises. Ihre Ankunft in Antalya verspätete sich um 8:40 Stunden. Folgende Berechnung:
Reisepreis: 1.281,- / 14 Tage = 91,50 (Reiesepreis pro Tag). 5 % von 91,50 = 4,58. 4,58 x 5 Stunden = 22,88 zzgl. Auslagen für Verpflegung.
Der Reiseveranstalter orientiert sich scheinbar an der "Frankfurter Tabelle".
Frage: Welche Berechnung ist nun richtig ? Muss ich mich mit dem vom Reiseveranstalter angebotenen 22,88 zufrieden geben ?
Guten Tag,

Nach der Fluggastverordnung - VO (EG) Nr. 261/2004 - können Sie tatsächlich eine höhere als die angebotene Entschädigung verlangen. Aufgrund Nichtbeförderung bzw. Annullierung des gebuchten Flugs wird ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Verordnung fällig. Dieser beträgt 400 EUR, wenn die Entfernung zwischen 1.500 und 3.500 km liegt (Abs. 1). Die Summe halbiert sich allerdings, wenn die Ankunftszeit sich durch anderweitige Beförderung (also Ersatzflug) um nicht mehr als drei Stunden verspätet (Abs. 2). In dem Fall können also nur 200 EUR verlangt werden.

Die Berechnungsmethode Ihres Reiseveranstalters nach der »Frankfurter Tabelle« (Gruppe III der Tabelle, erster Punkt) ist dagegen veraltet. Die Tabelle stammt von 1985 und wurde 1994 aktualisiert, also vor Inkrafttreten der erwähnten Verordnung. Auf die Berechnungsmethode des Reiseveranstalters müssen Sie sich nicht einlassen.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt Matthias Juhre.
Rückfrage vom Fragesteller 16. Juni 2008 | 08:06

Kann ich diesen Anspruch über den Reiseveranstalter an die Fluggesellschaft stellen ? Der Reiseveranstalter hat durch die Reklamation die Originalbelege (Bordkarten, Report des Reiseveranstalters vom Flughafen, Belege zur Verpflegung). Außerdem hat mir der Reiseveranstalter die Erstattung per Scheck (inkl. Verpflegung und Erstattung der Sitzplatzreservierung) übersandt. Ziehe ich diesen Betrag (Euro 22,88) dann von dem Anspruch an die Fluggesellschaft ab ?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 16. Juni 2008 | 15:57

Auf Ihre Nachfrage:

Ja, den Ausgleichsanspruch nach der Fluggastrechteverordnung haben Sie (nur) gegen die ausführende Fluggesellschaft, nicht gegen den Reiseveranstalter. Dies hat der Bundesgerichtshof kürzlich klar gestellt (Beschl. v. 11.03.2008 - X ZR 49/07 -).

Für die Geltendmachung des Anspruchs können Sie die notwendigen Unterlagen vom Reiseveranstalter herausverlangen.

Die beiden Ansprüche werden nicht gegeneinander verrechnet. Die Reisepreisminderung, die Sie bereits vom Reiseveranstalter erhalten haben, müssen Sie sich also nicht anrechnen lassen. Dafür ist m. E. keine Rechtsgrundlage ersichtlich, es handelt sich um getrennt zu beurteilende Rechtsverhältnisse.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt Matthias Juhre.

Ergänzung vom Anwalt 13. Juni 2008 | 17:53
Nachtrag: Den Anspruch aus der Fluggastverordnung haben Sie nur direkt gegen das Flugunternehmen (Sunexpress).

Dieser Anspruch ist getrennt zu behandeln von dem Minderungsanspruch gegen den Reiseveranstalter (diesbezüglich gilt nach der gängigen Rechtsprechungspraxis tatsächlich die 5%-Regelung, die Sie oben wiedergegeben haben).

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