Antwort
vonRechtsanwalt Mikio Frischhut
Hopfengartenweg 6
90451 Nürnberg
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E-Mail: mf@frischhut-recht.de
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Wenn das Gewerk trotz zwei erfolgloser Nachbesserungsversuchen nach wie vor mangelhaft ist, können Sie vom Vertrag zurücktreten.
Ein Rücktritt ist jedoch ausgeschlossen, wenn durch den Mangel der Wert oder die Tauglichkeit des Gewerkes nur unerheblich gemindert ist.
Es wird bei Ihnen daher im Wesentlichen darauf ankommen ob die Gipskartondecke nun (erheblich) mangelbehaftet ist oder nicht.
Ihren Angaben nach wurde die VOB/B bei Auftragsvergabe nicht mit eingezogen. Ob ein Mangel vorliegt ist demgemäß unter Berücksichtigung des Mangelbegriffs des BGB zu beurteilten. Hiernach ist ein Werk „frei von Sachmängeln", wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Was in Ihrem Fall nun konkret vereinbart wurde müsste im Streitfall unter Beweis gestellt werden. Ob die Vereinbarung einer "glatten, geraden und waagerechten Decke" hinreichend bestimmt genug ist um als Maßstab für eine etwaige Mangelhaftigkeit zu fungieren ist fraglich.
Im Zweifel ist das Gewerk frei von Sachmängeln,
- wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
- für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann und
- den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
Maßstab für die Feststellung eines Sachmangels ist daher in erster Linie die im Vertrag vereinbarte sog. Soll-Leistung. Hier also die Errichtung einer glatten, geraden und waagerechten Decke. Inwieweit die Oberfläche nun dieser relativ unbestimmten Vereinbarung entspricht müsste im Streitfall durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden.
Sollte diese Vereinbarung keine ausreichend konkrete Beschaffenheitsvereinbarung darstellen, so müsste die Mangelhaftigkeit der Decke auch unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Technik beurteilt werden. Die anerkannten Regeln der Technik stellen die Summe der anerkannten wissenschaftlichen, technischen und handwerklichen Erfahrungen dar, die durchweg bekannt sind sowie als richtig und notwendig anerkannt sind.
Diese anerkannten Regeln der Technik sind unter anderem auch in diversen technischen DIN-Normen zu finden.
Zwar liegt nach dem Wortlaut des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB ein Sachmangel nur vor, wenn das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat, allerdings hat der Unternehmer auch bei einem BGB-Werkvertrag grundsätzlich nach den anerkannten Regeln der Technik zu arbeiten. Deren Beachtung ist damit Gegen- stand jeder (auch noch so unbestimmten) Beschaffenheitsvereinbarung, auch ohne dass das ausdrücklich klargestellt werden muss. Der Handwerker muss Sie auf DIN Vorschriften also nicht konkret hinweisen.
Wenn die Decke nun sämtlichen einschlägigen DIN-Vorschriften entspricht, spricht natürlich einiges für die Mangelfreiheit. Die Einhaltung der DIN-Normen führt jedoch nicht dazu, dass die Decke automatisch auch den anerkannten Regeln der Technik entspricht und deshalb unter keinen Umständen mangelhaft ist, denn DIN-Normen geben nicht ohne Weiteres aus sich heraus die anerkannten Regeln der Technik wieder. Die anerkannten Regeln der Technik können im Einzelfall auch über die in DIN-Normen getroffenen Festlegungen hinausgehen.
In einem streitigen Verfahren trügen Sie jedoch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die erbrachte Leistung trotz Berücksichtigung der DIN-Vorgaben wegen Verstoßes gegen die anerkannten Regeln der Technik mangelhaft ist. Nach der Rechtsprechung gilt nämlich, dass dem Werkunternehmer für den Fall, dass die geschuldete Leistung entsprechend dem aktuellen Stand der einschlägigen DIN-Normen erbracht wurde, die widerlegbare Tatsachenvermutung zugute kommt, seine Leistung mangelfrei erbracht zu haben, vgl. OLG Hamm, Az.: 7 U 5/96.
Fazit:
Grundsätzlich steht Ihnen ein Rücktrittsrecht zu, soweit das Gewerk hier mangelhaft erbracht wurde. Einen dritten Nachbesserungsversuch müssen sie dem Auftragnehmer hier nicht einräumen.
Für die Frage ob ein Mangel vorliegt kommt es in erster Linie auf eine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung an. Ob die vorliegende Vereinbarung hinreichend bestimmt genug ist, ist zweifelbehaftet.
Sollte das Gewerk sämtlichen DIN-Vorschriften entsprechen, so spricht eine Vermutung für die Mangelfreiheit. Diese können und müssten Sie im Rahmen eines Rechtsstreits durch Sachverständigenbeweis widerlegen.
Bei weiteren Fragen oder wenn Sie bei in dieser Angelegenheit anwaltliche Unterstützung benötigen sollten, stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit gern zur Verfügung, da meine Kanzlei auf bundesweite Mandate ausgerichtet ist. Die von Ihnen entrichtete Beratungsgebühr würde im Falle einer Beauftragung vollständig angerechnet werden.
Ich hoffe ansonsten, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl.iur. Mikio A. Frischhut
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Mikio Frischhut
Sehr geehrter Herr Frischhut,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort, mit welcher ich sehr zufrieden bin.
Ich würde mich freuen, wenn Sie mir noch folgendes sagen könnte. Lassen Sie uns annehmen, dass der öffentl. vereidigte Sachverständige auch zu der Auffassung kommt, dass die Decke nicht mangelfrei ist, ggf. sogar mit vielen Mängeln behaftet ist. Muss ich dann - so hat es mir der Handwerker gesagt und will mich damit erpressen - so lange warten bis ein Gericht entscheidet, d.h. ich kann nichts an dem Wohnzimmer machen/verändern/durch einen Dritten reparieren oder neu machen lassen (lege also weiterhin auf der Baustelle) bis eine gerichtliche Entscheidung in einem oder zwei Jahren ergeht?
Ich dachte eigentlich, dass ich gem. Ihrer o.g. Einschätzung erstens den einen öffentlich vereidigten Sachverständigen der Handwerkskammer kommen lasse und vorausgesetzt er stimmt mir bzgl. der Mängel zu, den Auftrag kündige. Dann gebe ich dem Handwerker die Gelegenheit binnen einer Woche seinen eigenen öffentlich vereidigten Sachverständigen zu zur Schadensaufnahme vorbeizusenden (nur sofern das wirklich notwendig ist?) und ansonsten lasse ich danach die Decke durch einen anderen Handwerker reparieren oder neu ausführen. Die Entscheidung des Gerichts wird dann irgendwann darüber befinden ob und wie wie viel ich dem alten/bisherigen Handwerker für seine mangelhafte Leistung zu zahlen habe.
Besten Dank!
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Nachfrage beantworte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen gern verbindlich wie folgt:
Sollte auch ein Privatgutachter zu dem Ergebnis gelangen, dass das Gewerk mangelhaft ist, können Sie den Rücktritt vom Vertrag erklären. Soweit der von Ihnen beauftragte Sachverständige das Gewerk auch ausreichend also beweissichernd dokumentiert, müssen Sie freilich nicht auf ein Endurteil des Gerichts warten.
Da im Rahmen eines etwaigen Rechtsstreits das Gericht einen Sachverständigen bestellen könnte (der von Ihnen beauftragte Sachverständige kann lediglich ein sog. Privatgutachten fertigen) ist es nur wichtig, dass das Privatgutachten ausreichend Beurteilungsmaterial hergibt, so dass der gerichtlich bestellte Sachverständige auf dieser Grundlage ein Sachverständigengutachten erstellen könnte.
Nach erklärtem Rücktritt und ausreichender Beweissicherung, steht es Ihnen freilich frei die Decke durch einen anderen Handwerker reparieren oder neu ausführen zu lassen.
Bei weiteren Fragen oder wenn Sie bei in dieser Angelegenheit anwaltliche Unterstützung benötigen sollten, stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit gern zur Verfügung.
Ich hoffe ansonsten, Ihre Nachfrage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl.iur. Mikio A. Frischhut
Rechtsanwalt