Liebe Fragestellerin,
für Ihre Anfrage darf ich mich bedanken und diese unter Zugrundelegung Ihres Vortrags wie folgt beantworten:
Dass Sie hier über 1 1/2 Jahre "hingehalten" werden, müssen Sie sich ganz sicher nicht bieten lassen. Allerdings kann Ihnen in gewisser Weise vorgehalten werden, dass Sie sich sehr lange haben vertrösten lassen. Dies äußert sich, wie Sie im Folgenden sehen werden, vor allem in der Reihenfolge der geltend zu machenden Ansprüche bzw. Rechte.
1. Rückzahlung des Kaufpreises
Grundsätzlich können Sie in Fällen der Nichtleistung den Rücktritt erklären und den gezahlten Preis zurückverlangen. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Vertrag (das könnte hier ein Werkvertrag oder ein Werklieferungsvertrag sein, was aber für Ihre Ansprüche keine maßgebliche Rolle spielt). Ein wirksamer Vertrag ist auch meiner Meinung nach nach Ihren Angaben zustande gekommen.
Da kein konkreter Zeitpunkt für die Lieferung vereinbart war, die Frist anscheinend immer wieder verlängert wurde und Sie auch relativ lange zugewartet haben, wäre Voraussetzung für den Rücktritt allerdings zunächst, dass Sie dem Lieferanten eine angemessene Frist zur Lieferung gesetzt haben, d.h. grundsätzlich muss man die Gegenseite auffordern z.B. "innerhalb von 2 Wochen ab Datum dieses Schreibens" oder bis zu einem konkreten Datum die Leistung zu erbringen. Dies ist auch wichtig für etwaige Zinsansprüche! Soweit ich Ihre Schilderungen richtig verstanden habe, haben Sie die Gegenseite bislang noch keine Frist zur Lieferung gesetzt. Dies sollten Sie rein vorsorglich noch nachholen (wenn Sie das Schreiben beispielsweise heute verschicken, würde ich das Fristende auf den 1. Juli 2014 setzen). Schicken Sie das Schreiben am besten vorab per E-Mail oder Fax und zusätzlich per Einschreiben/Rückschein (den Nachweis sollten Sie für den Fall eines Gerichtsverfahrens unbedingt haben.)
Ihre mehrmalige Aufforderung, sich zum Bestellablauf zu äußern, genügt den gesetzlichen Anforderungen wohl eher nicht (auch Ihre E-Mail vom 23.5.2013 ist wohl eher nicht ausreichend). So ist auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass die bloße Aufforderung an den Schuldner, sich zur Vorgehensweise zu äußern, Leistungsbereitschaft zu signalisieren oder den Zeitpunkt der Leistung zu nennen, nicht ausreicht (RGZ 101, 397, 399; OLG Brandenburg BeckRS 2008, 9513).
Wenn Sie nach Ablauf der Frist das Kostüm noch immer nicht erhalten haben, schicken Sie umgehend eine Rücktrittserklärung an die Gegenseite mit der Aufforderung den gezahlten Preis zurückzuzahlen (Formulierungsbeispiel: "hiermit trete ich mit sofortiger Wirkung von dem im Dezember 2012 zwischen uns geschlossenen Vertrag über die Herstellung und Lieferung eines Latex-Kostüms zurück. Der Kaufpreis in Höhe von EUR 599,00 ist spätestens [setzen Sie wieder eine Frist von zwei Wochen] auf mein unten angegebenes Konto zurückzuzahlen. Ich behalte mir ausdrücklich die Geltendmachung etwaiger Schäden sowie Zinsansprüche vor."). Drohen Sie der Gegenseite auch an, dass Sie im Falle der Nichtzahlung Ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen werden. Auch hier würde ich das Schreiben wieder vorab per E-Mail oder Fax und zusätzlich per Einschreiben/Rückschein schicken.
Sollte hierauf keine Reaktion erfolgen, würde ich empfehlen, Ihre Ansprüche mittels Mahnbescheid geltend zu machen (alternativ kann man auch direkt Klage einreichen, allerdings ist das gerichtliche Mahnverfahren schneller und günstiger in dem Fall, dass die Gegenseite nicht reagiert).
BITTE BEACHTEN SIE ABER: Sollten Ihnen bei Vertragsschluss Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) übersandt worden sein, die einen Rücktritt ausschließen, so müsste man noch prüfen, ob der Ausschluss wirksam erfolgt ist (in so einem Fall hätten Sie dann kein Rücktrittsrecht). Hierbei stellt das Gesetz allerdings strenge Anforderungen an einen solchen Ausschluss per AGB. Wie gesagt, dass wäre aber noch zu prüfen. Eventuell hat die Gegenseite irgendetwas in einer E-Mail erwähnt in Form eines Satzes o.ä., das kann man unter Umständen auch als AGB qualifizieren und entsprechend prüfen.
Noch ein letzter Hinweis: Sie erwähnen, dass Sie am 4.6. eine E-Mail bekommen hatten, mit dem Inhalt, dass eine Firma die Domain übernommen habe und sich jetzt um die Abwicklung kümmern wolle. Das könnte ein Hinweis sein, dass sich der Anspruchsgegner eventuell geändert haben könnte. Stellen Sie vor Versenden Ihrer Schreiben unbedingt sicher, wer hier der jetzige Vertragspartner ist (ggf. gab es zum Beispiel eine Umfirmierung). Wenn Sie die Schreiben an den falschen Anspruchsgegner schicken, wird dies so gewertet, als wären die Ansprüche gar nicht geltend gemacht worden. Dies wäre auch in einem folgenden Gerichtsverfahren fatal.
2. Zinsanspruch
Wie bereits erwähnt, hängt auch die Geltendmachung von Zinsen davon ab, ob entweder ein bestimmter Zeitpunkt für die Lieferung vereinbart war (was hier wie gesagt sehr schwierig wird) oder dass eine Fristsetzung zur Leistung erfolgte (siehe 1.). Ein Zinsanspruch könnte sich nämlich insbesondere aus §§ 280, 286 IV BGB ergeben - sog. Verzugszinsen. Dazu müssen Sie die Gegenseite aber unter Fristsetzung in Verzug gesetzt haben. Zeitpunkt des Anfangs der Berechnung der Zinsen wäre dann der Tag nach Fristablauf. Höhe des Zinsanspruchs sind 5 Prozentpunkte über Basiszinssatz aus dem geforderten Betrag.
3. Schadensersatz
Sofern Ihnen aufgrund der Spät- oder Nichtlieferung Schäden entstanden sind, kann man diese selbstverständlich auch geltend machen. Hierbei kommen unter anderem Kosten für die Korrespondenz mit der Gegenseite in Betracht (Postentgelte z.B. für die übersandten Einschreiben, ggf. Telefonkosten, Recherchekosten, Mahnkosten). Leider haben Sie nicht weiter vorgetragen, inwieweit Ihnen hier im Einzelnen Schäden entstanden sind.
Wenn Sie diese Schäden schon beziffern können, können Sie die Beträge auch schon mit dem Schreiben, das die Rückforderung des Kaufpreises enthält, geltend machen. Ansonsten können Sie diese auch noch separat geltend machen (ggf. zusammen mit einem etwaigen Gerichtsverfahren wegen des gezahlten Preises).
Zusammenfassend heißt dies vom Ablauf her:
- Setzen Sie der Gegenseite zunächst schriftlich eine Frist von 2 Wochen zur Lieferung des Kostüms (damit setzen Sie diese auch in Verzug).
- Nach fruchtlosem Ablauf der Frist erklären Sie gegenüber der Gegenseite schriftlich den Rücktritt vom Vertrag und fordern Sie die Gegenseite zur Rückzahlung des gezahlten Preises (und etwaiger Schadensersatzforderungen und Zinsen) unter einer neuen Frist von 2 Wochen auf. Drohen Sie die gerichtliche Geltendmachung für den Fall der nicht fristgerechten Zahlung an.
- Erfolgt keine Zahlung, beantragen Sie einen Mahnbescheid beim zuständigen Mahngericht.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen hiermit eine hilfreiche Einschätzung der Rechtslage geben. Sollte ich etwas übersehen haben oder sollten Ihrerseits noch Unklarheiten bestehen, nutzen Sie gerne die kostenlose Nachfragefunktion.
Bitte beachten Sie, dass schon kleine Änderungen/Ergänzungen im Sachverhalt zu einer völlig anderen rechtlichen Bewertung führen können.
Mit besten Grüßen aus und nach München