Haftung Lieferung unter Gewerbetreibenden per DHL

18. Januar 2023 16:54 |
Preis: 30,00 € |

Transportrecht, Speditionsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Zusammenfassung

Bei Versendungen im B2B-Bereich trägt grundsätzlich der Empfänger das vollständige Transportrisiko und haftet allein für Transportschäden oder bei einem Transportverlust. Jedoch kann das Transportunternehmen mit rechtlichen Mitteln in Regress genommen und so ein Schadensersatz durchgesetzt werden.

Guten Tag,

wir sind ein Gewerbebetrieb und haben Ware bei einem Lieferanten bestellt. Dieser ist ebenfalls Gewerbetrieb.

Ablauf:
Anfrage per Mail
Angebot per Mail erhalten.
Angebot bestätigt.
Rechnung erhalten und per Vorkasse bezahlt.
Versand per DHL war Bestandteil der Rechnung.

Lieferant hat 3 Bestellungen / Rechnungen zu einer Lieferung zusammen gefasst und per DHL in einem versicherten Paket auf die Reise geschickt.

DHL hat laut Sendeverfolgung das Paket bei einem Nachbarn abgegeben.
Mit diesem Abliefernachweis wollte ich das Paket abholen. Der Nachbarbetrieb hat das Paket nicht erhalten. Die Person laut Abliefernachweis ist nicht bekannt.

Verlustanzeige beim Lieferanten vorgenommen. Dieser hat bei DHL einen Nachverfolgungsauftrag in Auftrag gegeben.

Bis heute keine Rückinfo. Es kann bis 3 Wochen dauern.

Nun die Frage:
Wer haftet hier?
Warenwert waren 1000,00 Euro netto.
Porto wurde einmal berechnet.
DHL Versicherung ist doch nur bis 1000,00 Euro
18. Januar 2023 | 18:17

Antwort

von


(115)
Königstraße 45
30175 Hannover
Tel: 0511 51545373
Tel: 0511 12220296
Web: https://kanzleihohnstock.de
E-Mail: kontakt@kanzleihohnstock.de
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),


vielen Dank für Ihre wirtschaftsrechtliche bzw. transportrechtliche Anfrage, die mir vor wenigen Minuten zugewiesen wurde. Diese möchte ich anhand der von Ihnen gemachten Angaben wie folgt beantworten.

Ihr Interesse, die Frage der Haftung zu klären, ist nachvollziehbar. Im Folgenden möchte ich Ihnen kurz den rechtlichen Hintergrund erläutern. Anschließend werde ich Ihnen eine ganz konkrete Handlungsempfehlung aussprechen

[u][b]Rechtlicher Hintergrund:[/b][/u]

Leider gestaltet sich die rechtliche Ausgangslage zunächst zu Ihrem Nachteil.

Bei Versendungskäufen, wo beide Parteien Gewerbetreibende - also Unternehmer i.S.d. § 14 Abs 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) - sind, handelt es sich um sog. "B2B-Geschäfte" (Business-to-Business-Geschäfte). Bei solchen trägt laut Gesetz der Empfänger das vollständige Transportrisiko. Dies hat zur Folge, dass die Transportgefahr auf den Käufer (also Sie) übergeht, sobald der Verkäufer (hier der Lieferant) die Sendung dem Transportunternehmen (hier DHL) übergeben hat.

Diese Regelung ergibt sich aus § 447 Abs. 1 BGB, die wie folgt lautet:

[i]"Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte Sache nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat."[/i]

Hierbei gibt es die nachfolgende Ausnahme: Die Regelung des § 447 Abs. 1 BGB findet beim sog. Verbrauchsgüterkauf, also beim "B2C-Geschäft" (Business-to-Consumer-Geschäft), keine Anwendung. Für Verbraucher wurde nämlich gemäß §§ 474 Abs. 2, 475 Abs. 2 BGB eine Erleichterung geschaffen, die die für den Käufer nachteilige Regelung des § 447 BGB ausschließt.

Theoretisch haben Sie aber auch im B2B-Geschäft die Möglichkeit von der nachteiligen Regelung des § 447 Abs. 1 BGB abzuweichen - dies geht bei Vertragsabschluss zum Beispiel durch ausdrückliche Vereinbarung oder durch Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB). Ist dies aber nicht der Fall, wovon ich aktuell aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung ausgehe, ist gemäß § 269 BGB beim Versendungskauf von einer Schickschuld auszugehen. Das heißt, der Erfüllungsort ist beim Verkäufer (hier beim Lieferanten) und die Gefahr geht auf Sie über, wenn der Verkäufer die Ware an seinem Geschäftssitz an ein Transportunternehmen (hier DHL) übergeben hat. Deshalb haben Sie als Käufer/Empfänger sowohl bei Transportschäden, als auch bei Transportverlust grundsätzlich keinen Anspruch auf Ersatz oder Kaufpreiserstattung gegenüber dem Verkäufer/Lieferanten.

[u][b]Konkrete Handlungsempfehlung:[/b][/u]

Auch wenn die rechtliche Ausgangslage zunächst schlecht für Sie aussieht, bedeutet dies nicht, dass Sie auf den Schaden sitzen bleiben müssen - schließlich hat hier ein Unternehmen (nämlich DHL) eine Vertragspflichtverletzung begangen. Ich möchte Ihnen nun erläutern, wie Sie den Schaden zu Ihren Gunsten regulieren können.

Der Verkäufer (also der Lieferant) kann Ihren erlittenen Schaden gegenüber dem Transportunternehmen (also DHL) geltend machen. Sie können als Käufer dann vom Verkäufer/Lieferanten die Abtretung des Schadensersatzes verlangen. Im Anschluss haben Sie die Möglichkeit den abgetretenen Schadensersatzanspruch in voller Höhe gegenüber DHL geltend zu machen. Das juristische Zauberwort ist hier die sog. "Drittschadensliquidation".

[u]Eine kleiner Tipp zum Abschluss:[/u] Bei B2B-Geschäften besteht beim Versendungskauf grundsätzlich immer das Risiko auf einem eventuellen Schaden sitzen zu bleiben. Sie können dieses Risiko für zukünftige Geschäfte aber ganz leicht beseitigen, indem Sie eigene, für Sie günstige AGB entwerfen und diese zukünftig bei Verträgen einbeziehen.

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage nachvollziehbar beantworten konnte. Ich bin in dieser Angelegenheit gerne weiterhin für Sie da. Bei Unklarheiten können Sie außerdem die kostenlose Nachfragefunktion nutzen.

Wenn Sie möchten und ein entsprechendes Interesse besteht, können Sie auch gerne meine Kontaktdaten speichern, falls Sie in der Zukunft für andere Anliegen rechtliche Unterstützung benötigen. Mit meiner Anwaltskanzlei betreue ich Unternehmen deutschlandweit in den Bereichen des Wirtschaftsrechts.


Mit freundlichen Grüßen

Cedric Hohnstock
Rechtsanwalt


ANTWORT VON

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