Guten Tag,

31. März 2011 16:34 |
Preis: 30€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Internetrecht, Computerrecht


Beantwortet von


13:01
ich hätte da eine Frage. Es geht um folgendes:

Meine Tocher hat sich in einem Internetforum angemeldet, welches von einer Bekannten betrieben wird. Sie hat sich dort nach einem speziellen Programm erkundigt und wurde von ihr auf die Internetseite des G verwiesen (kostenpflichtig), hat ihr jedoch verschwiegen, dass das Programm anderweitig kostenfrei erhältlich ist. Bevor man die Programme auf der Homepage herunterladen kann ist eine Anmeldung erforderlich und die Widerrufsbelehrung muss als gelesen markiert werden, welche direkt von der Homepage abrufbar ist und auf dem PC gespeichert werden kann.
Das Problem ist jedoch, dass direkt neben der Eingabemaske ein ausdrücklicher Zahlungshinweis zu finden ist, den meine Tocher aber übersehen hat. Auch nach der Anmeldung hat meine Tocher nochmals den obigen Hinweis zur Zahlung erhalten, den sie jedoch auch diesmal übersehen hat, da sie nicht davon ausgegangen ist, dass sich in der Email wichtige Informationen befinden.
Jedenfalls hat meine Tocher eine Rechnung über 120 Euro erhalten, die Zahlung jedoch verweigert, da sie herausgefunden hat, dass die meisten Programme, die G anbietet, auch unentgeltlich von deren Entwicklern bezogen werden können. Nur einige Programme wären von G selber erstellt worden. G hat jedoch entgegnet, dass meine Tochter nicht für den einzelnen download, sondern für den dauerhaften Zugriff auf alle Inhalte bezahle und er ja nicht wissen könne, an welchem Programm sie genau interessiert sei.

Jetzt stellt sich für mich die Frage, ob es eine Möglichkeit für sie gibt, von dem Vertrag loszukommen bzw. ob möglicherweise auch eine Anfechtung in Betracht kommen würde, wenn sie den Vertrag nicht widerrufen kann?


Wäre für jede Hilfe dankbar!
31. März 2011 | 17:40

Antwort

von


(344)
Marie-Juchacz-Straße 17
40470 Düsseldorf
Tel: 0211 911 872 43
Web: https://www.ra-mauritz.de
E-Mail: info@ra-mauritz.de
Sehr geehrte Fragestellerin,

Ihre Frage möchte ich anhand der mitgeteilten Informationen wie folgt beantworten:

1. Sofern die Widerrufsfrist noch nicht verstrichen ist, kann Ihre Tochter nach wie vor den Widerruf erklären. Früher erlosch das Widerrufsrecht bei Dienstleistungsverträgen (um einen solchen handelt es sich hier) vorzeitig, wenn mit der Ausführung der Dienstleistung (hier: dem Bereitstellen von Software zum Download) mit ausdrücklicher Zustimmung des Kunden begonnen wurde. Das ist nun nicht mehr so; damit das Widerrufsrecht vorzeitig erlischt, muss der Kunde insbesondere bereits bezahlt haben.

2. Wenn Ihre Tochter noch minderjährig und damit nach dem Gesetz nur beschränkt geschäftsfähig ist, können Sie G gegenüber die Genehmigung des von Ihrer Tochter geschlossenen Vertrags verweigern. Damit wird der Vertrag unwirksam.

3. Sollte Ihre Tochter volljährig und damit unbeschränkt geschäftsfähig sein, kommt eine Anfechtung wegen Irrtums nach § 119 BGB in Betracht. Hierzu sollte Sie dem G mitteilen, dass sie den Vertrag wegen Irrtums über die Kostenpflichtigkeit anficht. Möglicherweise ist G aber dazu berechtigt, aufgrund der Anfechtung Schadensersatz nach § 122 BGB zu fordern.

4. Ob es sich trotz des Hinweises auf die Kostenpflichtigkeit um eine sog. Kostenfalle handelt, bei welcher die Hinweise missverständlich, klein oder in unüblicher Weise gestaltet sind, kann ich an dieser Stelle nicht beurteilen. Möglich wäre es allerdings; in diesem Fall käme eine Anfechtung auch wegen Täuschung nach § 123 BGB in Betracht; ebenso eine Nichtigkeit des Vertrages wegen Verstoßes gegen die sog. Preisangabenverordnung.

Mit freundlichen Grüßen

Mauritz, LL.M.
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 31. März 2011 | 18:16

Vielen Dank für die schnelle Antwort!
Bezüglich dem Widerruf hab ich das nicht ganz verstanden, denn die Frist ist eigentlich abgelaufen. Jedoch musste sie die Widerrufsbelehrung als gelesen markieren und diese konnte wie schon gesagt auf dem eigenen PC gespeichert werden. Jedoch wurde sie bei der Bestätigungsemail nicht nochmal über den Widerruf belehrt. Hätte sie in diesem Fall nicht eine unbegrenzte Widerrufsfrist aufgrund nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung?
Würde es sich bei der Anfechtung um einen Inhaltsirrtum handeln?

Mit freundlichen Grüßen,
Weiss

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 1. April 2011 | 13:01

Sehr geehrte Fragestellerin,

besten Dank für die klarstellenden Zusatzinformationen, die folgende Differenzierung erlauben:

Sofern in der Bestätigungsmail keine gesonderte Belehrung über das Widerrufsrecht erfolgte, genügt dies nicht den Anforderungen einer Belehrung in Textform. Testform bedeutet eben nicht, dass der Anbieter die Belehrung auf seiner Internetseite vorrätig hält; die bloße Möglichkeit, dass der Kunde sich die Belehrung herunterladen kann, reicht eben nicht. Der Anbieter muss vielmehr aktiv in Textform mitteilen. Diese jahrelang umstrittene Frage hat der Bundesgerichtshof letztes Jahr entschieden (BGH (Urteil v. 29.04.2010, I ZR 66/08 - "Holzhocker").

Folgerichtig können Sie bzw. kann Ihre Tochter den Vertrag auch jetzt noch widerrufen.

Der Irrtum wäre wohl als Inhaltirrtum zu klassifizieren; allerdings stünde eine solche Anfechtung doch auf recht dünnem Eis. Glücklicherweise kommt es hierauf ja aber nicht mehr an.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Mauritz, LL.M.
Rechtsanwalt

ANTWORT VON

(344)

Marie-Juchacz-Straße 17
40470 Düsseldorf
Tel: 0211 911 872 43
Web: https://www.ra-mauritz.de
E-Mail: info@ra-mauritz.de
RECHTSGEBIETE
Gewerblicher Rechtsschutz, Kaufrecht, Wettbewerbsrecht, Internet und Computerrecht, Vertragsrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
FRAGESTELLER
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...