19. Februar 2018
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15:21
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Saeger
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das OLG Köln, Urteil vom 09.11.2004 - 4 UF 90/04 hat sich mit einem ähnlichen Fall auseinandergesetzt. Am angegeben Ort heißt es denn auch lehrbuchartig:
"Bei Schulversagen ist auf den Einzelfall abzustellen. Einmaliges Sitzenbleiben reicht z. B. nicht aus, um von einer Obliegenheitsverletzung des Schülers auszugehen.
Auch wenn die Schulkarriere der Bekl. bisher unbestreitbar nicht gerade sehr erfolgreich verlaufen ist, kann man nach Auffassung des Senat die Bekl. noch nicht als endgültige Schulversagerin betrachten. Die Bekl. hat nunmehr endlich die 11. Klasse erfolgreich abgeschlossen. Sie hat sich damit die Gelegenheit bewahrt, ihren allgemeinen Schulabschluss zu machen. Der Kl. bestreitet zwar, dass die von der Bekl. gewählte Schulausbildung zur allgemeinen Schulausbildung zählt. Die Bekl. hat jedoch bei ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung für den Senat überzeugend dargelegt, wie sich die Schulausbildung in Portugal gestaltet. Danach endet die allgemeine Schulausbildung mit dem erfolgreichen Abschluss der 12. Klasse. Hieran schließt sich entweder die Berufsausbildung oder die Vorbereitung zu einem Hochschulstudium an. In den letzten Schuljahren erfolgt eine Spezialisierung im Kurssystem. Die Bekl. hat hier den künstlerischen Zweig gewählt, ohne dass dies den Charakter des Schulabschlusses ändern würde. Allein spätere Studienmöglichkeiten werden beschränkt. In dieser Situation erscheint es vorrangig, dass die Bekl. die Chance wahr nehmen kann, zunächst ihre allgemeine Schulausbildung zu beenden. Die Erfolgsaussichten erscheinen dem Senat nicht von Vorneherein aussichtslos. Auch wenn die Bekl. wiederholt in ihren schulischen Leistungen versagt hat, darf nicht verkannt werden, dass die Bekl. sicher nicht ideale Bedingungen während der Schulzeit vorgefunden hat. Berücksichtigt man u. a. den Umstand, dass die Bekl. weit gehend im Ausland groß worden ist und in einer fremden Sprache, die sie erst erlernen musste, unterrichtet wird, sind gewisse Defizite erklärlich und eher hinnehmbar. Bezeichnenderweise ist gerade in den letzten Jahren mit zunehmender Intensivierung und steigendem Schwierigkeitsgrad der Ausbildung der Einbruch erfolgt. Bis zur 9. Klasse kann die schulische Entwicklung noch als normal bezeichnet werden. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass die finanzielle Situation der Bekl. und ihrer Mutter eher bescheiden ist und die Bekl., wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, mit zunehmendem Alter gehalten war, zumindest in den Ferien sich etwas hinzuzuverdienen. Nach Auffassung des Senat verdient die Bekl. eine letzte Chance, ihre Schulausbildung abzuschließen. Ob sie danach noch einen Ausbildungsunterhaltsanspruch etwa zur Durchführung eines Kunststudiums gegenüber dem Kl. hat, kann abschließend noch nicht beurteilt werden. Es wird abzuwarten sein, wie die Bekl. ihren Schulabschluss macht und welche Qualifikationen sie für ein eventuelles Studium aufweisen kann. Die bisherige Schulkarriere der Bekl. spricht jedoch eher gegen eine weitere akademische Ausbildung der Bekl..
Der Senat hält es unter den gegebenen Umständen auch nicht für gerechtfertigt, den Unterhaltsanspruch der Bekl. deswegen als verwirkt anzusehen, weil sie den Kl. nicht in der gehörigen Weise über ihren Ausbildungsgang und -stand ausreichend informiert hat. Das Verhältnis zwischen Vater und Tochter ist seit längerem gespannt, ohne dass man hierfür einseitig allein die Bekl. verantwortlich machen könnte. Hinzu kommt die große räumliche Trennung. Schließlich stritten sich die Kindesmutter und der Kl. über Jahre hinweg über die Höhe der Unterhaltsschuld des Kl.. Berücksichtigt man weiter, dass der Kl. die letzten Jahre lediglich knapp 50 % des untersten Tabellensatzes der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle gezahlt hat, so erscheint es dem Senat nicht angemessen, die Obliegenheitsverletzung der Bekl. als so schwer zu betrachten, dass die vollständige Verwirkung des Unterhaltsanspruches gerechtfertigt wäre. Jedenfalls schuldet der Kl. den durch die Jugendamtsurkunde tenorierten Unterhalt."
Mit OLG Dresden: Beschluss vom 03.03.2003 - 10 WF 122/03 wird man die Berufsschule wohl noch zur Ausbildung nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB zählen können.
Sicherlich befasst sich der oben zitierte Fall aber nicht mit einem absichtlichen, "taktischen" Sitzenbleiben und anschließendem Leistungsabfall. Auch besteht bereits ein Hauptschulabschluss, so dass man durchaus Zweifel an dem Sinn des Besuchs der Berufsschule hegen kann wie auch dem angeblichen taktischen Sitzenbleiben selbst. Allerdings fehlt die Angabe der Noten des Abschlusses im vorliegenden Sachverhalt. Tendenziell lässt sich hier wohl der Unterhaltsanspruch wegen "nicht ernsthaft betriebener Ausbildung" bereits jetzt bejahen. Dabei wären intensiv alle sozialen und sonstigen Parameter des Kindes zu werten ( siehe oben "Einzelfall"), was natürlich dem einzelnen Richter große Wertungsspielräume eröffnet, die man nicht zu 100 % prognostizieren kann.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Saeger
- Rechtsanwalt -