Filesharingprozess: Optionen nach Urteil Amtsgericht

8. September 2025 10:58 |
Preis: 50,00 € |

Internetrecht, Computerrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

Es geht um die Frage, was man nach einem erstinstanzlichen Urteil wegen Filesharing (Frommer Legal) ggf. noch tun kann.

Nach erfolgter Güterverhandlung ohne gütliche Einigung kam es am 14.8.2025 zur Urteilsverkündung im Filesharingprozess zwischen Warner Bros. Entertainment Inc. (vertreten durch Frommer Legal) und mir. Laut Urteil des Amtsgericht Mannheim soll ich 1000 € Schadenersatz und 117,90€ Rechtsverfolgungskosten (zzgl. 5% Zinsen seit Feb. 2023) zahlen und die Kosten des Verfahrens tragen. Der Streitwert wurde auf 1117,90 Euro festgesetzt.
Ich bin alleinerziehende Mutter mit geringem Einkommen, habe in der Tat keinerlei filesharing begangen (noch hätte ich das technische know how dazu) und war zum Zeitpunkt nachweislich in einem anderen Bundesland. Das Urteil beruht vor allem auf Nichterfüllen der sekundären Einlassungspflicht.
Welche Möglichkeiten bleiben mir, die Summe nach diesem Urteil zu reduzieren? (Berufung, Revision?, Beschwerde)
Kann ich die Summe - noch vor Verstreichen der Berufungsfrist - mit Frommer Legal direkt verhandeln? Ist das üblich und erfolgsversprechend? Ein Kostenfestsetzungsantrag der Klägerseite liegt noch nicht vor.
Laut Urteil habe ich die Option der Berufung oder der Beschwerde (nicht der Revision?).
Kann ich Berufung nur gegen den festgesetzten Betrag einlegen, oder ist eine Berufung immer auch Berufung gegen die gesamte Entscheidung? Allerdings scheue ich die Kosten und Risiken einer Berufung.
Kann ich Streitwertbeschwerde gegen die Höhe des Streitwertes einlegen, weil ich geringes Einkommen habe, oder ist die Beschwerde nur aufgrund von Formfehlern des Gerichts möglich? Im Urteil lautet zum Beispiel ein Satz "Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die Ansprüche gemäß §§ 823, 249, 683, 670 BGB, 97, 97a UrhG zu". Weshalb die Klage "unbegründet" ist, verstehe ich nicht, Vielleicht ein Formfehler?
Und außerdem, sind mit dem Urteil alle Forderungen des Klägers abgegolten, oder ist es möglich, dass der Kläger nun noch weitere angebliche Filesharings aus gleichem Zeitraum behauptet?

Ich danke für eine kurzfristige Antwort.
8. September 2025 | 12:45

Antwort

von


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Sehr geehrte Fragestellerin,

danke für Ihre Fragen, die ich gerne wie folgt beantworte:

Gegen Urteile des Amtsgerichts ist grundsätzlich die Berufung zum Landgericht möglich (§§ 511 ff. ZPO). Das Rechtsmittel der Revision ist hier nicht einschlägig. Eine Beschwerde ist nur gegen Nebenentscheidungen zulässig (z.B. Streitwertfestsetzung, Kostenentscheidung), nicht aber gegen die Hauptsache (die Zahlungsverpflichtung).

Die Formulierung im Urteil („Die zulässige Klage ist unbegründet…") dürfte ein offensichtliches Versehen sein. Gemeint ist: „…ist begründet." Solche Fehler kommen manchmal vor und haben keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Urteils. Es ist kein „Formfehler", der das Urteil automatisch unwirksam macht.

Die Erfolgsaussichten einer Berufung dürften sehr gering sein. Erfolgschancen bestehen nur dann, wenn Sie in der Lage sind, substantiiert darzulegen und ggf. zu beweisen, dass Sie selbst von der Täterhaftung ausgeschlossen sind und wer als möglicher Nutzer in Betracht kommt (z.B. volljährige Kinder, Mitbewohner, Dritte mit Zugang, WLAN offenes Netzwerk). Die bloße Behauptung „ich war nicht da" wird als nicht ausreichend angesehen. Es entspricht überdies ständiger Rechtsprechung, dass die mögliche Täterhaftung (technisch) auch bei körperlicher Abwesenheit möglich ist.

Die Berufungsinstanz ist darüber hinaus keine „zweite Chance", um alles neu vorzutragen. Nur neuer Sachvortrag, den Sie in der ersten Instanz unverschuldet nicht vorbringen konnten, würde berücksichtigt werden. Alles, was Sie bereits in der ersten Instanz hätten sagen können, dürfen Sie in der Berufung nicht mehr neu einführen.

Sie könnten die Berufung nur auf die Überprüfung der Höhe der Forderung, zu deren Zahlung Sie verurteilt wurden, beschränken. Die Erfolgsaussichten dürften aber auch hier gering sein. Beträge von "um die 1.000,00 €" haben sich beim Filesharing von Filmen, zumindest solchen, die zum Zeitpunkt der außergerichtlichen Abmahnung relativ neu waren, in der Rechtsprechung der Amtsgerichte "eingebürgert". Daher ist das auch immer der Betrag, den Frommer Legal einklagt. Solange hier kein offensichtlicher Fehler in der Rechtsanwendung durch das Amtsgericht nachweisbar ist, wird das Landgericht an der Höhe der Forderung nichts ändern.

Der Streitwert wurde hier auf 1.117,90 € festgesetzt – das entspricht der zugesprochenen Gesamtsumme und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass Sie ein geringes Einkommen haben, ist kein Grund für Streitwertreduzierung. Nur eine falsche Bewertung des wirtschaftlichen Interesses wäre anfechtbar.

Mit dem Urteil sind sämtliche Forderungen der Gegenseite aus der Angelegenheit abgegolten. Weitere Forderungen hieraus sind nicht zu befürchten.

Sie können mit Frommer Legal verhandeln, allerdings wird sich dies auf die Frage einer Ratenzahlung beschränken müssen. Frommer Legal dürfte nicht dazu bereit sein, Ihnen hinsichtlich der Höhe der Forderung oder der Kosten des Rechtsstreits entgegenzukommen, immerhin hat man nun ein Urteil "in der Hand". Wenn Sie allerdings Ihre Einkommenssituation darlegen, dürfte es möglich sein, auch geringe monatliche Ratenzahlungen zu vereinbaren.

Kurzum: Die Erfolgsaussichten einer Berufung dürften leider sehr gering sein. Zu empfehlen wäre hier die Vereinbarung einer Ratenzahlung.

Hierfür wünsche ich viel Erfolg und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Mauritz, LL.M.
Rechtsanwalt



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