Antwort
vonRechtsanwalt Lars Winkler
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Lassen Sie mich Ihre Frage wie folgt beantworten:
Eine Chance, gegen den Erbvertrag vorzugehen, bestünde in Ihrem Fall vor allem dann, wenn der Vater zum Zeitpunkt der Beurkundung des Vertrages im September 2014 bereits geschäftsunfähig gewesen wäre.
Wenn der Vater aufgrund seiner Demenz zu diesem Zeitpunkt bereits geschäftsunfähig im Sinne des § 104 BGB gewesen wäre, dann wäre seine Unterschrift unter den Erbvertrag gemäß § 105 BGB nichtig. Diese Geschäftsunfähigkeit wäre im Zweifel von Ihnen voll darzulegen und zu zu beweisen. Ein solcher Beweis ist nicht einfach, das liegt in der Natur der Sache. Er ist allerdings auch – je nach Sachlage – nicht unmöglich. Es gibt psychiatrische Sachverständige, die auch nach dem Tode des betreffenden Gutachten zu diesem Thema erstellen können. Ein solches postmortales Gutachten über die Testierfähigkeit des Vaters wäre hier zur Beweisführung sicher nötig.
Als Grundlage für das Gutachten würde die medizinische Stellungnahme herangezogen, welche mit Sicherheit durch das Betreuungsgericht im November 2014 beauftragt wurde. Ferner wären Grundlage des Gutachtens die eventuellen sonstigen psychiatrischen und anderen medizinischen Akten und das hieß, welche eventuell existieren. Zudem kann der Gutachter auch Zeugen aus dem Umfeld des Kranken zu dessen Verhalten zum fraglichen Zeitpunkt befragen, dabei kann Aufschluss über Art und Ausmaß der vorhandenen Symptome gewonnen werden. Das Ganze ist also keine „Kaffeesatzleserei", aber durchaus mit nicht unerheblichen Risiken in der Beweisführung behaftet.
Sofern Sie der Meinung sind, die Geschäftsunfähigkeit und Testierunfähigkeit des Vaters Anfang September 2014 darlegen und beweisen zu können, müssten Sie gegenüber den (dann vorhandenen) Miterben Ihre Ansprüche als gesetzliche Miterbin geltend machen. Hier gibt es verschiedene Herangehensweisen, neben dem Geltendmachen der Ansprüche gegenüber der Ehefrau und den Söhnen (diese wären jeweils gesetzlichen Miterben) kann man auch beim zuständigen Nachlassgericht einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gemäß der gesetzlichen Erbfolge stellen. Hier würde dann das Nachlassgericht auch von Amts wegen über die Wirksamkeit des Erbvertrages und die Geschäftsfähigkeit des Vaters Beweis erheben.
Die Feststellung des Notars, der in der Regel medizinischer Laie ist, schließt das oben genannte Vorgehen übrigens NICHT aus. Der Notar macht eine solche Anmerkung in jedem Testament aus berufsrechtlichen Gründen standardmäßig. Das hat damit zu tun, dass er sich von der Geschäftsfähigkeit vor Beurkundung zu überzeugen hat.
Auch wenn Sie den Beweis der Geschäftsunfähigkeit des Vaters nicht führen könnten, so hätten Sie doch in diesem Fall gegen dieAlleinerbin einen Pflichtteilsanspruch. Dieser ist ein Geldanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Er verjährt in drei Jahren beginnend mit dem Schluss des Jahres 2015. Auch das ist also im Blick zu behalten und natürlich gegebenenfalls geltend zu machen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Lars Winkler
"Sofern Sie der Meinung sind, die Geschäftsunfähigkeit und Testierunfähigkeit des Vaters Anfang September 2014 darlegen und beweisen zu können, müssten Sie ..."
Habe ich Ihre Ausführung richtig verstanden, dass auch wenn ich selbst außerstande sein sollte diese Beweisführung zu führen,(da mein Vater seit Ostern 2014 in verschiedenen Alten- und Plegeheimen sowie Krankenhäusern untergebracht war und ich darüber keine Auflistung und kein genaueres Wissen habe), mir trotzdem und immer noch bliebe, beim Nachlassgericht einen Erbschein zu beantragen und das Nachlassgericht dann die Gültigkeit des Erbvertrages prüfen müsste?
Sehr geehrte Fragestellerin,
Lassen Sie nicht Ihre Nachfrage wie folgt beantworten:
Sie haben mich richtig verstanden. Das Nachlassgericht wird – auf Ihren Einwand hin dass der Vater schon im September 2014 keinen Erbvertrag mehr errichten konnte – dessen Gültigkeit und die Geschäftsfähigkeit/Testierfähigkeit des Vaters von Amts wegen prüfen. Dabei wird es die erreichbaren einschlägigen Akten beiziehen. Logischer erster Schritt dabei ist die Beziehung der Akte beim Betreuungsgericht. Diese muss existieren, dort müssen sich auch zwingend genaue Angaben zur Demenz, zur Krankengeschichte usw. finden.
Ausgehend davon lässt sich dann – sowohl für das Gericht als auch für Sie – unter Umständen noch mehr rekonstruieren bzw. man kommt erst einmal an Daten und Namen, etwa von behandelnden Ärzten und dergleichen.
Das Erbscheinsverfahren ist daher in vergleichbaren Fällen sehr oft der „Einstieg der Wahl" in die Auseinandersetzung. Das hängt mit der oben angesprochenen Ermittlung von Amts wegen durch das Gericht zusammen, aber auch damit, dass in diesem Verfahren gemäß § 81 FamFG nicht zwingend eine Kostenerstattung an den Gegner durch denjenigen erfolgen muss, welcher den wunschgemäßen Erbschein nicht erteilt bekommt. Das Kostenrisiko kann also deutlich geringer ausfallen.
Wenn Sie nur unzureichende Angaben zur Krankengeschichte des Vaters in dessen letzten Monaten haben, dann bietet sich der Erbscheinsantrag also durchaus an.
Bei weiterem Bedarf an Beratung oder anwaltliche Vertretung können Sie sich gerne an mich unter den Kontaktdaten aus meinem Profil wenden.
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Winkler
Rechtsanwalt