Antwort
vonRechtsanwalt Dr. Stefan Sepp Lorenz, Steuerberater, LL.M. oec., Diplom-Finanzwirt (FH)
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Im vorliegenden Fall hatte der Fleischermeister Zugriff auf die Würstchen und hat eigenmächtig entschieden, diese nicht zu verkaufen, sondern an Mitarbeitende zu verteilen. Wenn er dazu keine Erlaubnis des Marktleiters oder des Eigentümers hatte, hat er den Gewahrsam an der Ware gebrochen und für betriebsfremde Zwecke verwendet. Damit könnten sowohl die Merkmale der Unterschlagung als auch des Diebstahls vorliegen, da die Wegnahme durch einen eigenmächtigen Gewahrsamswechsel zu Dritten und die rechtswidrige Zueignung erfüllt wären.
Für die Mitarbeitenden, die auf Einladung des Fleischermeisters gehandelt und die Würstchen entgegengenommen haben, fehlt es am subjektiven Tatbestand, insbesondere am Vorsatz hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Zueignung. Ihnen war nicht bewusst, dass keine Berechtigung bestand, die Ware zu verzehren. Sie handelten im guten Glauben an die Befugnis des Fleischermeisters. Damit scheidet eine strafrechtliche Haftung für Diebstahl oder Unterschlagung Ihrerseits aus.
Mithin ist allein der Fleischermeister tatbestandlich verantwortlich, sofern er nicht zur Ausgabe berechtigt war. Für Sie und die anderen Mitarbeitenden sind die strafrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da Vorsatz und Unrechtsbewusstsein fehlen.
Ich hoffe das hilft für die erste Einschätzung, viele Grüße und einen tollen Tag!
Vielen dank für ihre sehr ausführliche Antwort. Hat mir sehr geholfen.
Allerdings sagte ein anderer Anwalt es sei Diebstahl von mir. Mit dem einfachen Grund: Ich wusste das es nicht erlaubt war und aß dies trotzdem. Dies würde für den Vorsatz reichen. Was sagen sie dazu ? Also was wäre wenn ich das wüsste? Aber meiner meinung nach macht es dies in diesem Fall nicht zum Diebstahl oder Ubterschlagung weil ich auf Einladung die Wurst genommen und gegessen habe.
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung und die ergänzende Schilderung. Die Aussage des anderen Anwalts bezieht sich auf eine wesentliche Voraussetzung: den Vorsatz. Tatsächlich ist es für eine Strafbarkeit wegen Diebstahls (§ 242 StGB) oder Unterschlagung (§ 246 StGB) entscheidend, dass Sie wussten oder zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass Sie sich oder anderen ohne Erlaubnis des Eigentümers eine fremde Sache zueignen.
Wenn Sie tatsächlich gewusst hätten, dass die Verteilung und der Verzehr der Würstchen vom Eigentümer oder Marktleiter ausdrücklich nicht erlaubt war, könnte dieser Umstand den subjektiven Tatbestand, also den Vorsatz, begründen. Dann läge grundsätzlich eine strafbare Handlung nahe. Die Einladung oder das Angebot durch eine scheinbar berechtigte Person (hier: Fleischermeister) kann zwar eine gewisse Irrtumsproblematik begründen, ist aber kein Freifahrtschein. Hätten Sie sicher gewusst, dass Sie gegen den Willen des Eigentümers handeln, läge ein Diebstahl vor.
Trotzdem ist die tatsächliche Beweisführung in solchen Fällen meist schwierig. Es müsste klar nachgewiesen werden, dass Sie von dem Verbot wussten und bewusst dagegen gehandelt haben. In den meisten vergleichbaren Fällen profitieren Mitarbeitende davon, dass eine Einladung durch eine vorgesetzte oder für den Bereich zuständige Person grundsätzlich einen Vertrauenstatbestand schafft. Das reicht in der Praxis oft aus, um einen Vorsatz auszuschließen, solange keine eindeutige Anweisung des Chefs oder Marktleiters bekannt war und Sie nicht absichtlich gegen dessen Willen gehandelt haben.
Kurz gesagt: Wenn Sie sicher wussten, dass die Würstchen nicht verteilt werden durften und es dennoch getan haben, wäre das aus juristischer Sicht tatsächlich ein Diebstahl. Im Zweifel spricht die Einladung durch den Fleischermeister aber regelmäßig dafür, dass Sie gutgläubig gehandelt haben und somit keine Strafbarkeit vorliegt.
Schöne Grüße!