Ehrenamtliche Betreuung

4. Mai 2008 14:56 |
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Familienrecht


Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Frage wäre:

Inwieweit wird ein ehrenamtlicher Betreuer durch das Vormundschaftsgericht kontrolliert.

In vorliegendem Fall geht es um die ehrenamtliche Betreuung (Verwandtschaftgrad: Geschwister) für die Dauer von 10 Jahren.

Wir haben vor kurzem die ehrenamtliche Betreuung der Schwester durch das Vormundschaftsgericht aufheben lassen, da die Betreuerin wochenlang im Krankenhaus lag und sich um die Belange nicht mehr kümmern konnte (und dies auch schon vorher nicht mehr richtig tat). Die Betreute hatte dann 1 Woche eine Berufsbetreuerin, bevor die Betreute starb.

Im nachhinein mussten wir feststellen, dass die ehrenamtliche Betreuerin die EC-Karte der Betreuten einfach weitergab, um Geld abzuheben, um der Betreuten über Umwege doch Geld zukommen zu lassen.

Auch hatte die Betreute eine Mitgliedschaft bei einer Partei von monatlich 150,00 Euro - bei einer Rente von 750 Euro!!! Hätte dies überhaupt geduldet werden müssen bzw. dürfen?

In diesen 10 Jahren scheint Geld verschwunden zu sein - Kontoauszüge müssen noch angefordert werden. Ist eine ehrenamtliche Betreuerin überhaupt nachweispflichtig gegenüber dem Vormundschaftsgericht?

Vielen herzlichen Dank

Sehr geehrte Fragestellerin,

die Kontrolle durch das Vormundschaftsgericht hängt zunächst davon ab, für welchen Aufgabenkreis eine Betreuung angeordnet wurde.
Nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt handelt es sich hier um eine Betreuung im Aufgabenbereich Vermögenssorge.

Zu unterscheiden ist zwischen einer Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt und einer ohne. Bei der Betreuung ohne Einwilligungsaufenthalt bestimmt die Betreute weitgehend selber, was mit dem Geld gemacht wird und die Betreuerin führt nur die Wünsche der Betreuten aus.
Beispiel: Die Betreute will den Mitgliedsbeitrag überweisen, kann den Überweisungsträger aber nicht selber ausfüllen und die Betreuerin macht dies für sie.
Dann hätte auch der unverhältnismäßig hohe Mitgliedsbeitrag geduldet werden dürfen.

Bei einer Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt § 1903 BGB bedarf die Betreute für jeden Vertrag, den sie Abschließt der Zustimmung der Betreuerin.
Die Betreuerin muß dann zunächst dafür sorgen, dass die Bedürfnisse des täglichen Bedarfs von der Rente gedeckt werden.
Dies sind Essen, Trinken, Wohnungsmiete, Bekleidung, Arztbesuche und Medikamente.

Dabei muß die Betreuerin sicherstellen, dass das dafür benötigte Geld von der Betreuten nicht für andere Zwecke ausgegeben wird.

Von dem was danach übrig bleibt, sollte die Betreuerin Rücklagen für außergewöhnlichen Bedarf bilden. Ein solcher liegt zum Beispiel vor, wenn die Waschmaschine oder der Fernseher kaputt gehen.

Hier hat die Betreuerin einen Ermessensspielraum, in welcher Höhe die Rücklagenbildung erforderlich ist.

Das was dann noch übrig bleibt, darf die Betreuerin der Betreuten als Taschengeld zur Verfügung stellen.
Da ich nicht weiß, wie sich die Ausgaben der Betreuten zusammensetzen zum Beispiel wie hoch die Miete war, kann ich auch nicht beurteilen, ob im Monat 150 Euro als Taschengeld übrig geblieben sind.

Sollte nach Erledigung der vorgenannten Aufgaben jedoch ein Taschengeld von 150 Euro übrig geblieben sein, darf die Betreuerin dulden, dass dieses für Parteimitgliedsbeiträge ausgegeben wird.
Nach § 1901 III 1 BGB hat die Betreuerin Wünschen der Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und der Betreuerin zuzumuten ist.

Die Betreuerin muß über die Einnahmen und Ausgaben Buch führen und Belege aufheben. Sie muß auch aufschreiben, wann sie der Betreuten wie viel Taschengeld gibt. Wenn der Gesundheitszustand der Betreuten dies zuläßt, soll sie sich die Auszahlungen des Taschengeldes quittieren lassen.

Zudem muß bei Beginn der Betreuung ein Vermögensverzeichnis aufgestellt werden. § 1802 BGB in Verbindung mit § 1908i BGB. Dieses Vermögensverzeichnis muß beim Vormundschaftsgericht eingereicht werden. Nach § 1908i BGB i.V.m. § 1840 BGB ist die Betreuerin verpflichtet dem Vormundschaftsgericht einmal im Jahr zu berichten und Rechnung zu legen. Bei einer Verwaltung von geringem Umfang kann das Gericht auch eine Rechnungslegung für längere höchstens dreijährige Zeitabschnitte anordnen.

Zusätzlich hat die Betreuerin nach § 1908i BGB i.V.m. § 1839 BGB auf Verlangen Auskunft zu erteilen.
Dies wird das Vormundschaftsgericht jedoch nur dann verlangen, wenn es Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten gibt.

Nach § 1833 BGB i.V.m. § 1908i BGB ist die Betreuerin für aus Pflichtverletzungen entstehenden Schäden zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihr ein Verschulden zur Last fällt.

Dies ist der Fall, wenn Geld verschwunden ist. Die Weitergabe der EC Karte an Dritte ist unter keinen Umständen zu dulden.

Die Pflichten der Betreuerin hängen nicht davon ab, ob sie dies beruflich oder ehrenamtlich macht.
Rückfrage vom Fragesteller 7. Mai 2008 | 06:34

Sehr geehre Damen und Herren!
Die Betreute hat selbst keine Kinder, deshalb ihre Großneffen zu Alleinerben eingesetzt - ihre Geschwister sozusagen enterbt. Wenn die Wohnung geräumt werden sollte, hat die Schwester trotzdem das Anrecht, bei der Räumung dabeizusein - im Gegenzug haben die Erben nicht das Anrecht auf sämtliche Unterlagen der Betreuten, die sich noch im Besitz der Schwester (wegen Betreuung) sind, seien sie auch noch vor dem Erbfall datiert?

Viele Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 7. Mai 2008 | 10:54

Sehr geehrte Fragestellerin,

da die Schwester nicht Erbin geworden ist, darf sie bei der Räumung nur dabei sein, wenn dies entweder von den Erben gestattet wird oder im Testament so vorgesehen ist.
Auch wenn die Schwester keinen Anspruch darauf hat, bei der Räumung dabei zu sein, ist es jedoch sinnvoll ihr die Anwesenheit zu gestatten und gemeinsam mit der Schwester eine von Erben und Betreuerin zu unterschreibende Inventarliste zu erstellen.

Die Erben haben einen Anspruch auf Einsicht in die Rechnungslegung der Betreuerin. Denn wenn ein Schadensersatzanspruch bestehen sollte, ist dieser auf die Erben übergegangen und kann von diesen gegen die Betreuerin nur durchgesetzt werden, wenn die Erben auch Einsicht in diese Unterlagen haben.

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