Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die ungefragte Verwertung einer fremden Meinungsäußerung zu Werbezwecken verstößt grundsätzlich gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Äußerers.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Frage, ob Meinungsäußerungen prominenter Personen zu Werbezwecken benutzt werden können, in zwei Grundsatzurteilen entschieden.
In einem Fall ging es um die Autovermietung Sixt, die sich in ihrer Werbung auf den früheren Finanzminister Oskar Lafontaine in Zusammenhang mit dessen Rücktritt bezog (Urteil vom 26.10.2006 – I ZR 182/04).
Im anderen Fall hatte ein Tabakkonzern sich in seiner Werbung auf Prinz August von Hannover in Zusammenhang mit einer körperlichen Auseinandersetzung bezogen (Urteil vom 05.06.2008 – I ZR 96/07).
Hierbei orientierte sich der BGH an der Vorschrift zu § 23 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 KunstUrhG.
Danach ist die Veröffentlichung der Bilder von Prominenten, Politikern und "Personen der Zeitgeschichte" zulässig, wenn daran ein öffentliches Interesse besteht. Nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG darf durch diese Veröffentlichung kein berechtigtes Interesse der Person verletzt werden, deren Bild veröffentlicht wird. (Grundsätzlich verstößt die Veröffentlichung von Bildern anderer Personen gegen deren allgemeines Persönlichkeitsrecht, wenn sie der Veröffentlichung nicht vorab zugestimmt haben, § 22 KunstUrhG).
Zu Verwendungen von Äußerungen Prominenter zu Werbezwecken hat der BGH aus einer analogen Anwendung der §§ 22, 23 KunstUrhG folgende Grundsätze abgeleitet:
- Grundsätzlich darf man das Bildnis einer prominenten Person nicht ungefragt zu Werbezwecken benutzen.
- Grundsätzlich kann aber auch eine kommerziell gerichtete Meinungsäußerung (Werbung) durch die Meinungsfreiheit geschützt sein.
- Dies aber nur, wenn die Werbemaßnahme nicht nur wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens dient (reine Aufmerksamkeitswerbung), sondern zudem einen nicht unerheblichen Informationsgehalt für die Allgemeinheit bietet.
- Ein Informationsgehalt für die Allgemeinheit liegt insbesondere vor, wenn die Werbung sich auf ein aktuelles gesellschaftliches oder politisches Ereignis bezieht und es (satirisch) kommentiert.
- Jedoch ist es nicht ausreichend, wenn lediglich der Image- oder Werbewert der prominenten Person ausgebeutet wird, ohne dass auf das konkrete Ereignis Bezug genommen wird.
- Dies gilt insbesondere dann, wenn der Eindruck erweckt wird, die prominente Person identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt.
Aus den Grundsätzen des BGH lassen sich folgende Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verwendung lobender Äußerungen eines Prominenten über ein Produkt zu Werbezwecken exzerpieren:
1. Es muss sich um die Äußerung eines Prominenten handeln.
2. Diese Person muss im Mittelpunkt eines Ereignisses stehen, das öffentliches Interesse erregt.
3. Die Werbung muss sich auf dieses Ereignis, nicht auf die Person beziehen.
4. Die in der Werbung ausgedrückte Aussage muss eine Meinung sein (also nicht nur die bloße Wiedergabe von Tatsachen).
5. Die Meinung dar von der Werbung nicht völlig überlagert werden.
6. Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, die prominente Person identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt.
Am besten wäre es, Sie würden vorher die Einwilligung des Prominenten einholen, dessen Meinung Sie zitieren wollen.
Um prüfen zu können, ob die von Ihnen beabsichtigte Bezugnahme in Ihrer Werbung zulässig ist, müsste ein Anwalt wissen, um welchen Prominenten es sich handelt, und er müsste den genauen Inhalt des Interviews und der Werbeanzeige kennen. Es muss auch geprüft werden, ob es ein aktuelles Ereignis von gesellschaftlichem oder politischem Interesse gibt, in dessen Mittelpunkt der Prominente steht und mit dem man seine lobende Äußerung über Ihr Produkt in Zusammenhang bringen kann. Diese Informationen müssen Sie Ihrem Anwalt zur Verfügung stellen. Eine solche Detailprüfung durch einen Anwalt ist Ihnen unbedingt zu empfehlen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für Ihre Antwort. Zu unserem Verständnis: Also ist ein aktueller politischer oder gesellschafter Anlass unbedingt erforderlich? Eine Werbung muss sich auf diesen Anlass berufen? Kann man Kunden nicht mitteilen, dass auch der Prominente XY in einem Interview gesagt habe, er benutzte unser Produkt? DANKE für die Nachbeantwortung.
Sehr geehrter Fragesteller,
wenn Sie nicht die Meinungsäußerung eines Dritten zu Werbezwecken verwerten ("Ich finde Produkt X gut!"), sondern lediglich eine reine Tatsache wiedergeben ("Herr Y hat gesagt, dass er Produkt X nutzt."), dann gilt, dass die Verbreitung einer wahren Tatsache dagegen nur ausnahmsweise rechtswidrig ist, nämlich wenn die Aussage in die Intim- oder Privatsphäre des Betroffenen eingreift und nicht durch ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit gerechtfertigt ist oder aber hierdurch ein Schaden droht, der außer Verhältnis zum Interesse an der Verbreitung der Nachricht steht.
In Ihrem Fall liegt ein Grenzfall vor, denn die Verwendung eines kosmetischen Cremes könnte man durchaus der Intim- und Privatsphäre zurechnen.
Hier muss abgewogen werden zwischen dem Interesse des Dritten auf Schutz seiner Intim- und Privatsphäre, und dem Schutz der Rechte des Werbetreibenden auf Werbung sowie dem öffentlichen Interesse an der Verbreitung von wahren Tatsachen. Auch dies erfordert die Kenntnis der genauen Umstände des Einzelfalls.
Nicht verschweigen will ich Ihnen an dieser Stelle eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg (Beschluss vom 08.11.2012 - Az.: 308 O 388/12), in der es für möglich gehalten wird, dass Fragen und Antworten eines Interviews ein gemeinschaftliches, urheberrechtlich geschütztes Werk von Interviewer und Befragtem darstellen, für dessen Nutzung das Einverständnis aller Beteiligten erforderlich ist.
Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, wenn meine Antwort vielleicht nicht dem Ergebnis entspricht, das für Sie am vorteilhaftesten wäre, aber meine Antwort muss sich auch und gerade dann bewähren, wenn Sie von dem Prominenten abgemahnt, auf Unterlassung oder Schadenersatz in Anspruch genommen werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt