AG verweigert Urlaub des AN, weil es keinen Vertreter (Dauerzustand) gibt

24. Mai 2019 20:05 |
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Arbeitsrecht


Zusammenfassung

Kann der Arbeitgeber Urlaub verweigern, weil durch permanente Unterbesetzung im Unternehmens keine Urlaubsvertretung möglich ist?

Nein, der Arbeitgeber hat auf die Wünsche des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, wenn keine dringenden betriebliche Belangen diesen entgegenstehen. Die Unterbesetzung ist kein dringender betrieblicher Grund, der Arbeitgeber hat für genügend Personal zu sorgen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Mann benötigt Ihre Hilfe: am 22.4. hat er Urlaub beantragt vom 21.6. bis 2.7. Eine Reaktion darauf kam (wie immer) mal wieder erst nach einer gefühlten Ewigkeit.

Zur Erklärung: mein Mann schmeißt ganz allein einen Showroom. Seinen Kollegen, der einen anderen Showroom betreut, muss er während dessen Urlaub regelmäßig vertreten. Während dieser Vertretungszeit hat in der Vergangenheit ein Kollege aus der Zentrale die Stellung im Showroom meines Mannes gehalten. Seit über einem Jahr ist es nun aber so, dass sich die Belegschaft halbiert hat. Die Meisten haben hingeschmissen, andere wurden rausgeschmissen bzw. rausgemobbt.

Am 14.5. erreichte meinen Mann dann eine Mail seines Vorgesetzten, dass sein Kollege ausgerechnet auch vom 21.6. bis 2.7. Urlaub geplant hat. Die beiden sollten sich nochmal darüber austauschen. Da der Kollege meines Mannes nicht bereit war, seinen Urlaub zu verschieben, haben wir unseren bereits gebuchten Urlaub eine Woche vorverlegt (Umbuchung statt Storno!).

Am 15.5. hat mein Mann seinem Vorgesetzten mitgeteilt, dass die Umbuchung geklappt hat und dass er nun Urlaub vom 17.6. bis 22.6. beantragen wird. Wir sind davon ausgegangen, dass bei der Überschneidung der Urlaube (21.6. und 22.6.) der Showroom meines Mannes wieder geschlossen wird - wie seit über einem Jahr, wenn mein Mann einmal krank ist. Es gibt halt i.d.R. einfach kein Personal, dass in einem solchen Fall einspringen könnte. Angeblich sucht der AG meines Mannes sehr intensiv und verzweifelt neue Mitarbeiter, aber in all den Monaten konnte man niemanden finden, der ausreichend Grips besitzt, um als Showroomberater, also zu deutsch: Verkäufer, für diese Firma arbeiten zu können. Man wolle aber auch keine Zeitarbeitsfirmen beauftragen, um solche extremen Engpässe wie Krankheit oder Urlaube der MA aufzufangen - die seien viel zu teuer!

In dem Gespräch mit seinem Vorgesetzten kam dann heraus, dass der Kollege meines Mannes ja eigentlich vom 15.6. bis 2.7. Urlaub nimmt. Das sei ein Problem, aber man tue alles, um einen geeigneten Vertreter für meinen Mann zu finden, damit wir evtl. auch Urlaub nehmen können. Heute erhielt mein Mann nun einen Anruf seines Vorgesetzten, in dem dieser mitteilte, dass der Urlaub meines Mannes abgelehnt wird, da kein Vertreter aufzutreiben sei und beide Showrooms nicht für eine ganze Woche geschlossen werden können.

Unsere Fragen:
1. Ist eine permanente Unterbesetzung ein wichtiger betrieblicher Belang, der die Ablehnung eines Urlaubsantrages begründet? Muss der AG nicht auch notfalls (teure) Externe einsetzen?
2. Würde es die Existenz der Firma gefährden, wenn beide Showrooms für eine Woche geschlossen werden müssten (der Umsatz in beiden Showrooms ist z.Zt. eher bescheiden, so dass keine großen Umsatzverluste entstehen würden).
3. Kann mein Mann so selbstredend immer zur Vertretung seines Kollegen herangezogen werden? Und das ohne Fahrgeld etc.?
4. Unseren Urlaub im letzten Jahr hat mein Mann ca. 7-8 Wochen vorher beantragt. Bis fünf Tage! vor Abflug hat man in keinster Weise auf seinen Urlaubsantrag reagiert (trotz mehrmaliger schriftlicher Bitten und Aufforderungen). Fünf Tage vorher hat man dann zähneknirschend seinen Urlaub genehmigt. Ist das rechtens? Eigentlich können wir ja niemals etwas Buchen, weil immer das Risiko besteht, dass sein Urlaub wg. mangelnden Personals abgelehnt wird. Wir wollen aber in Zukunft nicht immer nur Last-Minute irgendwo hin in den Urlaub.

Es kann doch nicht angehen, dass mein Mann den Unwillen seines AG, weiteres Personal einzustellen bzw. zu bezahlen, ständig ausbaden muss. Oder doch?

Ich würde mich über eine Antwort zu diesem konkreten Fall sehr freuen und bedanke mich dafür sehr herzlich im Voraus.

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

zu1) Gem.§ 7 BUrlG sind bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.

Eine permanente Unterbesetzung ist kein „dringender" betrieblicher Grund. Daher müsste der Arbeitgeber den Urlaub gewähren. Der Arbeitgeber hat für genügend Personal zu sorgen. Der Urlaub des Kollegen ist nur zu berücksichtigen, wenn dieser sozial schutzwürdiger ist ( z.B. bei Urlaub in den Ferien mit schulpflichtigen Kindern).

zu 2) Dies kann hier keiner beantworten, weil die finanzielle betriebliche Situation nicht bekannt ist. Wenn der Umsatzanteil durch die Showrooms gering ist, ist nicht von einer Existenzgefährdung auszugehen.

zu 3) Der Arbeitgeber hat ein Direktionsrecht. Hiermit kann er festlegen, wann und wo Ihr Mann seine Arbeit zu leisten hat. Ob Ihr Mann Anspruch auf Fahrtkosten hat, hängt von den vertraglichen Vereinbarungen ab.

zu 4) Generell muss der Arbeitgeber zeitnah auf den Urlaubsantrag reagieren, damit der Arbeitnehmer seinen Urlaub auch verplanen kann. Notfalls kann der Arbeitnehmer den Anspruch auf Urlaub bei fehlender Reaktion des Arbeitgebers gerichtlich geltend machen, was aber in den meisten Fällen des Verhältnis zum Arbeitgeber beeinträchtigt. Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, sollte Ihr Mann sich an diesen wenden, wenn der Arbeitgeber nicht auf den Urlaubswunsch reagiert.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Hauser, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rückfrage vom Fragesteller 25. Mai 2019 | 10:04

Sehr geehrter Herr Hauser,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Noch eine Frage zu den sozialen Gesichtspunkten (Kollege):
Der Kollege hat eine schulpflichtige Tochter, ist zwei Jahre jünger als mein Mann und zwei Jahre länger in der Firma. Schulferien sind vom 11.6. bis 21.6. Bei unserer Umbuchung vom 17.6. bis 22.6. hätte es also nur eine Überschneidung am 21. und 22.6. gegeben. Und da hätten wir sicher mit uns reden lassen, unseren Urlaub zu verkürzen (17.6. bis 20.6.).

Aber wenn der Vorgesetzte meines Mannes nicht richtig kommuniziert, dass der Kollege bereits ab 15.6. in Urlaub möchte (was heißt das? Wir möchten auch viel, wenn der Tag lang ist ...!) und nun generell den Urlaub meines Mannes ablehnt (nur mündlich, nicht über das digitale ZE-System, in dem der Urlaubsantrag meines Mannes immer noch als OFFEN geführt ist), kann das doch nicht wieder unser Problem sein. Wir haben anhand seiner Angabe doch schon umgebucht, hätten unseren Urlaub notfalls auch verkürzt ... und nun müssen wir am Ende stornieren?

Ob und wann der Kollege seinen Urlaub so geplant hat, weiß mein Mann nicht. Es gibt keine, für jeden einsichtbare Urlaubsplanung, keine Absprachen. Entschieden wird dort vollkommen willkürlich bzw. nach Sympathie (meinem Mann, als Nicht-JA-Sager scheint man keinerlei Sympathien entgegen zu bringen). Einen Betriebsrat gibt es übrigens nicht, das wird dort mit allen Mitteln unterbunden. Und schlechter kann das Verhältnis zwischen AG und Arbeitssklaven hier kaum noch werden.

Vielen Dank im Voraus.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 25. Mai 2019 | 11:57

Sehr geehrte Fragestellerin,

das Verhalten des Arbeitgebers ist unverständlich. Eine Überschneidung von einem Tag ist für den Arbeitgeber hinnehmbar, insbesondere, wenn der Showroom nicht für großen Umsatz sorgt.

Wenn Sie keine schulpflichtigen Kinder haben, wäre der Kollege bei Urlaubswünschen in den Ferien sozial schutzwürdiger.

Wie bereits ausgeführt, hat der Arbeitgeber zeitnah auf den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers zu reagieren, damit der Arbeitnehmer Urlaub planen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Hauser, LL.M.
Rechtsanwalt

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