Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die Anzeigepflicht bei Erkrankung ist in § 5 Abs. 1 Satz 1
des Entgeltfortzahlungsgesetzes(EntgFG) geregelt. Danach ist ein Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer "unverzüglich" mitzuteilen. Unverzüglich bedeutet gemäß § 121 BGB
"ohne schuldhaftes Zögern". Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Erkrankung im Ausland aufhält. § 5 Abs. 2 EntgFG
schreibt wie folgt: "Hält sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland auf, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen."
Der Arbeitgeber darf nur dann eine Abmahnung erteilen, wenn ein objektiver, schuldhafter Verstoß gegen diese Pflichten begangen wurde. Außerdem muss eine Abmahnung verhältnismäßig sein.
In dem ersten von Ihnen geschilderten Fall bedeutet dies: Wenn der Arbeitnehmer, sobald er wieder die technischen Möglichkeiten hatte, die Krankmeldung gemeldet hat, dürfte dies ausreichen. Wenn er allerdings über Tage hinweg keine Möglichkeit der telefonischen oder elektronischen Übermittlung hatte, hätte er die Arbeitsunfähigkeit z.B. per Post übersenden müssen. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit einer Abmahnung ist bei einer Krankmeldung im Urlaub grundsätzlich auch zu beachten, dass die Arbeitskraft vom Arbeitgeber nicht eingeplant ist - die Pflicht zur sofortigen Meldung dient aber u.a. dazu, dass der Arbeitgeber noch zeitig Ersatz besorgen kann.
Auch bei Fall 2 gilt, dass der Arbeitnehmer alles angemessene, ihm zumutbare tun muss, um dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit so schnell wie möglich zu melden. Der Arbeitnehmer muss alles getan haben, was vernünftigerweise von ihm zu erwarten war - Verzögerungen bei der Übermittlung können ihm aber regelmäßig nicht zu Lasten gelegt werden (vgl. z.B. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. Oktober 2009 - Az. 2 Sa 165/09
).
Wenn der Arbeitgeber nicht direkt erreichbar ist, dürfte auch eine Meldung bei der Aufsicht zunächst ausreichen. Allerdings wird man in einem solchen Fall wohl verlangen können, dass der Arbeitnehmer sich erneut meldet, sobald der Arbeitgeber wieder erreichbar ist, und sich nicht allein auf die Weitergabe durch Dritte (bei denen im Gegensatz zu z.B. der Post nicht sichergestellt ist, dass die Meldung tatsächlich weiter übermittelt wird) verlassen kann. Etwas anderes würde nur gelten, wenn diese dritten Personen in der Vergangenheit immer zuverlässig Meldungen weitergegeben haben.
Geschieht diese erneute Meldung aber nicht, könnte man in diesem Fall tatsächlich eine Pflichtverletzung bejahen. Bei einer Krankmeldung im Urlaub stellt sich aber auch hier die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, wenn für den Arbeitgeber keine betriebliche Notwendigkeit bestand, umgehend auf die Arbeitsunfähigkeit zu reagieren.
Ich halte die Wirksamkeit beider Abmahnungen daher zumindest für zweifelhaft, für eine abschließende Beurteilung müssten aber alle Details des jeweiligen Falles bekannt sein.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 22.01.2015 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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E-Mail:
Rechtsanwalt Jan Wilking
Sehr geehrte Herr Wilkin,
vielen Dank für Ihre umfassende, verständliche Antwort und Engagement!
Habe heute erfahren das im Fall 1 der Mitarbeiter den Urlaub wo er krank war- nicht bekommen hat.
Leider hat sich der Kollege erst 8 Tage nach der Erkrankung im Urlaub durch seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Bescheinigung beim AG. krank gemeldet. Der Arbeitgeber gewährt dem Kollegen nun nicht die Urlaubstage in denen er krank war.
Telefonisch oder irgendwie anders hatte sich leider der Kollege nie bei der Dienststelle krank gemeldet,
nur durch die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Dadurch bekommt er diese Tage nicht für seine Krankheit im Urlaub ersetzt.
Ist dies begründet?
Vielen Dank!
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
§ 9 BUrlG
verlangt für eine Gutschrift der Urlaubstage lediglich den Nachweis der Tage der Arbeitsunfähigkeit durch ärztliches Zeugnis. Würde ein solches Attest vorgelegt, werden diese Tage auf den Jahresurlaub nicht abgerechnet. Dies gilt grundsätzlich auch bei einer verspäteten Krankmeldung, insofern ist das Verhalten des Arbeitgebers nicht nachvollziehbar.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Jan Wilking, Rechtsanwalt