§ 212 Abs. 2 BGB, Neubeginn der Verjährung

24. Februar 2025 00:54 |
Preis: 40,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von


13:11
Sehr geehrte Dame,
sehr geehrter Herr,

vor ein paar Wochen erreichte mich eine Vollstreckungsandrohung durch das Hauptzollamt auf eine Forderung des Jobcenters aus d. J. 2018.

Auf meine Einrede der Verjährung hin, teilte mir der Gläubiger mit, dass im Jahr 2021 schon einmal eine Vollstreckungshandlung beantragt worden sei, welche einen Neubeginn der Verjährung auslöste.

(§ 50 Abs. 4 S. 2 SGB X i. V. m. § 212 BGB)

Tatsächlich erreichte mich aber in 2021 weder eine Vollstreckungsandrohung noch wurde eine Pfändung durchgeführt, obwohl ich zum Beuspiel ein deutsches Bankkonto genutzt habe, was pfändbar wäre.

Aus diesem Grund habe ich Zweifel, dass die genannte Forderung noch rechtens ist.

Denn der Abs. 3 sagt:

"(3) Der erneute Beginn der Verjährung durch den Antrag auf Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn dem Antrag nicht stattgegeben ... wird."

Zumindest de facto ist der Antrag des Gläubigers nicht verfolgt worden, so dass die Verfolgung dieses Jahr sogar neu beantragt werden musste.

Ob man aus diesem Zusammenhang eine Ablehnung des Antrages konkludiert, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Leider habe ich keinen vergleichbaren Fall gefunden, weshalb ich mich nun an Sie wende.

Desweiteren fehlt es mir auch an Erfahrung, welche weiteren Schritte jetzt angemessen wären, nachdem ich von meinem Recht auf Widerspruch (mit einer aufschiebenden Wirkung) schon Gebrauch gemacht habe.

Sollte ich eine Feststellungsklage einreichen?

Ich danke recht herzlich im Voraus für Ihre Unterstützung und freue mich von Ihnen zu lesen!

Viele Grüße
24. Februar 2025 | 02:09

Antwort

von


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44145 Dortmund
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Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage , die ich Ihnen wie folgt beantworte:



Frage 1:
"Sollte ich eine Feststellungsklage einreichen?"

Nein.


Sie schildern hier einen Fall, wo es um eine Vollstreckungsandrohung durch das Hauptzollamt bezüglich einer Forderung des Jobcenters geht und Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Forderung selbst und deren Vollstreckung haben.

Ihre Bedenken konkretisieren sich hier vor allem auf die Verjährung der aus dem Jahre 2018 stammenden Forderung.

Wenn tatsächlich im Jahr 2021 eine Vollstreckungshandlung beantragt wurde, könnte dies gemäß § 212 BGB den Neubeginn der Verjährung ausgelöst haben und dann wäre keine Verjährung eingetreten. Allerdings ist es entscheidend, ob tatsächlich eine solche Vollstreckungshandlung durchgeführt wurde oder ob der Antrag einfach nicht weiter verfolgt wurde. Sie erwähnen, dass weder eine Pfändung noch eine Vollstreckungsandrohung in 2021 bei Ihnen eingegangen sei, was darauf hindeutet, dass die Vollstreckung aus Ihrer Sicht nicht wirklich eingeleitet wurde.

Wie Sie korrekt zitieren, besagt § 50 IV 2 SGB X, dass der Neubeginn der Verjährung durch die Antragstellung auf Vollstreckung nur dann als gültig gilt, wenn dem Antrag stattgegeben wird. Da keine Vollstreckungshandlung durchgeführt wurde, könnte man hier aus Ihrer Sicht durchaus damit argumentieren, dass der Antrag auf Vollstreckung im Jahr 2021 faktisch nicht weiter verfolgt wurde und damit die Verjährung nicht neu begann.

Da Sie bereits Widerspruch eingelegt haben, haben Sie bereits signalisiert, dass Sie die Forderung nicht anerkennen. [b]Der Widerspruch scheint mir hier aber nicht das richtige Mittel zu sein[/b], denn die Vollstreckungsandrohung des Hauptzollamts wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden sein, da man hier wohl doch von einer bereits bestandskräftigen Forderung ausgeht (wogegen gerade kein Widerspruch mehr statthaft wäre, außer man könnte Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand begründen, was hier fern liegen dürfte).

[b]Reichen Sie daher vielmehr schriftlich und nachweisbar nach, dass Sie Ihren "Widerspruch" als Vollstreckungsgegenklage, hilfsweise als Vollstreckungserinnerung behandelt haben möchten und bitten um Abgabe an das zuständige Gericht (siehe dazu z.B. auch unter https://justizportal.niedersachsen.de/startseite/gerichte_und_staatsanwaltschaften/zivilgerichtsbarkeit/zwangsvollstreckung/die-rechtsbehelfe-in-der-zwangsvollstreckung-wie-kann-ich-mich-gegen-eine-zwangsvollstreckung-wehren-159236.html ) , wobei Sie alle Gründe anführen, die aus Ihrer Sicht gegen eine Rechtmäßigkeit der Forderung sprechen.
[/b]




Mit freundlichen Grüßen aus Dortmund

Raphael Fork
-Rechtsanwalt-


Rechtsanwalt Raphael Fork

Rückfrage vom Fragesteller 25. Februar 2025 | 11:57

Sehr geehrter Herr Fork,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Nach Ansicht des Hauptzollamtes kann die Vollstreckungsankündigung nicht angefochten werden, da sie kein Verwaltungsakt sei. Außerdem gäbe es keinen Titel, dem man mit einer Vollstreckungsgegenklage/-erinnerung begegnen könne.

Wie kann ich gegen diese, sich anbahnende, Sache denn äquivalent vorgehen, so dass es von einer unabhängigen Instanz überprüft wird?

Nochmals vielen Dank!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 25. Februar 2025 | 13:11

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Nachfrage , die ich Ihnen wie folgt beantworte:



Nachfrage 1:
"Wie kann ich gegen diese, sich anbahnende, Sache denn äquivalent vorgehen, so dass es von einer unabhängigen Instanz überprüft wird?"

Indem Sie nunmehr selbst an das zuständige Gericht wenden, da nun die genauen Hintergründe und Abläufe der behaupteten Forderung aufgearbeitet werden müssen. Vorher sollten Sie aber noch dem Hauptzollamt die Gelegenheit geben zu überprüfen, was es da eigentlich aufgrund welcher Grundlage unternimmt.

Richtig ist, dass die Vollstreckungsankündigung mangels VA-Qualität nicht angefochten werden kann. Dies habe ich oben bereits weniger geschliffen ausgedrückt mit der Formulierung "Der Widerspruch scheint mir hier aber nicht das richtige Mittel zu sein, denn die Vollstreckungsandrohung des Hauptzollamts wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden sein".

Interessant dagegen ist die Aussage, "es gäbe keinen Titel", da dieser unabdingbare Voraussetzung einer jeden Zwangsvollstreckung ist.

Da das Hauptzollamt Ihr Begehren offenbar auch nicht aus freien Stücken als Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung auslegt, sollten Sie nunmehr gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.[b] Beantragen Sie aber noch einmal ausdrücklich die Einstellung/Aussetzung der Vollstreckung gegenüber dem Hauptzollamt und verweisen auf die ansonsten aus Ihrer Sicht erforderliche gerichtliche Klärung der Angelegenheit, die Sie einleiten werden, wenn Ihnen innerhalb von 2 Wochen keine Entscheidung des Hauptzollamts in der Sache vorliegen sollte. Bis zur gerichtlichen Klärung möge die Vollstreckung dann ausgesetzt sein.[/b]

Um genau nämlich genau zu prüfen, ob die Vollstreckung hier korrekt erfolgt ist, können das Gericht/bei Bedarf Ihr Anwalt Einsicht in die Vollstreckungsakte nehmen. Dabei kann dann verbindlich geklärt werden, ob 2021 eine tatsächliche Vollstreckung beantragt wurde und ob vor allem der Titel (hier: Erstattungsbescheid o.Ä.) noch gültig ist.

[b]Zuständiges Gericht wird hier im Regelfall das Sozialgericht Ihres Wohnortes sein.[/b]

Mit freundlichen Grüßen aus Dortmund

Raphael Fork
-Rechtsanwalt-

Ergänzung vom Anwalt 25. Februar 2025 | 14:34
Mit Blick auf Ihre hier abgegebene "Bewertung" möchte ich Ihnen noch einmal anraten, sich meinen Text auch genauestens durchzulesen, um "sich selbst auf Ballhöhe zu bringen".

Ich bin nicht Ihr Repetitor. Ihre Erkenntnis bezüglich der Titelfunktion von Bescheiden im öffentlichen Recht (wozu auch das Sozialrecht gehört) mag für Sie in der Tat neu gewesen sein, für mich ganz sicher nicht.

Dies klingt auch im obigenText an ( "Interessant dagegen ist die Aussage, "es gäbe keinen Titel" sowie "der Titel (hier: Erstattungsbescheid o.Ä.) "

Missverständnisse gibt es öfter. Und Ihres besteht hier in der Auslassung der Information, dass es bereits in 2018 einen nunmehr bestandskräftigen Bescheid gegen Sie über die nun zu vollstreckende Forderung gegeben hat in Verbindung mit der steilen These "es gäbe keinen Titel".

Vielleicht schauen Sie sich einfach einmal die anderen für mich abgegebenen Bewertungen im Sozialrecht an und sammeln sich noch einmal.
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