vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:
Aufhebungsverträge werden von der Agentur für Arbeit wie eine eigene Kündigung gewertet, sodass meist empfindliche Sperrfristen für den Bezug von ALG I drohen.
Ihre Überlegungen zu der 58-er Regelung klingen recht vernünftig.
Die Verwaltungspraxis der Agentur ist mir hierzu jedoch nicht bekannt.
Ich zweifle daran, dass die Agentur für Arbeit Ihrer Argumentation folgen würde, weil es bei der 58 - er Regelung um den Bezug von AlG II geht. Demnach können nämlich erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die das 58. Lebensjahr beendet haben, Leistungen nach dem SGB II ( Arbeitslosengeld II, Kosten der Unterkunft etc. ) erhalten, ohne arbeitsbereit zu sein, wenn sie sich im Gegenzug verpflichten, zum frühest möglichen Zeitpunkt eine ungeminderte Altersrente zu beantragen.
Sie würden jedoch zunächst ALG I beziehen, wenn ich Sie richtig verstanden habe.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass das Bundessozialgericht im Falle eines Aufhebungsvertrages gegen Abfindung beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen den Ausspruch einer Sperrzeit für unzulässig befunden hat.
In genannter Entscheidung hätte der Arbeitgeber, wenn kein Aufhebungsvertrag vereinbart worden wäre, eine gerechtfertigte betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen.
Ausserdem müsste beim Abschluß eines Aufhebungsvertrages die ordentliche Kündigungsfrist Beachtung finden ( BSG, Urteil v. 12.07.2006, B 11 a AL 47/05 R ).
Ich weise darauf hin, dass Sie zu der Gestaltung eines Aufhebungsvertrages unbedingt anwaltschaftliche Hilfe in Anspruch nehmen sollten. Ob ein beauftragter Rechtsanwalt eine Garantie für die Nichtverhängung einer Sperrzeit abgeben wird, wage ich jedoch zu bezweifeln, da die Agentur für Arbeit die gesetzlichen Regelungen zu den Sperrzeiten recht streng praktiziert.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Bedarf nutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt
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Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Kohberger,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Wenn ich Ihre Ausführungen richtig interpretiere, sehen Sie wenig Möglichkeiten für einen Ausstieg ohne Sperrzeit.
Für eine Überlegung hätte ich gerne noch Ihre Meinung eingeholt, ich hatte das in meiner Frage vergessen.
Ich habe mal gelesen, daß es eine Art Unzumutbarkeitsklausel für die Arbeitsaufnahme gibt, wenn täglich mehr als insgesamt drei Stunden Wegezeit zusammenkommen. Das ist bei mir in etwa der Fall.
Ich habe das zwar in 2004 in Kauf genommen, zwischenzeitlich schaffe ich das aber kaum mehr.
Wäre es vielleicht eine Überlegung wert, im Vorfeld zum Arbeitsamt gehen und denen das ganz einfach so zu schildern.
Da ich in letzter Zeit auch an gesundheitliche Problemen leide, welche u. U. aus der sehr starken beruflichen Belastung resultieren, habe ich vor, deshalb zum Arzt zu gehen.
Sollte der Arzt dieses bestätigen, könnte das u. U. hilfreich sein?
Für Ihre Mühe vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen.
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworte:
Unbedingt sollten Sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
In § 10 Abs. 2 SGB II wird grundsätzlich jede Arbeit für zumutbar gehalten. Die Ausnahmen sind nicht zahlreich und in § 10 Abs. 1 Nr. 1 - 5 SGB II normiert:
" Dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass
1. er zu der bestimmten Arbeit körperlich oder seelisch nicht in der Lage ist.
2. die Ausübung der Arbeit ihm die künftige Ausübung seiner bisherigen überwiegenden Arbeit wesentlich erschweren würde, weil die bisherige Tätigkeit besondere körperliche Anforderungen stellt,
3. die Ausübung der Arbeit die Erziehung eines Kindes oder des Kindes seines Partners gefährden würde, die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des Achten Buches oder auf sonstige Weise sichergestellt is;...
4. die Ausübung der Arbeit mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann,
5. der Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund entgegensteht."
Die von Ihnen dargestellten Umstände wie der gegenwärtige schlechte Gesundheitszustand und die lange Fahrstrecke(n) scheinen nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 und 5 SGB II tatsächlich unzumutbar zu sein.
Allerdings ist oben zitierte Vorschrift im Zusammenhang mit der Bereitschaft des Arbeitslosen zur Arbeitsaufnahme zu sehen und weniger im direkten Zusammenhang mit einer Sperrzeit. Diesbezüglich gelten insbesondere meine ursprünglichen Ausführungen.
Alles in allem sollten Sie wohl bei der Arbeitsagentur unter Vorlage eines Attestes einmal vorfühlen, wie dort vom zuständigen Sachbearbeiter die Situation für den Fall eines Aufhebungsvertrages beurteilt wird. Ich hoffe, Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben und weise darauf hin, dass eine mündliche Aussage des Sachbearbeiters im verwaltungsrechtlichen Sinne keine rechtsverbindliche Zusage darstellt.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt