Geh- und Fahrtrecht für den Nachbarn - Rechte des Eigentümers

| 17. April 2009 01:58 |
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Nachbarschaftsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Matthias Juhre

Zusammenfassung

Welche Rechte und Pflichten treffen den Eigentümer eines Grundstücks, das mit einer Grunddienstbarkeit bezüglich eines Geh- und Fahrtrecht für den hinterliegenden Nachbarn belastet ist, insbesondere in Bezug auf Verkehrssicherungspflichten und Nutzung der Straße.

Als Eigentümer behalten Sie grundsätzlich alle Rechte an Ihrem Grundstück, außer der Duldung des Betretens und Befahrens durch den Nachbarn. Ihre Kinder dürfen auf dem Grundstück spielen und Sie können entscheiden, wer sich dort aufhält. Eine Beleuchtung für den Weg müssen Sie weder selbst anbringen noch dulden. Bezüglich der Verkehrssicherungspflichten ist der Inhalt des Grundbucheintrags entscheidend. Wenn keine ausdrückliche Regelung getroffen wurde, muss der Nachbar den Weg räumen und streuen. Eine gemeinsame Unterhaltspflicht kann nicht verlangen, dass Sie außerhalb üblicher Zeiten den Weg räumen. Der Nachbar hat auch kein Recht, einen speziellen Platz für den geräumten Schnee auf Ihrem Grundstück zu verlangen.

Wir sind Eigentümer eines Grundstücks von dem ein 3m breiter Streifen mit einer Grunddienstbarkeit, dem Geh- und Fahrtrecht für den hinterliegenden Nachbarn, belastet ist.
Wir sind zur Mitbenützung dieser Straße berechtigt (wobei ich es schon haarsträubend finde, dass so etwas noch extra vereinbart werden muss, schließlich sind wir die Eigentümer.)
In unserem Kaufvertrag ist nur das Geh- und Fahrtrecht für den Nachbarn als solches vermerkt. Im Kaufvertrag des Nachbarn steht zudem, dass die Verkehrssicherungspflicht, insbesondere
die Räum- und Streupflicht von ihm und uns zu gleichen Teilen zu tragen ist. Er müsste dann ja daran gebunden sein. Die Frage ist, sind wir das auch, wenn es in unserem Kaufvertrag
nicht steht? Oder könnten wir eine bezüglich der Nutzung anteilige Aufteilung verlangen?

Das Problem ist: Unser Nachbar muss morgens immer früh raus, unser Arbeitstag beginnt dagegen um einiges später. Dafür müssen wir des Öfteren spät abends noch raus.
Wir hätten es am liebsten, dass jeder die Straße dann räumt, wenn er es benötigt. (Unserer Ansicht nach, ist das eine faire Lösung.) Ist es möglich, dies durchzusetzen?
Oder kann der Nachbar von uns verlangen, dass wir uns seinen Bedürfnissen unterordnen und an der Hälfte der Wintertage auch schon in der Früh räumen obwohl wir es nicht benötigen?
Ist so etwas zumutbar?
Er hat außerdem schon des Öfteren durchblicken lassen, dass es seiner Auffassung nach unsere Aufgabe sei, einen Platz zur Verfügung zu stellen, an dem der Schnee abgelagert werden kann.
Das kann er doch aber nicht verlangen, das ist vollkommen haltlos, oder?

Nach allem was wir bisher über das Geh- und Fahrtrecht gelesen haben, sind wir zunehmend zu dem Eindruck gelangt, dass man als Eigentümer eines von einer solchen Grunddienstbarkeit
belasteten Grundstücksteils kaum noch Rechte an diesem Grundstücksteil hat.
Können unsere Kinder zum Beispiel auf der Straße spielen, wenn sie weggehen, sobald der Nachbar die Straße zum Überfahren nutzen möchte?
Dürfen auch die Kinder des Nachbarn auf der Straße spielen, obwohl es unser Grund ist und er nur das Geh- und Fahrtrecht hat?
Könnte er von uns eine Beleuchtung der Straße verlangen, die so hell ist, dass sie uns persönlich im Hausinneren stört?
Oder ganz allgemein, welche Rechte haben wir als Eigentümer an der Straße, die der Nachbar nicht hat?

Sehr geehrter Fragesteller,

Grundsätzlich gewährt eine Grunddienstbarkeit dem Berechtigten (Ihrem Nachbarn) einen Ausschnitt aus den Eigentümerbefugnissen. Dies beschränkt sich hier auf die Duldung des Betretens und Befahrens, um zum anderen Grundstück zu gelangen, sowie zu gewissen Verkehrssicherungspflichten. Die restlichen Eigentümerbefugnisse bleiben Ihnen erhalten, d. h. Sie können mit Ihrem Grundstück nach Belieben verfahren (§ 903 BGB ).

Es dürfen also Ihre Kinder überall auf Ihrem Grundstück spielen. Sie können auch entscheiden, wer sich auf Ihrem Grundstück aufhält. Wenn die Kinder des Nachbarn nicht auf Ihrem Grundstück spielen sollen, dann dürfen Sie ihnen dies untersagen.

Eine Beleuchtung für den Weg brauchen Sie weder selbst anbringen noch eine Beleuchtungsanlage des Nachbarn zu dulden. Dies müsste gesondert und ausdrücklich vereinbart werden. Grundsätzlich gilt: »Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen« (§ 1020 Satz 1 BGB ), was eine störende Anlage von vornherein ausschließt.

Was die Verkehrssicherungspflichten angeht: Bindend ist im Verhältnis zu Ihrem Nachbarn nicht der Inhalt der Kaufverträge, sondern der Grundbucheintrag. Wenn nichts geregelt ist (was anhand des Grundbuchs geprüft werden müsste), dann gilt: »Hält [der Berechtigte] zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, soweit das Interesse des Eigentümers es erfordert« (§ 1020 Satz 2 BGB ). Eine »Anlage« ist schon ein befestigter Weg. Diesen müsste Ihr Nachbar räumen und streuen, wenn, wie gesagt, eine ausdrückliche Regelung nicht getroffen ist.

Falls eine gemeinsame Unterhaltspflicht an abwechselnden Tagen getroffen ist, dann gilt auch insoweit der erwähnte Grundsatz der schonenden Ausübung. Ihr Nachbar dürfte danach kaum verlangen, dass Sie extra früh aufstehen, um dem Nachbarn den Weg zu räumen oder zu streuen. Übliche Zeiten für den Winterdienst beginnen werktags um 7.00 Uhr und feiertags um 8.00 Uhr. Wer früher aufbricht, muss im Zweifel selbst räumen.

Einen besonderen Platz für den geräumten Schnee kann Ihr Nachbar nicht verlangen. Das würde im Ergebnis bedeuten, dass über die Grunddienstbarkeit hinaus ein Teil Ihres Grundstücks zur Verfügung gestellt werden müsste. Dafür fehlt die Rechtsgrundlage.

Rechte, die Ihr Nachbar nicht hat, sind beispielsweise: Sie dürfen Ihr Grundstück veräußern oder dinglich belasten, sonstige nichtberechtigte Dritte von der Nutzung ausschließen, Ihr Grundstück inkl. den mit der Dienstbarkeit belasteten Teil so gestalten wie es Ihnen beliebt (soweit es nicht das Nutzungsrecht beeinträchtigt).


Mit freundlichen Grüßen

M. Juhre
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 17. April 2009 | 12:11

Sehr geehrter Herr Juhre,

vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Ich hätte noch ein paar Nachfragen um alles genau nachvollziehen zu können:
Im Grundbuch ist in der Abteilung Lasten und Beschränkungen folgendes vermerkt: "Geh- und Fahrtrecht für den jeweiligen Eigentümer von Gründstück ...; das Recht ist auf dem herrschenden Grundstück vermerkt; gemäß Bewilligung vom ...; Gleichrang mit Abt. II/2; eingetragen am ... und hierher übertragen am ..."

Zur Räumpflicht steht im Grundbuch allerdings nichts. (Nur in seinem Kaufvertrag, von dem wir beim Kauf unseres Grundstücks eine Kopie erhalten haben, steht die schuldrechtliche Vereinbarung, dass die Räumpflicht geteilt wird.) Bedeutet das dann, dass der Nachbar die Räum- und Streupflicht allein übernehmen muss auch wenn wir die Straße ebenfalls nutzen? (Wir haben allerdings nicht vor ihn das alleine machen zu lassen, aber für uns ist es einfach wichtig wie es da rechtlich für uns aussieht.)
Falls er es nicht alleine machen muss: Für uns persönlich wäre 7 Uhr morgens auch noch sehr früh, auch wenn es die übliche Zeit ist. Könnte er, da es ja die übliche Zeit ist, dann verlangen, dass wir auch zu dieser Zeit räumen?

Zur Beleuchtung steht auch nichts im Grundbuch. Allerdings ist in seinem Kaufvertrag vermerkt, dass wir ihm eine angemessene Beleuchtung gestatten. (Wir selbst haben etwas derartiges nicht unterschrieben.)
Ist auch in diesem Fall das Grundbuch entscheidend oder sein Kaufvertrag?
Falls er auf der Beleuchtung bestehen kann: Eine angemessene Beleuchtung ist es aber nicht, wenn sie uns subjektiv stört, oder? D.h. wir könnten dann auf eine sehr geringe Beleuchtung bestehen, oder?

Vielen Dank für Ihre gute und freundliche Beratung.

Ihr Fragesteller

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 17. April 2009 | 14:07

Zu Ihrer Nachfrage:

Ich gehe davon aus, dass nicht Sie dem Nachbarn das Grundstück verkauft haben. Daher bindet Sie der Inhalt des Kaufvertrags Ihres Nachbarn nicht.

Für die Unterhaltspflicht gilt die erwähnte gesetzliche Regelung. Grundsätzlich müsste also der Nachbar den Weg unterhalten. Eine Regelung zu den Uhrzeiten für den Winterdienst gibt es aber nicht. Wenn Sie eine spezielle Regelung treffen möchten, dann sollten Sie mit dem Nachbarn eine Vereinbarung treffen. Am besten setzen Sie eine schriftliche Vereinbarung auf, die das Wesentliche regelt. Wie die Regelung am Ende aussieht, hängt von Ihrem Verhandlungsgeschick ab.

Auch für die Beleuchtung gilt, wie gesagt, nicht der Inhalt des Kaufvertrags Ihres Nachbarn. Eine Regelung dort bindet Sie nicht (es handelt sich insoweit um einen unwirksamen Vertrag zu Lasten eines Dritten). Auch über die Beleuchtung verständigen Sie sich am besten mit dem Nachbarn einvernehmlich. Einzelheiten zu diesen Fragen sind in keinem Gesetz festgeschrieben und sollten auch nicht der Willkür eines Gerichts überlassen werden. Wirken Sie auch insoweit auf eine Zusatzvereinbarung mit dem Nachbarn zur konkreten Ausgestaltung der Dienstbarkeit hin. Die Details können Sie aushandeln.


Mit freundlichen Grüßen

M. Juhre
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 19. April 2009 | 21:30

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