Sehr geehrter Fragesteller,
Grundsätzlich gewährt eine Grunddienstbarkeit dem Berechtigten (Ihrem Nachbarn) einen Ausschnitt aus den Eigentümerbefugnissen. Dies beschränkt sich hier auf die Duldung des Betretens und Befahrens, um zum anderen Grundstück zu gelangen, sowie zu gewissen Verkehrssicherungspflichten. Die restlichen Eigentümerbefugnisse bleiben Ihnen erhalten, d. h. Sie können mit Ihrem Grundstück nach Belieben verfahren (§ 903 BGB
).
Es dürfen also Ihre Kinder überall auf Ihrem Grundstück spielen. Sie können auch entscheiden, wer sich auf Ihrem Grundstück aufhält. Wenn die Kinder des Nachbarn nicht auf Ihrem Grundstück spielen sollen, dann dürfen Sie ihnen dies untersagen.
Eine Beleuchtung für den Weg brauchen Sie weder selbst anbringen noch eine Beleuchtungsanlage des Nachbarn zu dulden. Dies müsste gesondert und ausdrücklich vereinbart werden. Grundsätzlich gilt: »Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen« (§ 1020 Satz 1 BGB
), was eine störende Anlage von vornherein ausschließt.
Was die Verkehrssicherungspflichten angeht: Bindend ist im Verhältnis zu Ihrem Nachbarn nicht der Inhalt der Kaufverträge, sondern der Grundbucheintrag. Wenn nichts geregelt ist (was anhand des Grundbuchs geprüft werden müsste), dann gilt: »Hält [der Berechtigte] zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, soweit das Interesse des Eigentümers es erfordert« (§ 1020 Satz 2 BGB
). Eine »Anlage« ist schon ein befestigter Weg. Diesen müsste Ihr Nachbar räumen und streuen, wenn, wie gesagt, eine ausdrückliche Regelung nicht getroffen ist.
Falls eine gemeinsame Unterhaltspflicht an abwechselnden Tagen getroffen ist, dann gilt auch insoweit der erwähnte Grundsatz der schonenden Ausübung. Ihr Nachbar dürfte danach kaum verlangen, dass Sie extra früh aufstehen, um dem Nachbarn den Weg zu räumen oder zu streuen. Übliche Zeiten für den Winterdienst beginnen werktags um 7.00 Uhr und feiertags um 8.00 Uhr. Wer früher aufbricht, muss im Zweifel selbst räumen.
Einen besonderen Platz für den geräumten Schnee kann Ihr Nachbar nicht verlangen. Das würde im Ergebnis bedeuten, dass über die Grunddienstbarkeit hinaus ein Teil Ihres Grundstücks zur Verfügung gestellt werden müsste. Dafür fehlt die Rechtsgrundlage.
Rechte, die Ihr Nachbar nicht hat, sind beispielsweise: Sie dürfen Ihr Grundstück veräußern oder dinglich belasten, sonstige nichtberechtigte Dritte von der Nutzung ausschließen, Ihr Grundstück inkl. den mit der Dienstbarkeit belasteten Teil so gestalten wie es Ihnen beliebt (soweit es nicht das Nutzungsrecht beeinträchtigt).
Mit freundlichen Grüßen
M. Juhre
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Juhre,
vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Ich hätte noch ein paar Nachfragen um alles genau nachvollziehen zu können:
Im Grundbuch ist in der Abteilung Lasten und Beschränkungen folgendes vermerkt: "Geh- und Fahrtrecht für den jeweiligen Eigentümer von Gründstück ...; das Recht ist auf dem herrschenden Grundstück vermerkt; gemäß Bewilligung vom ...; Gleichrang mit Abt. II/2; eingetragen am ... und hierher übertragen am ..."
Zur Räumpflicht steht im Grundbuch allerdings nichts. (Nur in seinem Kaufvertrag, von dem wir beim Kauf unseres Grundstücks eine Kopie erhalten haben, steht die schuldrechtliche Vereinbarung, dass die Räumpflicht geteilt wird.) Bedeutet das dann, dass der Nachbar die Räum- und Streupflicht allein übernehmen muss auch wenn wir die Straße ebenfalls nutzen? (Wir haben allerdings nicht vor ihn das alleine machen zu lassen, aber für uns ist es einfach wichtig wie es da rechtlich für uns aussieht.)
Falls er es nicht alleine machen muss: Für uns persönlich wäre 7 Uhr morgens auch noch sehr früh, auch wenn es die übliche Zeit ist. Könnte er, da es ja die übliche Zeit ist, dann verlangen, dass wir auch zu dieser Zeit räumen?
Zur Beleuchtung steht auch nichts im Grundbuch. Allerdings ist in seinem Kaufvertrag vermerkt, dass wir ihm eine angemessene Beleuchtung gestatten. (Wir selbst haben etwas derartiges nicht unterschrieben.)
Ist auch in diesem Fall das Grundbuch entscheidend oder sein Kaufvertrag?
Falls er auf der Beleuchtung bestehen kann: Eine angemessene Beleuchtung ist es aber nicht, wenn sie uns subjektiv stört, oder? D.h. wir könnten dann auf eine sehr geringe Beleuchtung bestehen, oder?
Vielen Dank für Ihre gute und freundliche Beratung.
Ihr Fragesteller
Zu Ihrer Nachfrage:
Ich gehe davon aus, dass nicht Sie dem Nachbarn das Grundstück verkauft haben. Daher bindet Sie der Inhalt des Kaufvertrags Ihres Nachbarn nicht.
Für die Unterhaltspflicht gilt die erwähnte gesetzliche Regelung. Grundsätzlich müsste also der Nachbar den Weg unterhalten. Eine Regelung zu den Uhrzeiten für den Winterdienst gibt es aber nicht. Wenn Sie eine spezielle Regelung treffen möchten, dann sollten Sie mit dem Nachbarn eine Vereinbarung treffen. Am besten setzen Sie eine schriftliche Vereinbarung auf, die das Wesentliche regelt. Wie die Regelung am Ende aussieht, hängt von Ihrem Verhandlungsgeschick ab.
Auch für die Beleuchtung gilt, wie gesagt, nicht der Inhalt des Kaufvertrags Ihres Nachbarn. Eine Regelung dort bindet Sie nicht (es handelt sich insoweit um einen unwirksamen Vertrag zu Lasten eines Dritten). Auch über die Beleuchtung verständigen Sie sich am besten mit dem Nachbarn einvernehmlich. Einzelheiten zu diesen Fragen sind in keinem Gesetz festgeschrieben und sollten auch nicht der Willkür eines Gerichts überlassen werden. Wirken Sie auch insoweit auf eine Zusatzvereinbarung mit dem Nachbarn zur konkreten Ausgestaltung der Dienstbarkeit hin. Die Details können Sie aushandeln.
Mit freundlichen Grüßen
M. Juhre
Rechtsanwalt