Rechtsverbindliche Auskunft der Einzugsstellen

| 7. Februar 2009 13:03 |
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Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von


18:47

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich muss für mehrere Aussendienstmitarbeiter ohne feste Arbeitsstätte die Rechtskreiszuordung treffen. Arbeitgeber ist ein neu gegründetes Unternehmen mit Sitz im Westen. Alle nur denkbaren Fallgestaltungen ergeben sich, z.b.; Mitarbeiter wohnt im Osten besucht Kunden im Osten und auch einige wenige im Westen und umgekehrt usw.
Vor einigen Jahren hatte ich einen ähnlichen Fall. Damals waren sehr viele Mitarbeiter bei der BEK versichert. Ich wandte mich an die BEK mit der Bitte um eine rechtsverbindliche Auskunft, die mir auch im Falle einer Betriebsprüfung Sicherheit vor einer NZ gewährt. Die BEK schrieb mir (mit 3 Seiten Anlagen der Gesetzestexte), dass alle Mitarbeiter nach den BBG des Ostens abzurechnen wären, da der damalige Arbeitgeber im Osten ansässig war. Ich habe mich auf diese Auskunft verlassen und demententsprechend bei allen Mitarbeitern (80!) die BBG Ost angewandt. Rechtsgrundlage der Entscheidung war damals § 9 (5) SGB IV. 2 1/2 Jahre später schrieb mir die BEK entgegen des damaligen Schreibens sei § 9 (2) SGB IV anzuwenden. Ich rief die Barmer an und berief mich auf ihre erstes Schreiben, dass mir Sicherheit für die alle 4 Jahre stattfindende Rentenversicherungsprüfung gewähren sollte. Daraufhin teilte mir der Herr von der Barmer mit, dass ich keinerlei Sicherheit hätte, da nur Schreiben mit dem Namen des jeweiligen Versicherten verbindlich wären. Das hatte ich nicht, da ich mir die KK ausgesucht hatte, bei der die meisten Angestellten versichert waren.
Im Steuerrecht gibt es im § 89 AO die Möglichkeit einer verbindlichen Auskunft. Gibt es so etwas im Sozialversicherungsrecht? Ich möchte jetzt, bei dem neuen Unternehmen, von Anfang an die Arbeitsverträge und die Einsatzortbeschreibung jedes Mitarbeiters an die zuständige Krankenkasse senden, mit der Bitte um eine rechtsverbindliche Auskunft. Kann ich das? Gibt mir das Schutz vor Nachzahlungen bei der Rentenversicherungsprüfung? Die Krankenkassen ignorieren solche Anliegen häufig. Wie kann ich Druck ausüben? Was tue ich, wenn die XY KK einen gleichen Sachverhalt völlig anders beurteilt, als die XZ KK? Ich bin bis zur Betriebsprüfung bei dem Unternehmen damals im Osten durch die Hölle gegangen. Nachzahlungen weit im 6stelligen Bereich wären eventuell entstanden. Das Thema wurde jedoch überhaupt nicht aufgegriffen, ich hatte einfach Glück.
Das will ich nie wieder erleben und möchte daher von Anfang an richtig handeln. Bitte raten Sie mir.

7. Februar 2009 | 13:45

Antwort

von


(18)
Technologiepark 32
33100 Paderborn
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Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

hiermit nehme ich zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen unter Berücksichtigung des dargestellten Sachverhaltes und des von Ihnen gesetzten Betrages in Höhe von 60 Euro wie folgt Stellung:

Ihre Befürchtung kann ich sehr gut nachvollziehen.

1.
Im Sozialversicherungsrecht gibt es tatsächlich ein zu § 89 AO vergleichbares Instrument, nämlich die sog. Zusicherung nach § 34 SGB X .

In dem von Ihnen beschriebenen Sachverhalt dürfte es sich allerdings um eine sog. Inhalts-Auskunft nach § 15 SGB I gehandelt haben. Bei der Auskunft handelt es sich nur um eine unverbindliche Wissenserklärung, die sich in der Mitteilung des Wissens erschöpft. Die Zusicherung nach § 34 SGB X ist hingegen ein verbindlicher Verwaltungsakt.

2.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass derjenige, der um Auskungt gebeten hat und sich danach herausstellt, dass die Auskunft falsch war, schutzlos ist. Ersucht nämlich der Bürger um eine konrete Auskunft, so kommt bei einer fehlerhaften Auskunft ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch in Betracht. Der Anspruch zielt darauf, so gestellt zu werden, wie es bei fehlerfreier Beratung der Fall gewesen wäre. Es gibt nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Amtspflicht zur Erteilung richtiger Auskünfte. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches lauten im Einzelnen:

a.
Vorliegen einer Regelungslücke (d.h. kein Druchgreifen einer gesetzlich geregelten Anspruchsgrundlage)

b.
Pflichtverletzung des Leistungsträgers (hier: falsche Auskunft)

c.
Eintritt eines rechtlichen Nachteils oder Schadens

d.
Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Nachteil.

3.
Daneben kommt im Übrigen kommt auch ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB , Art. 34 GG in Betracht. Die Durchsetzbarkeit dieses Anspruches ist jedoch in der Praxis schwieriger, weil hier nämlich zum einen ein Verschulden des Handelnden vorliegen muss. Außerdem gelten hier die Grundsätze des Zivilrechts. Das hat zur Folge, dass Sie alles beweisen müssten. Im Sozialrecht gilt der Amtsermittlungsgrundsatz; das bedeutet, dass die Behörde und das Gericht den Sachverhalt von sich aus ermitteln müssen.

4.
Insofern rate ich Ihnen zu folgendem: Weisen Sie die Mitarbeiter der Krankenversicherungen auf Ihre Amtspflicht hin, richtige Auskünfte zu erteilen und dass andernfalls Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können.

5.
Im Übrigen dürfte die Auskunft der Barmenia nicht richtig sein, wonach Sie keinerlei Sicherheit hätten, da nur Schreiben mit dem Namen des jeweiligen Versicherten verbindlich wären. Denn nach § 28a SGB IV hat der Arbeitgeber umfangreiche Meldepflichten gegenüber der Einzugsstelle. Insofern haben Sie als Organ Ihres Arbeitgebers um Auskunft gebeten, damit Ihr Arbeitgeber seiner Meldepflicht nach § 28 a SGB IV nachkommen kann.

Wir werden bundesweit für Sie tätig, falls Sie unsere anwaltlichen Dienstleistungen in Anspruch nehmen möchten. Aufgrund der modernen Kommunikationsmittel ist ein persönliches Treffen in unserer Kanzlei grundsätzlich nicht notwendig. Nehmen Sie bei Interesse Kontakt mit uns auf.

Bitte beachten Sie, daß es sich hier um eine erste rechtliche Orientierung handelt. Bei veränderten Tatsachen kann sich die rechtliche Bewertung erheblich verändern. Die konkrete Prüfung ist ohnehin nur bei Kenntnis sämtlicher relevanter Unterlagen möglich, die naturgemäß nicht im Rahmen einer Erstberatung erfolgen kann.


Rechtsanwalt Nikolaos Penteridis
Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Fachanwalt für Medizinrecht

Rückfrage vom Fragesteller 7. Februar 2009 | 17:51


Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort, Herr Penteridis. Könnten Sie mir bitte noch etwas dazu sagen, wie ich die Krankenkasse dazu bringe, auf meine Anfragen zu reagieren (großes Problem, wie ich feststellte!)

Und was mache ich, wenn unterschiedliche Krankenkasse völlig gleiche Sachverhalte unterschiedlich beurteilen, das ist nämlich leider der Fall.
Beispiel: Außendienstler, wohnhaft im Osten, besucht 90 % seiner Kunden im Osten und zu 10 % im Westen. Krankenkasse A schreibt: Rechtskreis WEST, da Sitz des Arbeitgebers maßgebend. Krankenkasse B (bei einem anderen Arbeitnehmer mit genau dem gleichen Einsatzgebiet und fast gleicher Aufteilung OST und WEST) teilt mit, dass die Beitragsbemessungsgrenzen des Ostens gelten.

Noch ein Hinweis: Es handelte sich nicht um die Barmenia, die eine private Versicherung ist, sondern um die Barmer Ersatzkasse (BEK).

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 7. Februar 2009 | 18:47

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

vielen Dank für die Nachfrage, die ich wie folgt beantworte:

Leider kann ich Ihnen nicht mehr mitteilen, als die entsprechenden Einzugsstellen (mithin die zuständigen Krankenkassen) auf die Auskunftspflicht hinzuweisen. Denn sollte im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV der zuständie Rentenversicherungsträger per Bescheid feststellen, dass die Einzugsstelle die falsche BBG angenommen hat und es somit zu Nachzahlungen für Sie kommen sollte, dann dürfte die Einzugsstelle zum Ausgleich des Schadens verpflichtet sein (siehe dazu meine Ausführungen oben).

Das Gesetz sieht vor, dass bei Betriebsprüfungen allein der Rentenversicherungsträger die entsprechenden Bescheide erstellt; die Einzugsstelle muss lediglich an dem Verfahren teilnehmen. Entscheidungsbefugnis hat sie nicht (vgl. § 28p SGB IV ).

Insofern könnte es auch ratsam sein, die Einzugsstellen und die Rentenversicherungsträger auf diese Meinungsverschiedenheiten hinzuweisen und eine Abstimmung der Beteiligten anzuregen, um so mögliche Nachzahlung verhindern zu können.

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Mit freundlichen Grüßen
Nikolaos Penteridis
Rechtsanwalt
Lehrbeauftragter an der Universität Bielefeld

Melzer + Penteridis Anwälte
Kanzlei für Medizinrecht
Am Vorderflöß 58
33175 Bad Lippspringe

Telefon: 05252 / 839 84 88

Internet: www.kanzlei-fuer-medizinrecht.eu

Bewertung des Fragestellers 9. Februar 2009 | 09:36

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Prompt und konkret. Wenn ich versucht hätte, hier in meiner Umgebung einen Anwalt zu finden, der mir das so beantwortet hätte und für dieses Honorar, das wäre schlichtweg unmöglich gewesen. Vermutlich hätte ich für völlig banale Auskünfte ein mehrfaches bezahlt. Vielen Dank!

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 9. Februar 2009
5/5,0

Prompt und konkret. Wenn ich versucht hätte, hier in meiner Umgebung einen Anwalt zu finden, der mir das so beantwortet hätte und für dieses Honorar, das wäre schlichtweg unmöglich gewesen. Vermutlich hätte ich für völlig banale Auskünfte ein mehrfaches bezahlt. Vielen Dank!


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