Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
ich würde Ihnen nach Ihrer Sachverhaltsschilderung in jedem Fall sehr empfehlen, einen Rechtsanwalt mit Ihrer Verteidigung zu beauftragen. Sie sollten dazu einen Kollegen vor Ort beauftragen, damit dieser nach Möglichkeit mit dem zuständigen Sachbearbeiter bei der Staatsanwaltschaft persönlich Kontakt aufnehmen kann.
Ziel der Verteidigung sollte nach Ihrer Schilderung in jedem Fall eine Einstellung des Strafverfahrens ohne Urteil sein. Eine vernünftige Verteidigungsstrategie kann aber erst nach Einsicht in die Ermittlungsakte erfolgen. Es muss insbesondere geklärt werden, ob die Vorwürfe des MEHRFACHEN (versuchten) Diebstahls aufrecht erhalten werden können oder nicht.
Akteneinsicht erhalten Sie grundsätzlich nur über einen Rechtsanwalt. Im Übrigen ist nur dieser in der Lage, den gesamten Sachverhalt auf eine mögliche Strafbarkeit hin zu überprüfen. Sie werden mit Sicherheit einen Kollegen finden, der mit Ihnen eine Ratenzahlung vereinbaren wird.
Nach Ihrer Schilderung haben Sie natürlich keinen Diebstahl begangen, weil Sie nicht „absichtlich“ gehandelt haben. Im Übrigen müsste (auch anhand der Ermittlungsakte) geklärt werden, ob (selbst wenn man Ihnen eine Absicht unterstellt) überhaupt ein bereits vollendeter Diebstahl vorliegt oder nur ein Versuch. Ein versuchter Diebstahl würde entsprechend milder bestraft. Ob ein versuchter oder bereits vollendeter Diebstahl vorliegt, bestimmt sich nach Ihrer Schilderung wahrscheinlich (auch hier müsste aber die Ermittlungsakte eingesehen werden) danach, ob der Kinderwagen schon den Kassenbereich vollständig passiert hatte oder nicht. Hier entscheiden alle Umstände des konkreten Einzelfalls.
Sie merken schon anhand meiner Ausführungen: Eine vernünftige Verteidigung (zum Beispiel in Form einer „Gegendarstellung“) ist ohne Kenntnis der GENAUEN Vorwürfe (genaue Zeugenaussagen, Videomitschnitte, etc.) gar nicht möglich.
Sollten Sie den Anwalt aus Kostengründen nicht mit Ihrer Verteidigung beauftragen wollen, so sollten Sie zumindest von diesem Akteneinsicht beantragen lassen und anschließend den Akteninhalt mit diesem besprechen. Natürlich können Sie dann auch eine vollständige Kopie der Akte erhalten. Auf diese Weise können Sie die Kosten minimieren und erfahren zumindest die genauen Vorwürfe, um sich anschließend auf dieser Grundlage selber verteidigen zu können.
Zwischenfazit: Ohne Kenntnis der GENAUEN Vorwürfe und Beweismittel (Zeugen, Videomitschnitte) ist eine sachgerechte Verteidigung nicht möglich.
Zu der zu erwartenden Strafe:
Wenn das Strafverfahren nicht eingestellt wird (hier sehe ich aber Chancen, insbesondere, wenn Sie einen Anwalt beauftragen), werden Sie zu einer Geldstrafe verurteilt werden (wahrscheinlich mittels Strafbefehl; Einzelheiten dazu auf der Internetseite eines Kollegen von mir: www.der-strafbefehl.de). Sollten die übrigen Vorwürfe (Diebstähle in der Vergangenheit) nicht aufrechterhalten werden können, müssen Sie mit einer Geldstrafe im unteren Bereich rechnen, soweit Sie noch nicht vorbestraft sind. Eine Geldstrafe „im unteren Bereich“ bedeutet zwischen 20 und 40 Tagessätzen (eher 20 bis 30 TS). Ein TS entspricht ihrem monatlichen Nettoeinkommen (inkl. „Hartz IV“) geteilt durch 30. Beträgt ein Tagessatz zum Beispiel 30 € und erhalten Sie 30 TS, so würde die Geldstrafe insg. 900,- € betragen.
Mit einer Eintragung in Ihr Führungszeugnis müssen Sie NICHT rechnen, weil ein Eintrag hier erst ab 91 TS erfolgen würde. Dies gilt aber nur, soweit Sie noch NICHT vorbestraft sind.
Das Hausverbot sollte jedenfalls dann zurückgenommen werden, wenn eine Einstellung des Strafverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts erfolgt (§ 170 Abs. 2
Strafprozessordnung). Dazu wäre aber eine Einigung mit REWE erforderlich. Grundsätzlich liegt ein Hausverbot „im Ermessen“ von „REWE“, was aber keine willkührliche Entscheidung ermöglicht. Sollte sich REWE weigern, dieses zurückzunehmen, bleibt Ihnen wohl oder übel nichts anderes übrig, als das Hausverbot zu akzeptieren. Sie könnten dagegen natürlich Widerspruch oder Klage erheben, wenn Sie dies möchten. Letztlich kann das Hausverbot gerichtlich überprüft werden. Ob sich dies zeitlich und finanziell „lohnt“ ist aber fraglich.
Sofern Sie während der Gültigkeit des Hausverbotes gegen dieses verstoßen, droht Ihnen eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs.
Ich hoffe Ihnen im Rahmen der Erstberatung in diesem Forum weitergeholfen zu haben. Sie können gerne noch eine kostenlose Nachfrage stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Cziersky-Reis
Rechtsanwalt
Alt-Moabit 62-63
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Tel: 030 / 397 492 57
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vonRechtsanwalt Björn Cziersky-Reis
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Sehr geehrter Herr Björn Cziersky-Reis,
erstmal Danke für Ihre schnelle und ausführliche Antwort.
Ich hätte noch eine Frage zur Akteneinsicht über einen Rechtsanwalt.
Kann ich dann auch die angeblichen Videoüberwachungsmittschnitte anfordern und einsehen?
Mit freundlichen Grüßen
Dr.Who?
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
Ihr Anwalt kann sich auf jeden Fall die Videoüberwachungsmitschnitte ansehen. In der Regel liegt eine entsprechende CD / DVD in der Akte. Natürlich können dann auch Sie sich (zumindest zusammen mit dem Anwalt) die Videos ansehen.
Es kann aber auch sein, dass es gar keine Mitschnitte gibt und die entsprechende Aussage von "Rewe" nur gewissermaßen "heiße Luft" gewesen ist. Aber auch dies erfahren Sie dann durch die Akteneinsicht!
Mit freundlichen Grüßen
Björn Cziersky-Reis
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